Corona: Impfungen im Kreis Recklinghausen haben begonnen

Jürgen Popp und Ruth-Marie Janowski aus Marl erhalten erste Impfdosen

Im Julie-Kolb-Seniorenzentrum in Marl haben am gestrigen Sonntag, 27. Dezember, vier Ärzte mit der Corona-Schutzimpfung begonnen. Alle 180 Impfdosen sind an die Bewohner verteilt worden, die übrigen Bewohner eines Wohnbereichs und große Teile des medizinischen Personals stehen bereits für einen zweiten Impftermin in den Startlöchern.

"Impfen ist besser als nicht impfen" – so brachte Jürgen Popp es auf den Punkt. Angst vor dem Impfstoff oder vor der Spritze habe er nicht, sagte der 62-Jährige, der bereits seit einigen Jahren im Juli-Kolb-Seniorenzentrum in Marl lebt. Er war der erste, der den Impfstoff verabreicht bekam. Direkt nach ihm war Ruth-Marie Janowski (90) an der Reihe. "Ich freue mich, dass der Impfstoff nun da ist. Dass ich gesund bleibe, auch im hohen Alter. Ich möchte das alles nicht durchmachen", erklärte sie. Gedanken gemacht habe sie sich vorher dennoch. Aber nicht, weil sie Angst vor Nebenwirkungen oder ähnlichem hatte, sondern weil sie anderen den Vortritt lassen wollte: "Ich bin schon alt, vielleicht lohnt das für mich nicht mehr. Dann kann ich das für eine junge Dame abgeben", berichtete sie von ihren Überlegungen. Aber als sie dann von einer Bekannten hörte, wie schlimm die Krankheit verlaufen könne, entschied sie sich für die Schutzimpfung.
Bis die Impfung im größten Seniorenzentrum des Kreises Recklinghausen losgehen kann, ist noch einiges vorzubereiten. Allem voran der Impfstoff.

Aufbereitung des Impfstoff-Konzentrats kurz vor dem Impfen 

Dieser kam schon in den frühen Morgenstunden in kleinen Ampullen als Konzentrat, das dann kurz vor dem Impfen aufbereitet werden musste. Das ist auch für die vier Ärzte Dr. Ulrike Bürgel-Elbers, Dr. Serkan Sereflioglu, Dr. Angelika und Dr. Markus Böddeker, die die Bewohner der Einrichtung auch sonst betreuen, eine neue Herausforderung. Normalerweise kommt Impfstoff als fertiges Präparat. Nach einem ersten gemeinsamen Antasten, streng entlang der mitgelieferten Anweisungen, bereiteten die Mediziner mehrere Spritzen vor.
Auf einem Tablett gelegen wanderten die fertigen Dosen langsam und vorsichtig in das Impfzimmer. Dort warteten bereits die beiden Impflinge. Jürgen Popp war der erste. Während die Mitarbeiter applaudierten, krempelte der Rentner sein T-Shirt hoch. Dr. Sereflioglu desinfizierte die Haut am Oberarm, setzt die Nadel an – und nach wenigen Sekunden waren die 0,3 Milliliter Impfstoff in den Muskel injiziert. Auf die Frage, ob es ihm gut gehe, erwiderte Popp ein gut gelauntes "Ja sicher!".
Dann ging es weiter zu Ruth-Marie Janowski. Auch sie zuckte nicht mit der Wimper, als die Spritze mit der dünnen Nadel angesetzt wurde. "Bin ich schon fertig?", fragte sie kurz darauf ungläubig, als auch für sie das Personal in die Hände klatschte. Nun hieß es für beide noch kurz warten, bevor es wieder zurück auf die Zimmer ging. Bis dahin beobachteten die Pfleger und Ärzte ganz genau, ob die Senioren die Impfung gut vertragen.

Viel Vorbereitung für das Team des Seniorenzentrums

Damit der Impfstart kurz nach Weihnachten gelingen konnte, hatten vor allem Gisela Kreutz und ihr Team einiges zu tun: Jeder Bewohner, oder in einigen Fällen auch ein Betreuer, mussten sein schriftliches Einverständnis geben. Ein Raum für die Aufbereitung des Impfstoffs und einer für die Impfung selbst mussten bereitgestellt werden. Alle Impfausweise mussten vorliegen und vorbereitet sein.
In Vierergruppen wurden die Bewohner zum Impfzimmer geführt. Während die einen geimpft wurden, holten die Mitarbeiter bereits die nächsten. "Die Impfbereitschaft in unserem Haus ist sehr groß. Von unseren 210 Bewohnerinnen und Bewohnern wollen sich fast alle impfen lassen. Bei den Mitarbeitern sind wir nach den jetzigen Abfragen bei über 60 Prozent. Da entsteht aber auch immer mehr Sicherheit. Gespräche mit Ärzten können in vielen Fällen die Ängste vor dem Medikament nehmen", berichtete Einrichtungsleitung Kreutz.
Blickt sie zurück auf die letzten Monate, brachte ihr der Impfstart vor allem eines: Erleichterung. "Wir alle erhoffen uns, wieder in eine Normalität zu kommen. Unser Alltag war zuletzt immer begleitet von der Angst, dass unsere Bewohner oder auch Mitarbeiter erkranken. Ich freue mich darauf, dieses Gefühl nicht mehr haben zu müssen."

Bürgermeister und Landrat freuen sich über gelungenen Start

Bürgermeister Werner Arndt sieht die Impfungen in den Altenheimen als wichtigen Schritt, mit dem die "besonders gefährdeten, älteren Menschen in unserer Gesellschaft" geschützt werden können. "Für die Menschen in Marl ist es ein ermutigendes Signal, dass die Impfungen in unserer Stadt beginnen", stellt Arndt fest. Wobei es auch in den anderen Städten bald losgehen wird, wie Landrat Bodo Klimpel betont: "Wir haben die Zusage, in Kürze und dann auch regelmäßig weiteren Impfstoff zu bekommen. Das bedeutet, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis auch in den anderen neun Städten die ersten Senioren- und Pflegeeinrichtungen versorgt sind."