Mit „Nacht der Nächte“ geht es los

Die Filmreihe „Kirche und Kino“ von katholischer und evangelischer Kirche in Recklinghausen startet ins zweite Halbjahr.

Vier Paare aus vier Ländern der Welt erzählen über ihre Liebe. Und diese währt schon eine Ewigkeit, fünf Jahrzehnte - für junge Generationen schier unglaublich, irreal. Der Film „Die Nacht der Nächte“ beweist, dass es geht, und er zum Auftakt der Filmreihe „Kirche und Kino“ in das zweite Halbjahr am Mittwoch, 12. September, im Recklinghäuser „Cineworld“ zusehen.

Für ihren Dokumentarfilm über Paare aus dem Ruhrpott, Japan, Indien und den USA erhielten Yasemin und Nesrin Sandereli Anfang des Jahres den Bayerischen Filmpreis. Die Schwestern aus den nahen Dortmund sind nicht nur in Recklinghausen bekannt und geschätzt. „Almanya“ eröffnete 2011 das Kirchliche Filmfestival in Recklinghausen, die Tragikomödie avancierte zu einem der erfolgreichsten Kinofilme des Jahres. Nun holt der Arbeitskreis, der Filmfestival und Filmreihe organisiert, „Die Nacht der Nächte“ ins Kino Cineworld an der Kemnastraße. Vier Paare aus vier unterschiedlichen Ländern erzählen, wie sie zusammenkamen und über alle Schwierigkeiten hinweg zusammenblieben. Das schwule Männerpaar aus den USA musste sich gar erst 50 Jahre lieben, bis die Heirat möglich wurde. Von anderen wird die Heirat ganz ohne Liebe erwartet. Die Schilderungen dieser tragischen Lebensmomente sind bedrückend. „Vieles wird aber humorvoll dargestellt, obwohl das alles nicht so einfach gewesen ist“, sagt Joachim van Eickels, Mitglied des Arbeitskreises für die katholische Kirche. Der Zuschauer komme den Paaren sehr nahe. „Ich kann diesen Film nur sehr empfehlen, nicht nur als Eheberater.“ Besonderheit: Yasemin Samdereli kommt zur Vorführung nach Recklinghausen und stellt sich den Fragen des Publikums.

Drei weitere Filme gibt es in der Reihe noch bis zum Jahresende zu sehen. Die auf der jüngsten Berlinale viel beachtete deutsch-österreichische Ko-Produktion „Styx“ wird die Zuschauer am 10. Oktober einiges abverlangen. Darum geht es: Die erfolgreiche Ärztin Rike, Anfang 40, findet auf ihrem Segeltörn im Alleingang mit einer Zwölf-Meter-Yacht nicht die wohlverdiente Entspannung, sondern steuert sich durch einen Sturm mitten hinein in europäische Flüchtlingsdebatte. Vor ihr taucht ein überladenes Flüchtlingsboot auf, das zu kentern droht. Ein Kammerspiel vor der Küste Afrikas beginnt. Funksprüche mit der Bitte um Hilfe bleiben unerwidert. Rike muss eine Entscheidung treffen. „Ich bin sehr gespannt auf die Publikumsreaktionen und die Gespräche“, sagt Marc Gutzeit, Geschäftsführer des Kreisdekanats Recklinghausen.

In Kooperation mit dem Jüdischen Museum Dorsten und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit folgt am 14. November der Film „Foxtrot“. In Israel hat er eine politische Kontroverse und heftige Reaktionen bis tief in die Gesellschaft ausgelöst. Beim Filmfestival in Venedig erhielt der Film den großen Preis der Jury. Denn nachdem ein Architektenehepaar vom Tod ihres Sohnes im Dienst für das Vaterland an der Grenze gestorben ist, geht es nur vordergründig um Themen wie Verantwortung, Versöhnung, Wahrheit und Ehekrise. Tatsächlich geht es um den Umgang Israels mit den Palästinensern, um die Identität des Landes und die Aufarbeitung ihrer Geschichte. Joachim van Eickels fasst es so zusammen: „Es geht um den großen Ballast in einer modernen Zeit, wie die Nachgeborenen in einem bedrohten Land damit umgehen und versuchen, ihre Existenz und die Israels zu sichern.“

Zum Abschluss am 5. Dezember sieht man Charlize Theron in einer eher ungewohnten Rolle. In „Tully“ ist die Oscarpreisträgerin kein Sexsymbol, nicht stark und kämpfend. Als Marlo und junge Mutter zeigt sie sich am Rande des Nervenzusammenbruchs. Ausgelaugt haben sie die ersten beiden Kinder, und jetzt kommt noch ein Drittes hinzu. „Die drastischen Szenen lassen den Zuschauer erst ratlos zurück“, findet Julia Borries aus dem Arbeitskreis. Doch mit der Anstellung der Nacht-Nanny Tully, gespielt von Mackenzie Davis, kehrt die Lebens- und Mutterlust wieder zurück. „Der Film ist nicht unbedingt eine romantische Mutterglück-Komödie, sondern will die Wahrheit über Mutterschaft im Jahr 2018 zeigen“, sagt Julia Borries. „Tully“ ist der dritte Film von Jason Reitmann (Regie) und Diablo Cody (Drehbuch) und widmet sich nach „Juno“ und „Young Adult“ und zeigt Mütter in einer dritten Lebensphase. Die Aufführung im Cineworld findet in Kooperation mit der Frauenberatung Recklinghausen statt, eine Expertin der Einrichtung ist beim Gespräch nach Film dabei.

Das zehnte Kirchliche Filmfestival vom 20. bis 24. März ist derweil schon in Vorbereitung. Zum „kleinen Jubiläum“ wollen sich die Organisatoren etwas Besonderes einfallen lassen. „Wir wollen das Festival noch besser machen“, kündigt van Eickels an. Der Arbeitskreis „Kirche und Kino“, der zuletzt aus Julia Borries (Evangelischer Kirchenkreis), Marc Gutzeit und Joachim van Eickels (Katholische Kirche) bestand, ist zudem wieder paritätisch besetzt. Nach dem Ausscheiden von Thomas Damm ist Pfarrer Harald Wagner (Evangelische Kirchengemeinde RE-Ost) hinzugestoßen.

Info
- Filme: Mittwoch, 12. September, „Die Nacht der Nächte“; Mittwoch, 10. Oktober, „Styx“; Mittwoch, 14. November, „Foxtrot“; Mittwoch, 5. Dezember, „Tully“
- Veranstalter von „Kirche und Kino“ sind der Evangelische Kirchenkreis RE und das katholische Kreisdekanat RE in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kino & Filmkultur, dem Cineworld und dem Evangelischen Erwachsenenbildungswerk Westfalen-Lippe.
- Medien- und Religionspädagoge Michael Kleinschmidt führt stets in die Filme ein und leitet anschließend die Diskussion mit den Zuschauern.
- Alle Filme im Cineworld, Kemnastraße 3, Recklinghausen, beginnen um 20 Uhr. Karten gibt es dort auch im Vorverkauf zu 6/ 6,50/ 7 Euro.
- Internet: www.kircheundkino.de

Autor:

Michael Richter aus Recklinghausen

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