Paul Collins - Der Mord des Jahrhunderts / Rezension

Der Fall Guldensuppe sorgte weltweit für Schlagzeilen. | Foto: Irisiana Verlag / Random House
  • Der Fall Guldensuppe sorgte weltweit für Schlagzeilen.
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New York im Jahre 1897. Ein grausamer Mord an einem Mann beschäftigt die ganze Stadt. Über New York verteilt werden Leichenteile eines Mannes gefunden, die jeweils in ein Wachstuch eingewickelt sind. Zuerst der Brustkorb mit Armen, dann der untere Rumpf und zuletzt die Beine...

Alle Teile passen genau zusammen. Nur vom Kopf fehlt jede Spur. Anhand von Stichwunden und dem Entfernen einer Tätowierung, ist schnell klar, dass der Mann einem Mord zum Opfer gefallen ist, und nicht wie zuerst vermutet wurde, dass es sich bei dem Toten um die Überreste von Versuchsobjekten handelt, die Medizinstudenten gerne zum Üben nutzen. Die Polizei tappt zunächst im Dunkeln, während die Journalisten der beiden größten Zeitungen New Yorks, die „World“ und das „Journal“ auf eigene Faust ermitteln und schnell festigt sich die Vermutung, dass es sich bei dem Toten um William Guldensuppe handelt.

Er wird tatsächlich seit Tagen vermisst. Da bei den polizeilichen Ermittlungen noch nicht viel von der modernen Methode, Fingerabdrücke zu nehmen, gehalten wird, wird man ohne den Kopf niemals hundertprozentig bestimmen können, ob es sich tatsächlich um den Vermissten Guldensuppe handelt.

Cops, Reporter und ein Gefängnis-Star

William Randolph Hearst, der Inhaber des „Journal“ und Joseph Pulitzer, Besitzer der „World“ und ehemaliger Mentor Hearsts liefern sich eine mediale Hetzjagd, wer die besseren Schlagzeilen bringt und wer die höheren Auflagen erzielen kann. Dabei ist vor allem Hearst jedes Mittel recht. Die heißeste Spur, die zu Guldensuppe führt, ist seine Vermieterin Mrs. Augusta Nack, eine Einwanderin und Hebamme aus Deutschland. Sie führt eine zwielichtige Dreiecksbeziehung zwischen ihrem Untermieter William Guldensuppe und Martin Thorn, einem weiteren Geliebten. Mit ihm wollte sie ein Haus in Woodside kaufen und ein Kinderheim eröffnen. Tatsächlich soll sie dort mit Thorn den Mord an William Guldensuppe begangen haben.

Die Journalisten finden wieder mal vor der Polizei heraus, dass Mrs. Nack das Wachstuch gekauft hat, in dem die Leichenteile eingewickelt waren. Kurz bevor Augusta Nack New York verlassen kann, wird sie verhaftet. Zuerst leugnet sie, dass Guldensuppe tot ist und behauptet, dass er noch lebt und dass sie ihn kürzlich noch gesehen hat. Zu dem Zeitpunkt, da sie ihn gesehen haben will, war William Guldensuppe aber bereits tot. In Haft ist sie der Star schlechthin.

Schnell gibt sie Thorn die Schuld am Verschwinden Guldensuppes und wälzt jegliche Schuld auf ihn ab. Bald darauf wird dann auch Martin Thorn ausfindig gemacht und verhaftet. Während ihrer Haft wird Mrs. Nack im Gefängnis von Journalisten besucht und gibt Interviews. Sie kassiert sogar Eintrittsgeld von Besuchern und lässt anderen Mithäftlingen Vergünstigungen zukommen.

Martin Thorn hat einem bekannten Friseur und „Freund“ gegenüber eine Beichte abgelegt, in dem er gestand, dass er William Guldensuppe umgebracht hat. Dieser Freund konnte mit diesem Wissen nicht gut leben und erleichterte sein Gewissen bei der Polizei. Nicht nur die Journalisten wittern bei diesem Fall das große Geld, sondern ein Staranwalt New Yorks vertritt Martin Thorn und sieht darin sogar den Fall seines Lebens und fordert Freispruch. Denn immer noch fehlt jede Spur vom Kopf. Ist der Tote nun William Guldensuppe oder nicht? Und wenn ja, wer hat ihn ermordet?

Eher ein spannendes Geschichtsbuch als ein Krimi

Paul Collins erzählt über den Beginn der Boulevardpresse, in dessen Entstehung Pulitzer und Hearst die wohl größte Rolle gespielt haben. Nach einem wahren Fall berichtet er akribisch genau über die Arbeit der Polizei, Anwälte, Staatsanwälte und Journalisten, wie gegen Ende des 19. Jahrhunderts gegen Verbrechen ermittelt wurde. Es ist auch sehr interessant, wie nachlässig die Polizei zu der Zeit mit Beweismaterial oder der Spurensicherung umgegangen ist.

„Der Mord des Jahrhunderts“ ist eher ein interessantes Geschichtsbuch als ein spannender Kriminalroman. Dennoch extrem lesenswert. Wer unter dem Titel einen Thriller erwartet, wird bitter enttäuscht. Im Anhang finden sich auch alle Quellen, die der Autor für dieses Buch verwendet hat.

Autor:

Manuela Erner aus Hemer

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