„Alle tragen dazu bei, dass es uns gut geht“

An einer Kleiderstange im Wohnzimmer hängen Prinzen-Ornat und Kleid. Auch sonst steht dort alles  für den Auftritt bereit. Fotos: de Clerque
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  • An einer Kleiderstange im Wohnzimmer hängen Prinzen-Ornat und Kleid. Auch sonst steht dort alles für den Auftritt bereit. Fotos: de Clerque
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Für Andrea (45) und Rolf Hechler (47) wurde ein Traum wahr: In dieser Session regieren sie als Prinzenpaar die Monnemer Jecke. Vor 25 Jahren standen sie gemeinsam als Traditionspaar Gänseliesel und Spielmann auf der Bühne. Seit 22 Jahren sind sie Mitglied bei den Maatplatzjecke. Der Wochen-Anzeiger besuchte das sympathische Paar Zuhause im Herzen der Altstadt.

„Herzlich Willkommen in der Prinzen-Altstadt Monheim am Rhein“ ist groß auf einem sechs Meter breiten, grünem Banner am Schelmenturm zu lesen. Links des Schriftzuges sieht man ein Porträt von Prinzessin Andrea, rechts eines von Prinz Rolf II. Dieses Transparent ziert auch das Geländer vom „Zollhäuschen“ und die Biergartenmauer vom „Drüje“. Die Prinzen-Altstadt kommt nicht von ungefähr: Die diesjährigen Tollitäten haben ihre Prinzenburgen beim „Drüje“ sowie am Alten Markt und auch ihre privaten Gemächer liegen im Schatten des Schelmenturms.

Wer Prinz und Prinzessin dort besucht, braucht kein Namensschild. Geklingelt wird an der mit Luftballons und Luftschlangen geschmückten Tür. Der Karneval ist im Heim der Hechlers derzeit allgegenwärtig. Im Flur fällt der Blick auf Fotos verschiedener Brauchtumsvereine. Die hat das Paar beim Kennenlernabend geschenkt bekommen und für die jecke Zeit gegen die Familienfotos ausgetauscht.

In der Küche hängt eine große Leinwand, auf der sich Gefolge, Kinderprinzenpaar und all diejenigen verewigt haben, die das Paar in dieser Session bereits besucht haben. Eine von Prinzessin Andrea selbstgestickte Clown-Decke ziert den Küchentisch.

Das Wohnzimmer schließlich ist die jecke Zentrale. Dort hängen an einer Kleiderstange fein aufgereiht Prinzen-Ornat und Kleid. Die roten Schuhe stehen zum Reinschlüpfen bereit, Mütze, Schal und Orden liegen parat. Dazu kommt noch ein für die Prinzessin unverzichtbares Kleidungsstück: der Bademantel. Den trägt sie nämlich bis zuletzt über Unterwäsche und Strümpfe. Erst wenn von Prinzenführer Peter Drösser das Signal zum Aufbruch kommt, schlüpft sie fix in die rote Robe. Das schont das Kleid und sichert die Bewegungsfreiheit. „Mit dem Reifrock kann ich mich in der Wohnung nur schlecht bewegen“, so die Prinzessin.

Ein bisschen unwirklich ist das Prinzenpaardasein für Andrea und Rolf noch immer. „Wir haben das noch nicht richtig realisiert“, sagen sie beide. Aber genießen tun sie es richtig. Auch Sohn Tim (19), der als Standartenträger zum Gefolge gehört, staunt immer wieder, wenn seine Eltern im Ornat auf der Bühne stehen. Er war es auch, der den letzten Anstoß für die Entscheidung gegeben hat. „Worauf wartet ihr noch?“, hatte er seine Eltern gefragt, als sie mit dem letztjährigen Prinzenpaar Heinz und Beate Blank zu einem Gespräch zusammen saßen. Genau das haben sich Rolf und Andrea dann auch gedacht und in ihrem „Silberhochzeitsjahr“ als Traditionspaar „Ja“ gesagt. Zusammen mit den Eltern und Großeltern der Prinzessin feiern nun vier Generationen gemeinsam.

Die Familie ist es auch, die den Beiden den Rücken frei hält. Ob Brötchen schmieren, Suppe kochen, bügeln, aufräumen oder kurz mal durchwischen – die Familien-Heinzelmännchen sind stets zur Stelle und decken auch gleich den Frühstückstisch. Unterstützung gibt es natürlich auch von den Maatplatzjecke. „Da muss schon ein Rad ins andere greifen, damit man das Prinzenpaarsein genießen kann. Alle tragen dazu bei, dass es uns gut geht“, so die Prinzessin.

Der Treffpunkt für Prinzenpaar und Gefolge ist in der Regel der „Drüje“. Bei Terminen, die vor 17 Uhr stattfinden, ist das Wohnzimmer der Hechlers die Anlaufstelle. Rund 15 Leute tummeln sich dort, ziehen sich um, nehmen ein Brötchen auf die Hand oder stärken sich mit einem Teller Suppe. Heimisch fühlen sich dort alle. „Wir sind wie eine große Familie“, erzählt Andrea Hechler.
Der Prinz zieht sich in aller Ruhe im Schlafzimmer um. Dort liegen seine Sachen auf dem Bett bereit. Rund 20 Minuten dauert es, bis aus Rolf Hechler Prinz Rolf II wird. Sein persönlicher Adjutant Markus Waldeck hilft ihm in das prinzliche Gewand und schließt die vielen Knöpfe. Er schaut auch, dass der Prinz nicht ohne Pritsche, Handschuhe und Federn aus dem Haus geht.

Kurz vor Aufbruch wird der Auftrittsplan noch einmal durchgegangen, entschieden, welche Orden getragen werden, Autogrammkarten, Buttons und Pins eingepackt. Und wenn dann das Prinzenpaar samt Gefolge zur Tür hinaus ist, sorgt die Familie dafür, dass alles wieder schnell in Ordnung kommt.
Wenn Andrea und Rolf Hechler nicht als Prinzenpaar unterwegs, sind verbringen sie ihre Freizeit mit Fitness-Sport, Wandern und Skifahren, besuchen die Veranstaltungen der Monheimer Brauchtumsvereine und natürlich die Spiele der Seniorenmannschaften des 1. FC Monheim.

Rolf Hechler ist seit 40 Jahren Mitglied im Monheimer Fußballverein. Er hat dort alle Mannschaften als Spieler durchlaufen und sowohl die Jugend als auch die Senioren trainiert. Zehn Jahre war er Trainer im Leistungszentrum bei Bayer Leverkusen. Vor drei Jahren hat er aufgehört, da „es zeitlich zu aufwändig wurde für ein Hobby.“ Das runde Leder kickt er dennoch selbst: bei den „Singenden Flügelflitzern“. Das ist ein Zusammenschluss von Mitgliedern des Förderkreises, Ehemaliger und Freunde des 1. FC Monheim. Die treffen sich jeden Mittwoch zum Spielen im Rheinstadion und alle sechs Wochen zum Singen im „Libero“. „Da werden dann alte Fußball-Lieder vorgetragen“, sagt der Prinz und zeigt das Liederbuch.

Samstagabend oder Sonntagmittag wird zur Entspannung gekocht. „Ich suche dann eine schönes Rezept aus. Andrea arbeitet mir zu und hilft beim Schneiden, dann wird der Tisch schön gedeckt und ein Glas Wein dazu getrunken“, erzählt Rolf Hechler.

Prinzessin Andrea verbringt ihre Freizeit auch gerne mit tanzen, lesen und Handarbeiten. Außerdem erledigt sie in Monheim alles mit dem Fahrrad – und das bei Wind und Wetter. Und so sieht man sie in diesen Tagen auch oft frisch frisiert von Mutter Gitta Schulz mit dem Krätzchen auf dem Kopf über die Alte Schulstraße radeln – unterwegs in die Prinzen-Altstadt Monheim am Rhein.

Autor:

Sabine Polster aus Monheim am Rhein

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