Zockt Regierung auch bei modernen Holzheizungen ab?

Gerd Haarmann mit seiner modernen Holzheizung.

Nicht nur befasst hat sich Gerd Haarmann mit den Auswirkungen der neuen „Bundeseinheitlichen Kehr- und Überprüfungsordnung für Feuerungsanlagen“ - die KÜO war für den Letmather auch Grund, folgenden Leserbrief zu verfassen, den wir in voller Länge abdrucken.

"Seit der neuen Jahresrechnung für 2010 meines Bezirksschornstein-fegermeisters (BSM) kenne ich mich nicht nur mit der alten, sondern nun auch bestens mit der neuen Gebührenordnung für meine supermoderne Holzvergaser-Heizkesselanlage aus. Traf mich doch der sprichwörtliche „Schlag“ wie ein Hammer auf den Kopf, als ich den Rechnungsbetrag 2010 (104,57 €) mit der Rechnung von 2009 (65,97 €) verglich und eine Erhöhung von ziemlich genau 58,5 % feststellen musste. In Ermangelung der notwendigen Kenntnisse der KÜO teilte ich meinem BSM mein Unverständnis für die neue Rechnung mit und forderte ihn auf, diesen Umstand zu erklären. Antwort: Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie K.-T. zu Guttenberg hat die neue KÜO am 16.6.2009 herausgegeben und sie ist mit Wirkung zum 1.1.2010 in Kraft getreten.
Meine Bitte um Aufschlüsselung der Rechnung wurde mit dem Satz abgetan: „Leider sind die Gebühren für Feststoffheizungen durch ein neues Gutachten erheblich erhöht worden!“
Weiter keinerlei Erklärung, wie der BSM auf den „erheblichen Erhöhungsbetrag“ gekommen ist. Herzlichen Dank dafür meinem Bezirksschornsteinfegermeister!!
Nun habe ich mir per Internet die neue KÜO „heruntergeladen“ und mich also schlau gemacht! Und siehe da: die erste Feststellung, die ich treffen musste, war, dass der Gebührensatz für die zur Ermittlung der Rechnungsbeträge erforderlichen „Arbeitswerte“ für alle Feuerstätten von bisher 0,70 €/AW auf stolze 1,01 €/AW angehoben worden ist – hier also schon eine Erhöhung von rund 44,3 % gegenüber dem Vorjahr – wie gesagt für alle Feuerstätten.
Nach Durcharbeitung des 14 Seiten umfassenden Verordnungswerkes und Berechnung verschiedener Holz- und Gas-Feuerstätten (für Heizöl fehlen mir Vorjahreswerte) und Haus-Beispielen sowie Vergleichen mit den Rechnungen der Nachbarn kommt man dann auf sehr, sehr unterschiedliche Belastungen der Energie-Verbraucher. So kommen z.B. mit meinem Haus vergleichbare Gas-Feuerstätten bei jeweils einmaliger „Begehung, Fahrtpauschale, Kaminkehrung, gleichen Kaminverhältnissen, Abgaswege- und Emissionsmessung“ je Jahr mit einer Erhöhung von „nur 7,5 %“ aus, während ich mit meiner
supermodernen Holzheizung bei jeweils 3-maliger „Begehung, Fahrtpauschale, Kamin- und Abgasrohrkehrung und gleichen Kaminverhältnissen“ je Jahr eine Erhöhung von 58,5 % hinnehmen muss.
Kann ich mich doch gut daran erinnern, dass Energie-Fachleute bereits vor Jahren auf die knapper werdenden „fossilen Brennstoffe“ wie Heizöl und Erdgas hingewiesen haben und die Förderung neuer Alternativen für „nachwachsende Brennstoffe“ wie Scheitholz, Hackschnitzel oder Pellets gefordert haben, die schließlich auch durchgesetzt worden sind. Technisch ausgereifte Heizkessel und Heizanlagen wurden daraufhin entwickelt und hergestellt, für deren Einbau die Bundesregierung Fördertöpfe bereitstellte. So wurden beispielsweise Spezialkessel für die Verbrennung von Scheitholz gebaut, die mit elektronischer Regelung und Steuerung der Verbrennung über sogenannte Lambda-Sonden gute Verbrennungsqualitäten und Wirkungsgrade erreichen. Dabei wurde gefordert, dass dem Immissionsschutzgesetz entsprechend handbeschickte Heizkessel grundsätzlich mit Volllast betrieben werden müssen, weil sonst im Teillastbetrieb die Emissionsgrenzwerte nicht gewährleistet sind. Demzufolge sind ausreichend bemessene, gut gedämmte Wärmespeicher mit 80 – 100 Liter Wasser je kW Heizleistung erforderlich, die als Pufferspeicher die Wärmeenergie der nicht abschaltbaren Holzverbrennung aufnehmen können.
Des Weiteren ist natürlich ein gut angelegtes Holzlager erforderlich, in dem ein Zwei-Jahres-Vorrat zwecks ausreichender Trocknung vorgehalten und permanent unterhalten werden muss.
Bei Holzhackschnitzeln und Pellets kommen der höhere technische Aufwand für Lagerung und die automatische Brennstoffzufuhr sowie umfangreichere Planungen hinzu.
Diese Bedingungen erfordern letztlich ein teilweise viel höheres, oftmals doppelt so hohes Investitionsvolumen wie beim Austausch von herkömmlichen Heizöl- und Gas-Feuerungsanlagen.
Ich habe aber bewusst diese Investition getätigt, mit Wissen um die viele Handarbeit, wie das Heranschaffen von möglichst Laubbaumholz und weniger Nadelholz, das Sägen und Spalten der Stämme, draußen geeignet unter Dach einlagern, nach zwei Jahren wieder auslagern (auch und gerade bei Schnee und Eis), kleinen Tagesvorrat im Heizraum einlagern, Heizkessel füllen (bei Minus-Temperaturen bis zu täglich 4-mal), Kessel laufend reinigen, Asche entfernen, usw. und wieder neues Holz ranschaffen, sägen, spalten, einlagern ….!
Und nun dreht die Bundesregierung den Spieß wieder um und bestraft die Investoren von moderner Technik, die effizient, umweltfreundlich und komfortabel geworden ist und somit eine aus ökonomischer und ökologischer Sicht sinnvolle Alternative zur Heizöl- oder Gasfeuerung darstellt.
Hier stellt sich die Frage, wer denn von dieser unverschämten Preiserhöhung profitiert?
Doch nicht etwa der ach so arme Bezirksschornsteinfegermeister, der kraft Gesetzes bisher schon jegliches Treppensteigen, jedes Stockwerk, jeden Schornstein einzeln und jeden Meter Schornstein und Verbindungsrohr fegen einschließlich eines prozentualen Aufschlags auf die Arbeitswerte für Fahrtkosten kassieren konnte. Hinzu kamen die Grundgebühren, die Messgebühren und Bauzustandsbesichtigungen. Und zukünftig müssen nun auch die alle 5 Jahre stattfindenden Feuerstättenschauen bezahlt werden, die bisher kostenlos waren. Die Schornsteinfeger wollen das mit erheblicher Mehrarbeit bei der Kehrung von Festbrennstoff-Feuerungen belegen. Bei mir jedenfalls tun sie immer noch die gleiche Arbeit wie vor Jahren auch. Es hat sich nichts - aber auch gar nichts - daran geändert! Ich glaube, dass sich lediglich die Anzahl der Festbrennstoff-Feuerungen deutlich erhöht hat, weil Heizen mit Holz ja ziemliche Preisvorteile gegenüber Heizöl und Erdgas bringt und die Brennwerttechnik den Schornsteinfegern eine erhebliche Einbuße an Einkommen gebracht hat.
Muss man sich deshalb nun an den neuen Techniken dermaßen unverschämt schadlos halten?"

Autor:

Rainer Tüttelmann aus Iserlohn

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