Muss die DAK die Zusatzbeiträge an Mitglieder zurückzahlen?

Am 22.06.2011 gab das Berliner Sozialgericht der Klage eines Rentners gegen die Erhebung von Zusatzzahlungen der inzwischen insolventen City BKK statt. (Az.: S 73 KR 1635/10) In der Entscheidungsbegründung kritisierte das Gericht die unzureichende Umsetzung der Hinweispflicht auf das Sonderkündigungsrecht:

„Der Kläger hat Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Diese verletzen Rechte des Klägers, weil sie rechtswidrig die Pflicht zur Zahlung von Zusatzbeiträgen für Zeiträume feststellen, in denen wegen des unterbliebenen Hinweises auf das Sonderkündigungsrecht gemäß § 175 Abs 4 Satz 7 SGB V eine solche Pflicht nicht bestand.“

„Eine unzureichende Umsetzung der Hinweispflicht nach Satz 6 der Vorschrift ist als Nichterfüllung zu bewerten, denn das Gesetz erwartet von der rechtsstaatlich arbeitenden Sozialverwaltung eine richtige Erfüllung der gesetzlich vorgegebenen Pflichten. Das Gesetz konkretisiert allerdings nicht ausdrücklich, in welcher Form und mit welcher Intensität die Mitglieder auf das Sonderkündigungsrecht hinzuweisen sind. Die Gesetzesmaterialien vermerken insofern lediglich: "Die Hinweispflicht soll den Mitgliedern ermöglichen, frühzeitig zu einer günstigeren Krankenkasse zu wechseln." (BT-Drs 16/3100 S. 158); den Ausschussmaterialien ist lediglich eine Wiedergabe der inhaltlichen Neuregelung zu entnehmen (BT-Drs 16/4247 S 51).“
(https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=142848&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=)

Die Berufung wurde zugelassen.

Bei konsequenter Rechtsanwendung entstehen gegen die City BKK Rückzahlungsverpflichtungen von bis zu 20 Millionen Euro.

Ähnliches könnte nun nach Auffassung des Kölner Stadt-Anzeigers auch der DAK drohen. Dort hieß es am 29.06.2011:

„Würden die Maßstäbe des Berliner Richterspruchs auf die DAK angewandt, müsste die Kasse mehr als 600 Millionen Euro an ihre Mitglieder zurückzahlen. Dies brächte die DAK nach Auskunft von Insidern in größte finanzielle Nöte, wie der "Kölner Stadt-Anzeiger" in seiner Mittwochs-Ausgabe berichtet.“

Wie die City BKK hatte auch die DAK bei der Einführung der Zusatzbeiträge zum 01.02.2010 lediglich „im Kleingedruckten“ auf der Rückseite ihres Mitteilungsschreibens auf das Sonderkündigungsrecht hingewiesen. Warnungen waren wohl zurückgewiesen worden.

„Nach Informationen dieser Zeitung soll der Justitiar der DAK seinerzeit den Vorstand vergeblich vor einem solchen Vorgehen gewarnt haben.“
http://www.presseanzeiger.de/print/?id=495869

Die Berliner Rechtsanwältin Johanna Eyser empfiehlt grundsätzlich die Rückforderungsmöglichkeiten gründlich zu prüfen.

„Ob das Schreiben einer Krankenkasse, mit dem die Zahlung eines Zusatzbeitrages gefordert wird, diesen Anforderung entspricht, sollte daher stets geprüft werden. Werden die Voraussetzungen, die in dem Urteil des SG Berlin genannt sind, nicht erfüllt, kann der Zusatzbeitrag möglicherweise von der Krankenkasse zurückgefordert werden.
http://www.anwalt24.de/beitraege-news/fachartikel/sozialgericht-kippt-zusatzbeitrag-der-city-bkk

Die Einführung der Zusatzbeträge hat die DAK bereits mehr als 500.000 Mitglieder gekostet, die den Wechsel zu einer anderen Kasse vorgezogen haben. Inzwischen sind erste DAK-Angestellte wegen der rückläufigen Mitgliederzahlen bereits von Entlassungen bedroht.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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