Weißer Ring Herne zieht Bilanz
Opferzahlen erneut leicht gestiegen

Die Polizei ist oft der erste Ansprechpartner. Über sie finden Opfer häufig den Weg zum Weißen Ring. | Foto: Nina Sikora
  • Die Polizei ist oft der erste Ansprechpartner. Über sie finden Opfer häufig den Weg zum Weißen Ring.
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Brigitte Grüning, Leiterin der Außenstelle des Weißen Rings, hat ein Resümee für das Jahr 2021 gezogen. Erneut fand die Arbeit des Vereins unter Coronabedingungen statt.

„Durch die Erfahrungen, die wir im Jahr 2020 mit der Pandemie gesammelt haben, konnten wir im vergangenen Jahr etwas besser für die Menschen da sein und unserer Arbeit nachkommen“, so Grüning. Im Sommer war die Beratung deutlich einfacher zu gewährleisten, da die Cafés und Treffpunkte zum Teil geöffnet hatten und auch Treffen im Freien möglich waren. In den Wintermonaten wurden jedoch viele Beratungen, zum Schutz aller Beteiligten, oftmals telefonisch abgehalten.

Trotz der Pandemie konnten einige Bereiche der Öffentlichkeitsarbeit gewährleistet werden; unter anderem war der Weiße Ring am Tag des Ehrenamtes mit einem Stand auf dem Robert-Brauner-Platz vertreten.

Weniger Einbrüche während Lockdown

Wie wichtig die Arbeit der ehrenamtlichen Mitarbeiter auch in Zeiten von Corona ist, zeigt sich an den Zahlen des Jahres 2021. So suchten insgesamt 137 Menschen die Hilfe des Vereins, was eine erneute Steigerung zum Vorjahr (129) bedeutet. Mehr als die Hälfte der bearbeiteten Fälle betrafen häusliche Gewalt, Sexualdelikte und Stalking. Diese Zahlen seien bedrückend, so Grüning, denn im Vergleich zum Vorjahr seien die prozentualen Anteile dieser Taten erneut angestiegen. Insgesamt reicht das Spektrum der Fälle von häuslicher Gewalt bis zur fahrlässigen Tötung.

Neben den Neufällen müssen auch viele bestehende Opferfälle versorgt werden. Die zehn ehrenamtlichen Mitarbeiter leisten dabei in ihrer Freizeit menschlichen Beistand und persönliche Betreuung, in 49 Fällen wurden Opfer mit Beratungsschecks vom Weißen Ring unterstützt.

Bei Bedürftigkeit und einer finanziellen Notlage, die durch eine Straftat verursacht wurde, half der Weiße Ring mit rund 10.000 Euro. Damit liegt die Summe der ausgezahlten Opferhilfen etwa 2.000 Euro unter der des Vorjahres. Dies liegt, so Grüning, an der Tatsache, dass Diebstähle und Einbrüche aufgrund des Lockdowns schwer durchführbar waren. „Viele Menschen waren kaum unterwegs, ein beträchtlicher Teil der Arbeitnehmer war im Homeoffice. Außerdem wurde - und wird weiterhin - die Kartenzahlung in Geschäften empfohlen, manche Bürger haben gar kein Bargeld mehr dabei“, gibt Grüning eine weitere Erklärung.

Damit der Weiße Ring auch in Zukunft effektiv den Opfern von Straftaten helfen kann, wurde auch im Jahr 2021 um neue Mitglieder, Spenden und Mitarbeiter geworben. Letzteres geschah laut Grüning - trotz Pandemie - in den Jahren 2020 und 2021 mit Erfolg: So konnten in diesem Zeitraum drei neue Mitarbeiterinnen für die Außenstelle Herne gewonnen werden, vier Ehrenamtler feierten zudem ihre fünf-, zehn- und 15-jährigen Jubiläen.

Beratung und Kontakt auch anonym

Der Weiße Ring finanziert sich fast ausschließlich über Mitgliedsbeiträge, Spenden, Nachlässe und Bußgeldzuweisungen der Gerichte. Auf öffentliche Mittel wird bewusst verzichtet, sodass die politische Unabhängigkeit gewährleistet werden kann. „Mehr als fünfzig Prozent der Einnahmen kommen den Opfern zugute. Dreißig Prozent der Einnahmen werden für Prävention und öffentliches Eintreten ausgegeben, der Verwaltungsaufwand beträgt nur rund fünfzehn Prozent“, erklärt Brigitte Grüning. Zudem bestehe eine gute Vernetzung zu weiteren Beratungsstellen, an die Hilfesuchende bei Bedarf vermittelt werden. Die Zusammenarbeit mit der Polizei wird seit vielen Jahren intensiviert.

„Wir hoffen, dass sich die pandemische Lage bald etwas entspannt und wir wieder mehr Vorbeugungsarbeit leisten können, denn die Prävention ist ein zentraler Bestandteil und ein wichtiges Satzungsziel des Weißen Rings“, erläutert Grüning mit Blick auf das kommende Jahr.

Um folgende Opferfälle kümmerte sich die Herne Außenstelle im letzten Jahr: 42 Sexualdelikte, 27 Raub / Diebstahl / Einbruch, 22 Häusliche Gewalt, 15 Stalking, 9 Körperverletzungen, 9 Bedrohungen, 7 Versuchte / Fahrlässige Tötung, 1 Belästigung, 1 Betrug im Internet, 1 Trickbetrug, 1 Kindesentzug, 1 Persönlichkeitsdiebstahl, 1 Sachbeschädigung. Im Rahmen der Opferhilfe wurde 5.235 Euro, bei der Soforthilfe 4.700 Euro gezahlt.

Den Weg zum Weißen Ring finden Opfer durch die Polizei, andere Institutionen, die zentrale Opfernummer 116 006, die Herner Telefonnummer 02323/944335 oder über die Internetseite www.weisser-ring.de. Auch eine anonyme Kontaktaufnahme und Beratung ist möglich.

Autor:

Stephanie Klinkenbuß aus Recklinghausen

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