Kindern in Not ein neues Zuhause geben

Das für den Bereich Pflegefamilien zuständige Team des Hemeraner Jugendamtes: Elke Winkler-Reschke (h.l.), Petra Kriegel (v.l.), Petra Brüggemann-Engelke (v.r.) und Abteilungsleiter Ertunc Deniz.
  • Das für den Bereich Pflegefamilien zuständige Team des Hemeraner Jugendamtes: Elke Winkler-Reschke (h.l.), Petra Kriegel (v.l.), Petra Brüggemann-Engelke (v.r.) und Abteilungsleiter Ertunc Deniz.
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Aktuell gibt es rund 50 Pflegekinder in Hemer, die in nur 42 Pflegefamilien ein neues Zuhause gefunden haben. Das zuständige Team des Hemeraner Jugendamtes sucht deshalb dringend weitere Pflegefamilien, also Familien, die sich vorstellen können, ein fremdes Kind über einen bestimmten Zeitraum oder sogar dauerhaft bei sich aufzunehmen.

Zum Auftakt einer kleinen Serie zum Thema hat der STADTSPIEGEL einmal mit dem Team des Hemeraner Jugendamtes über die komplexe Thematik „Pflegekinder“ und „-familien“ gesprochen.

STADTSPIEGEL: Wie wird ein Kind denn überhaupt zu einem Pflegekind?

Elke Winkler-Reschke: „Die Ursache ist stets eine sich ergebende Notsituation in der Familie, in der es die Eltern nicht mehr schaffen, das alltägliche Leben mit ihrem Kind zu bewältigen. Gründe hierfür können z. B. in psychischen und physischen Erkrankungen eines oder beider Elternteile liegen, aber genauso in Scheidung oder Arbeitslosigkeit.“

STADTSPIEGEL: Wer trifft die Entscheidung, ob ein Kind schließlich in einer Pflegefamilie untergebracht wird?

Petra Kriegel: „In der Regel wird der KJHD (städt. Kinder- und Jugend-Hilfedienst, Anm. d. Red.) von den Eltern selbst, Nachbarn, Schulen oder Kindergärten über die Probleme informiert und entscheidet dann nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten über eine eventuelle Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie. Zu diesem Zeitpunkt kommt dann unser Team ins Spiel.“

STADTSPIEGEL: Was sind die ersten Schritte, die Sie dann unternehmen?

Elke Winkler-Reschke: „Nachdem das weitere Vorgehen im Einklang mit den leiblichen Eltern oder mit Hilfe eines Gerichtes entschieden wurde, suchen wir zunächst eine passende Bereitschaftspflegefamilie aus, die das Kind solange in ihre Obhut nimmt, bis eine dauerhafte Pflegefamilie diese Aufgabe übernehmen kann.“

STADTSPIEGEL: Welche Voraussetzungen muss eine Familie mitbringen, die ein Pflegekind aufnehmen will?

Petra Brüggemann-Engelke: „Es gibt einige formale Kriterien, die eine Pflegefamilie erfüllen muss. Das sind u.a. ein ,natürlicher‘ Eltern-Kind-Altersabstand, ein Pflegeelternteil, das zumindest zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht berufstätig ist, ein ärztliches Gesundheits- und ein Führungszeugnis, das Vorhandensein eines eigenen Zimmers für das Kind und eine gesicherte finanzielle Situation der Familie.“

STADTSPIEGEL: Mit welchen besonderen Problemen müssen potenzielle Pflegeeltern bei ihrer neuen Aufgabe rechnen?

Petra Kriegel: „Fast jedes Pflegekind, das wir vermitteln, bringt aufgrund seiner negativen Vorgeschichte ein ,Päckchen‘ mit, mit dem sich die Pflegefamilie auseinandersetzen muss.

STADTSPIEGEL: Werden die Pflegefamilien auch finanziell unterstützt?

Elke Winkler-Reschke: „Natürlich erhalten die Familien eine Aufwandsentschädigung durch uns und selbstverständlich auch Unterhaltsgeld. Aber allein aus finanziellen Gründen sollte sich sicher niemand für diese anspruchsvolle Aufgabe interessieren.

STADTSPIEGEL: Wie werden die Bewerberfamilien von Ihnen vorbereitet?

Elke Winkler-Reschke: „Zusammen mit der Stadt Iserlohn bieten wir zweimal pro Jahr Gruppentermine an. Da erhalten die Bewerber wichtige Informationen z. B. zum Thema Psychologie und Recht und können sich auch
miteinander austauschen. Vor und nach der Vermittlung gibt es durch uns dann auch regelmäßig Einzelgespräche und Hausbesuche. Wir lassen die Pflegefamilien auf ihrem Weg nicht alleine.

STADTSPIEGEL: Wie sieht die erste Kontaktaufnahme auf, wenn Sie eine Famlie ausgewählt haben?

Petra Kriegel: „In der sogenannten Kennenlern-Phase, die zwischen drei Monaten und einem Jahr dauern kann,
stellen wir den ersten Kontakt her. Zunächst nur aus einiger Entfernung auf Sicht und auf ,neutralem‘ Boden wie z. B. einem Spielplatz. Mit der Zeit werden die Treffen dann intensiver, die Kinder bleiben auch mal über Nacht oder für ein Wochenende bei ihren neuen Eltern und - wenn die Chemie stimmt - dann eben irgendwann ständig im neuen Zuhause.“

STADTSPIEGEL: Inwieweit kann das Pflegekind mitentscheiden?

Petra Brüggemann-Engelke: „Das hängt natürlich vom Alter des Kindes ab. Bei Kleinkindern ist das in der Regel unproblematisch, aber z. B. bei Kindern, die bereits im schulpflichtigen Alter sind, wird von uns sehr auf die Meinung des Kindes Wert gelegt.“

Autor:

Christoph Schulte aus Hemer

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