Klingelndes Klassenzimmer: Wie gehen Schulen mit Mobiltelefonen der Schüler um?

Nur im bayerischen Schulgesetz ist geregelt, dass Mobilfunktelefone der Schüler im Unterricht ausgeschaltet sein müssen. Sonst entscheiden die Schulen vor Ort. Das „klingende Klassenzimmer“, wie die „Bild“ es formulierte, ist ein Thema. Wir haben vor Ort in Hattingen nachgefragt

Das Klingeln während des Unterrichts ist aber nur ein Bereich. „Das größte Problem sind jene Schüler, die schon in der Mittelstufe internetfähige Smartphones haben“, sagt der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die verleiten zum Schummeln über das Internet.

Jürgen Ernst, Schulleiter der Marie-Curie-Realschule, erklärt: „Mir ist noch kein Fall bekannt, bei dem das elektronische Schummeln bei Arbeiten stattgefunden hat. Bei den Zentralprüfungen in der zehnten Klasse werden die Telefone eingesammelt und wir schauen schon genauer hin, ob das irgendwelche veralteten Zweitgeräte sind oder nicht. Die Schüler müssen die Telefone während des Unterrichts ausgeschaltet haben. Davor und danach können sie sie nutzen. Verstoßen sie gegen die Schulregel, dann darf der Lehrer das Telefon auch einsammeln, muss es aber, um nicht gegen die Eigentumsverhältnisse der Eltern zu verstoßen, am Ende des Unterrichtstages wieder herausgeben. Wird mehrfach gegen die Schulordnung verstoßen, dann informieren wir die Eltern, die das Gerät dann selbst abholen müssen.“

Dr. Elke Neumann, Schulleiterin an der Gesamtschule Welper, erklärt: „An unserer Schule herrscht während der Unterrichtszeiten ein komplettes Nutzungsverbot der Mobiltelefone. Die Geräte haben ausgeschaltet in der Tasche zu sein, Film- oder Fotoaufnahmen sind sowieso auf dem ganzen Schulgelände untersagt. Zumindest ist mir nicht bekannt, dass bei Klausuren mit dem Handy geschummelt worden ist. Wenn das auffiele, dann wäre dies ein Täuschungsversucht, der entsprechend bestraft wird. Bei massiven Verstößen wird das Telefon weggenommen, die Eltern benachrichtigt und wenn das nichts nützt, kann ich noch auf Ordnungsmaßnahmen zurückgreifen.“

Dr. Heinz Niggemann, Schulleiter des Gymnasiums Waldstraße erklärt: „Wir hatten im letzten Schuljahr eine sehr kontroverse Diskussion zu diesem Thema, denn es gab eine Eltern­initiative, die die Nutzung von Mobiltelefonen in der Schule grundsätzlich verbieten lassen wollte. Sie waren der Auffassung, die Kinder sollten in den Pausen mit Freunden spielen und echte soziale Kontakte pflegen. Doch die Mehrheit hat das anders entschieden. Jetzt ist es so, dass die Mobiltelefone im Unterricht abgeschaltet in der Tasche bleiben müssen, außerhalb des Unterrichts die Nutzung aber erlaubt ist.
Noch strenger sind die Regeln bei Klausuren und Prüfungen. Hier werden die Telefone eingesammelt und beim Abitur gilt das Mitbringen und nicht Nichtabgeben bereits als Täuschungsmanöver und würde das Ende der Prüfung bedeuten.
Ein Fall einer Schülerin ist mir auch bekannt, wo es ihr trotz aller Maßnahmen gelungen ist, sich eine Latein-Übersetzung durch das Internet auf ihrem Telefon zu beschaffen. Die Täuschung ist nicht zum Zeitpunkt der Tat aufgefallen, sondern später durch die nicht schülergerechte Übersetzung. Die Arbeit wurde mit ungenügend bewertet. Wenn gegen die Regeln verstoßen wird, dann dürfen wir die Telefone bis zum Unterrichtsende einsammeln, in extremen Fällen werden die Eltern informiert, die das Gerät später abholen müssen.“

Herbert Brenneken, stellvertretender Schulleiter der Gemeinschaftshauptschule Niedersprockhövel: „Wir haben das Thema in der Schulordnung festgelegt. Demnach muss das Telefon während des ganzen Schulbesuches ausgeschaltet sein. Das gilt auch für die Pausen, weil wir nicht wollen, dass Fotos gemacht werden, die ins Netz gestellt werden. Mit diesem Argument haben sich Schüler und Eltern mit der Regel einverstanden erklärt. Natürlich kommen auch einmal Verstöße vor. Dann wird das Telefon eingesammelt und die Eltern können es sich im Sekretariat wieder abholen. Beim Schummeln mit dem Telefon haben wir noch niemanden erwischt. Die Klassen sind klein und die Aufsicht hat einen guten Überblick. “

Ursula Zimmer, stellvertretende Schulleiterin des Gymnasiums Holthausen, erklärt: „In unserer Schulordnung haben wir festgelegt, dass die Schüler während des Unterrichts das Telefon ausgeschaltet lassen müssen. Außerhalb dürfen sie das Handy nutzen. Bei Klausuren muss es abgegeben werden, wobei wir uns manchmal wundern, welche altmodischen Telefone abgegeben werden, die auch teilweise erst nach Tagen wieder abgeholt werden. Trotzdem haben wir bei Klausuren noch keinen Täuschungsversuch nachweisen können.“ Und wenn das Telefon im Unterricht doch einmal klingelt, dann gibt es auch ungewöhnliche Reaktionen des Lehrpersonals. Zum Beispiel geht der Lehrer an das Telefon des Schülers und erklärt freundlich, der Zeitpunkt sei nicht gut gewählt. Oder der Schüler, dessen Telefon das klingelnde Klassenzimmer verursacht, wird zu einer Runde Kuchen backen für die Klasse verdonnert.

Manfred Wussow, Schulleiter der Realschule Grünstraße, findet das Handyverbot an der Schule außerhalb der Mittagspause richtig: „In der Pause ist die Nutzung erlaubt, weil die Schüler gerne Musik hören möchten. Klingelt das Telefon im Unterricht, wird es bis Unterrichtsende einkassiert. Dann geben wir es zurück, denn wir wollen nicht, dass der Schüler im Nachmittagsbereich das Telefon dringend nutzen muss und es nicht kann“.
Einen Täuschungsversuch mit Hilfe des Telefons hat er noch nicht bemerkt.

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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