Die Wahrheit über E10

Niels Hartjes  -Juso-Vorsitzender in Hemer- nimmt Stellung:

In Deutschland hat der Verkauf des neuen E10 begonnen. Dieser neuartige Kraftstoff besteht aus 10% Bioethanol.

Öko zu sein liegt ja bekanntlich gerade voll im Trend: ob beim Lebensmittelkauf, in der Politik oder jetzt auch was das Tanken betrifft.

Zugegeben, die Idee dahinter klingt äußerst verlockend: umweltfreundliches Benzin, das aus nachwachsenden Rohstoffen wie z.B. Mais, Getreide oder Raps produziert wird und somit weniger Treibhausgase freisetzt. Unser Gewissen ist also beruhigt, wir müssen nicht auf unser liebstes Transportmittel verzichten-das Auto.

Hinzu kommt, dass der Staat den Konsum von E10 unterstützt, es also billiger angeboten wird, als normales Super-Benzin. Perfekt – Autofahren könnte fast nicht schöner sein! Nur kleine Wölkchen trüben den Autofahrerhimmel: nicht jeder Motor verträgt den neuen Biokraftstoff. Außerdem ist E10 durch den geringeren Benzinanteil weniger effektiv, der Fahrzeugverbrauch ist um durchschnittlich 1,6% höher als bei Super.

Deshalb verläuft der Verkauf des Biosprits bisher stockend, viele wollen ihn nicht und es kommt an Tankstellen zu Engpässen des herkömmlichen Super-Benzins. Diese Tatsache schmeckt der Bundesregierung überhaupt nicht, wollte sie mit der Einführung von E10 die EU-Vorgaben zur Reduzierung der CO2-Emissionen mit einem Weg erfüllen, der weder für Autofahrer noch für die Autoindustrie besonders schmerzlich ist.

Global gesehen bringt die flächendeckende Produktion von Biokraftstoffen aber weit größere Probleme mit sich. So werden riesige Anbauflächen für die Herstellung von Bioethanol benötigt, was bedeutet, dass hierfür Regenwald abgeholzt werden muss.

Auf Sumatra beispielsweise, einer Insel Indonesiens, befindet sich eins der größten Torfmoore der Welt. Ein Jahrzehnt zuvor war dieses noch mit Wasser an seiner Oberfläche bedeckt, ein artenreicher Regenwald befand sich hier. Das Moor, dass sich über die letzten 6000 Jahre gebildet hat, enthält Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Teile des Torfmoors wurden entwässert, Teile des Regenwaldes gerodet um Anbauflächen für Ölpalmen und Akazienbäume zu schaffen. Während das Moor austrocknet und verrottet wird mehr Kohlenstoffdioxid pro Quadratkilometer in die Atmosphäre abgegeben, als es viele Großstädte tun. Wenn ein Hektar des Regenwaldes abgeholzt wird, werden zwischen 500 und 900 Tonnen CO2 freigesetzt. Das Entwässern des Torfmoors bewirkt eine 30 mal so hohe Abgabe an Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre, als man bei der Umstellung von fossilen Treibstoffen auf Biotreibstoffe einsparen würde. Der Anbau von Ölpalmen hat die spätere Produktion von Biotreibstoffen zum Ziel, dass nach Europa expor
tiert werden soll, um hier den CO2-Ausstoß zu reduzieren.

„Der Spiegel“ schreibt:

„Wie 12 bis 26 Millionen zusätzliche Autos in Europa

Zuletzt stellte das Londoner Institut für europäische Umweltpolitik (IEEP) im November 2010 eine Studie vor. Auch hier lautete das Ergebnis: Biosprit sei "schädlicher für das Klima als die fossilen Energien, die er ersetzen soll". Grundlage der Untersuchung waren die offiziellen Pläne von 23 EU-Mitgliedstaaten zum Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2020. Bis dahin sollen in Europa 9,5 Prozent der Energie für den Verkehr aus Biosprit bestehen. Dafür müssten laut der IEEP-Studie weltweit bis zu 69.000 Quadratkilometer Wald, Weiden und Feuchtgebiete als Ackerland kultiviert werden - eine Fläche mehr als zweimal so groß wie Belgien. Jährlich bis zu 56 Millionen Tonnen CO2 würden so freigesetzt, was zusätzlichen 12 bis 26 Millionen Autos auf Europas Straßen entspreche.“

(Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,749055,00.html)

Eine Ironie der man sich bewusst werden muss!

Auch nicht wirklich umweltfreundlich ist der Einsatz von Pestiziden und chemischem Dünger bei der Produktion von Bioethanol. Stickstoffhaltiger Dünger, welcher auf z.B auf Maisfeldern am Mississippi zum Einsatz kommt, gelangt durch Überdüngung erst in die Flüsse, später ins Meer. Der Stickstoff regt das Algenwachstum an. Diese sterben irgendwann mal ab. Wenn sie sich dann zersetzen, benötigen sie Sauerstoff. Dieser fehlt den Fischen und Fischsterben ist die Folge.

Ein anderer Aspekt, den man bedenken sollte ist der, dass die Anbauflächen, welche zur Herstellung von Biosprit genutzt werden, nicht für den Anbau von Nahrungsmitteln zur Verfügung stehen. Entscheidet sich ein Landwirt dazu, Pflanzen für die Biotreibstoffproduktion anzupflanzen, so kann er nicht gleichzeitig Nahrungsmittelpflanzen anbauen. Diese sehr simple Tatsache führt uns zu einem weiteren Problem von Bioethanol: Nahrungsmittelknappheit.

Die Steigende Nachfrage an Lebensmitteln in aufstrebenden Volkswirtschaften wie beispielsweise Indien und China, sowie die Reduzierung der Anbauflächen für Nahrungsmittel durch die Produktion von Biotreibstoff führt zu einem Mangel an Lebensmitteln. Steigende Preise für Nahrung sind die logische Konsequenz.

Nun ist klar, dass die Nutzung von Biosprit unter umweltpolitischen Gesichtspunkten nur eine Seifenblase ist. Wer wirklich etwas für die Umwelt tun möchte, tankt nicht E10, sondern lässt sein Auto einmal stehen!

Text: Niels Hartjes

Autor:

Ingo-Olaf Schumacher aus Hemer

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