Aus dem Leben einer Pflegefamilie, Teil 2

Foto: privat

Petra S. (Name von der Redaktion geändert) wirkt ziemlich entspannt, auch wenn sie gerade einen wichtigen Anruf für ihre Pflegetochter erwartet . Wahrscheinlich ist es aber ihre Routine, denn Petra S. kann inzwischen auf mehr als ein Vierteljahrhundert als Pflegemutter zurückblicken.
„Nach inzwischen fünf Dauerpflegekindern wirft einen so schnell nichts mehr aus der Bahn“, schmunzelt die gelernte Krankenschwester. Nach der Geburt ihrer beiden leiblichen Kinder - inzwischen 26 und 28 Jahre alt und nicht mehr im Haushalt lebend - wollte Petra S. unbedingt etwas mit Kindern machen, denn eine Großfamilie war von jeher ihr großer Traum. „Damals stand ich vor der Wahl, mich nach der Erziehungszeit beruflich nochmals neu zu orientieren und eine weitere Ausbildung zur Erzieherin zu machen, oder mich noch intensiver mit dem Thema Pflegekinder zu beschäftigen.“ Zu diesem Zeitpunkt hatte die junge Mutter schon Erfahrung mit dem Thema, hatte dem Jugendamt doch bereits in der Tages- bzw. Bereitschaftspflege mehrmals geholfen, so dass der Schritt zur Dauerpflege für Petra S. nur die logische Konsequenz war. Und da auch der einberufene Familienrat keine Einwände hatte („Mein Mann liebt Kinder ebenso wie ich und auch meine leiblichen Söhne freuten sich auf ihr neues ‚Geschwisterkind‘.“), stand ihrer „Zweitkarriere“ als Pflegemutter nichts mehr im Weg. Dass dies ein „Fulltime-Job“ werden würde, war schnell klar. „Es blieb ja nicht dabei, nur die Herausforderungen des ganz normalen Familienalltags mit einem weiteren, neuen Familienmitglied zu organisieren und zu meistern“, erinnert sich Petra S., „als Pflegeeltern muss man sich auch ständig fortbilden und vor allem auch mit psychologischen Grundsätzen auseinandersetzen.“ Ganz wichtig sei nämlich, dass Pflegekinder nie das Gefühl bekommen dürfen, nur das fünfte Rad am Wagen zu sein. „Eines muss man sich vor der Entscheidung zur Aufnahme eines Pflegekindes absolut klarmachen: Das Kind, das da zu einem in die Familie kommt, hat in seinem kurzem Leben bereits jede Menge durchgemacht und verhält sich entsprechend.“ Insbesondere nach Besuchskontakten mit ihren leiblichen Müttern ändert sich das Verhalten der Kinder meist. „Sie wirken dann häufig verstört, denn trotz alledem gibt es ja noch eine Bindung zu ihren Müttern. Dann muss die ganze Pflegefamilie in den folgenden Tagen regelrecht Aufbauarbeit leisten.“ Das könne auch für die übrige Pflegefamilie ziemlich belastend sein. So gönnen sich auch Petra S. und ihr Ehemann, bei denen aktuell „nur“ noch drei Pflegekinder leben, auch regelmäßig ihre Auszeiten beim Sport, der Musik oder in der Natur. „Das ist auch unbedingt notwendig, um seine Akkus wieder aufzuladen.“ Und noch eine wertvolle Erfahrung hat Familie S. im Laufe der Zeit gemacht. „Beim Freundeskreis trennt sich die Spreu vom Weizen“, so Petra S. „es gibt echte Freunde, die das mittragen, aber auch viele ehemalige Bekannte, die den Kontakt zu uns abgebrochen haben.“ Das tue im ersten Moment zwar sehr weh, doch die Freude und Liebe seiner Pflegekinder mache dies mehr als wett. Petra S - eben eine Pflegemutter durch und durch!

Autor:

Christoph Schulte aus Hemer

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