Bedingungsloses Grundeinkommen
Bedingungslos arbeiten ohne Mitgefühl

Gelegentlich findet man mich bei Veranstaltungen, an denen ich dann auch mit Informationen zum Bedingungslosen Grundeinkommen teilnehme. Dabei erlebt man im Grunde mittlerweile fast ausschließlich positive Gespräche. Seit ich im Jahr 2006 von diesem Thema überzeugt wurde, ist es für mich eine Herzensaufgabe geworden, das Bedingungslose Grundeinkommen gesellschaftsfähig mitzugestalten. Es braucht Gespräche, Ideen und eben auch Menschen, die sich für das Thema interessieren.

Es kommt jedoch auch vor, dass man Gespräche erlebt, bei denen einem manchmal wirklich die Worte fehlen. Schnell erkennt man, dass dem Gegenüber etwas fehlt: Empathie.

So begab es sich bei einer meiner Aktionen für das BGE, dass ein Pärchen die ausgelegten Info-Hefte vom Netzwerk Grundeinkommen sah. Nachdem wieder einige Menschen sich positiv zu dem Thema äußerten, kam diese EINE Begegnung. Kennt Ihr das? Es gibt immer „diesen einen“, der alles irgendwie schlecht oder kaputt macht.

Der Mann hatte durchaus Argumente geliefert, wieso er das BGE nicht gut findet, aber diese Argumente gingen nicht weit genug. Es fehlten zumeist die Zusammenhänge, Ursache und Wirkung. Diese Zusammenhänge versuchte ich herzustellen. Nach einer Zeit merkte ich, dass es ihn dann auch nervte. Nun, aber wir redeten über eine Negativsteuer, über den Europäischen Arbeitsmarkt, die Europäische Zentralbank (EZB) und Inflation.

Zu letzterem Thema erwähnte ich, dass die EZB ein großes Interesse daran hegt, Arbeitslosigkeit hochzuhalten, um ihre Preisstabilität gewährleistet zu bekommen. Die einzige Lösung, der Inflation entgegenzuwirken scheint zu sein, die Arbeitslosigkeit hochzuhalten, damit Erwerbstätige für geringere Löhne arbeiten, um somit die Produktivität zu halten und zu steigern.

„Möglicherweise wird Ihr Arbeitgeber daraufhin die Preise des Unternehmens anheben, um die höheren Gehälter für seine Mitarbeiter zu finanzieren. Geschieht dies in vielen Unternehmen, werden die Preise zahlreicher Produkte weiter steigen. Die Preisspirale dreht sich aufwärts. Spar- und Investitionsentscheidungen zu planen wird somit für Sie und die Unternehmen schwieriger. Das Vertrauen in die Währung, die schließlich rasch an Wert verliert, wird in der Bevölkerung womöglich schwinden. Dies sind nur einige wenige Beispiele für die negativen Nebenwirkungen hoher Inflationsraten.“

Quelle: EZB

„Nicht, dass die Brüsseler Behörde prinzipiell etwas dagegen hätte, wenn Spanier einen Job bekommen. Aber die Fachleute von Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sorgen sich zugleich um das makroökonomische Gleichgewicht. Das kann nach herrschender Lehrmeinung auch gestört werden, wenn man es mit der Vollbeschäftigung übertreibt – weil dann die Löhne zu schnell steigen und die Inflation in die Höhe treiben.“

Quelle: Manager-Magazin

Diesen Zusammenhang konnte mein Gesprächspartner jetzt nicht glauben. Wollte er auch nicht, weil dann sein ganzes Weltbild zusammenbrechen würde. Das darf nicht sein. Nein, darf es auch nicht. Deshalb müssen wir dem ja auch was entgegensetzen. Das Bedingungslose Grundeinkommen. Nachfrage stärken, Binnenmarkt stabilisieren. Beim Thema Export hatten wir tatsächlich eine Übereinstimmung: Ein übermäßiger Export ist falsch!

Während wir uns so unterhielten, schaute mich seine Frau, angespannt wie ein Flitzebogen, an und ich dachte: „Wieso sagt sie so gar nichts und regte sich nicht. Lebt sie überhaupt?“ Ja sie lebte. Bevor sie durch ihre Anspannung zu Glas zu zerbrechen drohte, sprang sie mir fast ins Gesicht. Sie ließ die üblichen dummen Kommentare raus wie: „Arbeitslose müssen arbeiten GEHEN.“ Ich fragte, wieso ein Mensch immer „arbeiten GEHEN“ muss?“ Oh, mit so einer Rückfrage kam sie gar nicht zurecht.

Ich versuchte sie mit der Idee zu konfrontieren, dass es noch mehr als nur die Erwerbsarbeit gäbe. Aber sie verfiel immer auf dieses „Arbeiten-Gehen“. Keine Chance, sie ein wenig dazu zu bewegen, dass Kindererziehung, Angehörige pflegen, Menschen über das BGE zu informieren auch Arbeit ist. Aber keine Erwerbsarbeit. Man arbeitet für eine wichtige Aufgabe, die es zu erfüllen gilt. Man arbeitet nicht für einen Unternehmer, der Geld machen will. Nein, über dieses Thema konnte ich nicht weiterreden, sie hörte nicht zu.

Sie meinte: „Bei einem Bedingungslosen Grundeinkommen muss der Mensch eine Arbeit aufnehmen“. Ich wagte es zu erwähnen: „Bedingungslos und Muss, merken Sie selbst, oder?“ Ohhhh und sie wurde noch ungehaltener. Sie ließ mich nicht ausreden, dann wurde mir das Wort im Mund umgedreht. An diesem Punkt kamen wir an übliche Verhaltensmechanismen von Diskutanten, die einer argumentativen Diskussion nicht gewachsen sind.

Lässt man jemanden nicht ausreden, besteht auch nicht die Gefahr, dass ein Argument auftaucht, welches Unsicherheit hervorruft. Also wird man zu einem verbalen Maschinengewehr. Um dann noch seiner Souveränität einen Anschein zu geben, die Kontrolle über das Gespräch zu haben, wird der Diskutant klein gemacht. Man gibt Aussagen völlig falsch wieder und der Diskutant kann diese nicht richtigstellen, weil man ja nicht mehr gegen den Wortschwall ankommt.

Diskussionen dieser Art gibt es immer wieder. Sie laufen auch nach den gleichen Ritualen ab. Mir ist das nicht neu, aber dennoch unangenehm. Eigentlich gehe ich dann auch, denn es bringt nichts, mit einer so hoch emotionalen Person ein sachliches Gespräch zu führen. Bei einer Veranstaltung ist das aber nicht so leicht.

Die Diskutantin begann nun, sich in einer „Ich-Ebene“ zu bewegen. Das heißt, ihre Erfahrungen waren nur auf das bezogen, was sie in ihrem eigenen Leben sieht. Das hat die Qualität von „mein Nachbar will einfach nicht arbeiten GEHEN.“ Und bei der Einstellung, die man an ihr erkennen konnte, konnte sie nur einen schlechten Blick auf Menschen haben. Es hieß nur „Meine Meinung“. Diese bezog sich natürlich auf die faulen Arbeitslosen. Ich erwähnte, dass mich Argumente und keine Meinungen interessieren. Oooohhh, sie explodierte weiter.

Ich hatte nur noch das Gefühl, dieser Unsäglichen Situation ein Ende machen zu wollen. Sie wurde laut, zeigte eine erbärmlich menschenverachtende Haltung gegenüber ihren Mitmenschen. Und wie kann man sich schnell einer Person entledigen? Indem man ihr einen Spiegel vorhält.

Ich sagte: „Sie sollten mal ihr Menschenbild überdenken.“ Sie drehte sich empört um und ging. Das hat ja dann funktioniert. Ihr Mann stand verblüfft da, wusste jetzt gar nicht, was passiert ist und…. ging seiner Frau hinterher.

Meine Neugierde jedoch bleibt, was bei dieser Frau schiefläuft, dass sie so voller Abneigung ist. Ob ihr ein Bedingungsloses Grundeinkommen guttäte? Oder berührt dieses Thema ihre Ängste, weil sie sich sonst alleine fühlen würde. Auch das ist ein Thema: Menschen, die nur die Erwerbsarbeit kennen und sich in ihrem Leben ohne Anleitung nicht ohne Weiteres bewegen können. Auch diesen Ansatz nehme ich sehr ernst.

Ich gebe zu, bei so einer Haltung und Unmenschlichkeit einen Puls von 180 zubekommen und hoffte auf schnelle Beruhigung. Da kam eine Dame des Weges mit einem Strauß frischgepflückter Heilkräuter. Wir kamen darüber ins Gespräch und wieder einmal halfen mir diese Kräuterlinge auf einer anderen Art über meinen zu hohem Blutdruck hinweg.

Das Leben schickt einem immer die Menschen, die man braucht.

Hier mal ein Beitrag von Sarah Bosetti über das Mitgefühl:

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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