Michael van Ahlen liest im Spieker die Meisternovelle
"Die Nase" war was für die Ohren

Michael van Ahlen zog in seiner Gestik und Mimik wieder einmal alle Register, um die Protagonisten zum Leben zu wecken. Foto: Michael Döring
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  • Michael van Ahlen zog in seiner Gestik und Mimik wieder einmal alle Register, um die Protagonisten zum Leben zu wecken. Foto: Michael Döring
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Während nur einen Steinwurf entfernt das Heimatfest tobte, versammelten sich im „Spieker“ Fans der kuriosen Mischung aus Alltag, Surrealem, Groteskem und Absurdem, genial dargebracht wie immer von Michael van Ahlen. Die Rede ist von Gogols satirischer Meisternovelle „Die Nase“, verfasst während seiner Zeit in St. Petersburg zwischen 1835 und 1936, die 100 Jahre später Dmitri Schostakowitsch in seiner ersten Oper vertonte.

Leider fiel diese 1930 prompt nach der Uraufführung der stalinistischen Zensur zum Opfer. Jemand hatte wohl den richtigen Riecher für Gogols gesellschaftskritische Story gehabt, dabei hatte er doch am Ende der Geschichte bewusst offengelassen, ob es sich bei „Die Nase“ um totale Unsinnigkeiten oder lediglich um einen Traum handelt. Meisterhaft hatte er den Hunger nach gesellschaftlichem Status demaskiert, der Russland plagte, nachdem Peter der Große die Rangtabelle eingeführt hatte.
Wie der aus Omsk stammende Jakob Eihof mit virtuosen russischen Kabinettstücken auf seiner dreiseitigen Domra die skurrile Geschichte untermalte, das war schon „große Oper“. Die Fülle ihrer Klangfarben, aus der sich die Balaleika entwickelt hatte, faszinierte das Publikum, sog es mitten in die Geschichte hinein. Michael van Ahlen zog in seiner Gestik und Mimik wieder einmal alle Register, um die Protagonisten zum Leben zu wecken: den Barbier Iwan Jakowlewitsch, der beim Frühstück im frisch gebackenem Brot seiner Ehefrau die Nase seines nach Status gierenden Kunden Kowaljow, seines Zeichens Kollegien-Assessor, findet und diese aus Angst, eines Verbrechens angeklagt zu werden, in die Newa wirft. Köstlich auch wie van Ahlen beschreibt, wie frappiert der nasenlose Kowaljow ist, als er seinem entfleuchten Riechorgan in der Uniform eines Staatsrates begegnet, der er selbst nur zu gern wäre. Ob die Nase, die sich inzwischen in ihrem neuen Leben pudelwohl fühlt, jemals ihren alten Platz zwischen den Wangen ihres statusbewussten Eigners wieder einnehmen wird, hätten sie erfahren, wären Sie am Sonntag im Spieker dabei gewesen. Am Ende der Novelle ließ sich trefflich spekulieren über Sinn und Unsinn sowie clever getarnte Zeit- und Gesellschaftskritik. (E.M.)

Am 6. Oktober um 17 Uhr gibt’s von Michael van Ahlen erlesenen Nonsense auf die Ohren, nämlich Edward Lears (fast) kompletten Nonsense: Limericks vom Feinsten. Einige davon liest Sabine van Ahlen im Original (mit anschließender Übersetzung).

Michael van Ahlen zog in seiner Gestik und Mimik wieder einmal alle Register, um die Protagonisten zum Leben zu wecken. Foto: Michael Döring
Wie der aus Omsk stammende Jakob Eihof mit virtuosen russischen Kabinettstücken auf seiner dreiseitigen Domra die skurrile Geschichte untermalte, das war schon „große Oper“. Foto: Michael Döhring
Autor:

Michael Menzebach aus Haltern

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