Frank Bomers hat einen immer noch exotischen Beruf
Tagesvater der "Rasselbande"

Frank Bomers ist Tagesvater der „Rasselbande“. Foto: Pielorz
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Er war Seemann, ist Diplom-Pädagoge. Er war Kindermann und ist heute Tagesvater. Der 53jährige Frank Bomers schultert einen ganzen Haufen Lebenserfahrung und die bringt er mit, wenn er morgens um 7 Uhr den Schlüssel umdreht in der Großtagespflege „Rasselbande“ mitten in Sprockhövel. Gemeinsam mit Tagesmutter und Heilerziehungspflegerin Melanie Hunkow betreuen sie dort selbstständig Kinder zwischen 0 und 3 Jahren.

„Als Tagesvater bin ich immer noch ein Exot in der Kinderbetreuung“, lacht er. Rund 43.000 Tagesmütter gibt es derzeit in Deutschland und nur 1700 Tagesväter. Daher war es auch nicht so einfach, für das Gespräch einen Tagesvater im Ennepe-Ruhr-Kreis zu finden. Ein Grund dafür ist der schlechte soziale Stellenwert des Berufes. „Es gibt immer noch viele Menschen, insbesondere viele Männer, die glauben, die Betreuung von Kindern sei kein richtiger Beruf, sondern etwas, was man nebenbei mache. Ein Tagesvater steigt die Karriereleiter nicht hoch“, überlegt Bomers. Dabei ist der Job nicht nur wichtig, sondern überaus erfüllend. „Kinderlachen ist für mich das schönste Geräusch der Welt“, sagt Bomers, auch selbst Vater, aus tiefer Überzeugung.
Vorgezeichnet war sein Weg als Tagesvater allerdings nicht. „Ich komme aus Bochum-Wattenscheid, habe aber viele Jahre in Norddeutschland gelebt. Ich bin 14 Jahre bei der Marine gewesen und habe in Hamburg an der Hochschule der Bundeswehr studiert. Später habe ich mich an Land versetzen lassen, weil ich Vater geworden war und meine Tochter nicht erst kennenlernen wollte, wenn ich ihr den Führerschein finanziere. Familie und Seefahrt sind schwierig miteinander zu verbinden“, erzählt er. Zwischenzeitlich habe er auch einmal versucht, sein Hobby Holzwerken zum Beruf zu machen und eine Lehre als Zimmermann begonnen. Es habe sogar eine Zeit in seinem Leben gegeben, wo er ohne einen Job gewesen sei. „Fahrt aufgenommen hat alles, als mich eine Bekannte fragte, die für ihren 8jährigen Sohn eine Betreuung suchte, ob ich das nicht machen könnte. Ich kannte ihren Sohn, ich hatte eine passende Ausbildung – also habe ich zugestimmt. Die Betreuung fand dann immer in der Wohnung des Jungen statt. Und das nennt man dann Kindermann, passend zu der Kinderfrau. Früher hätte man wohl Gouvernante dazu gesagt. Und weil es mir Spaß machte, habe ich Kontakte zum Jugendamt gesucht und gefragt, was ich machen muss, um aus dieser Betreuung einen Job zu machen. So habe ich 2010 die Qualifizierung zur Kindertagespflegeperson absolviert.“ Das ist übrigens kein Ausbildungsberuf. Auch eine sozialpädagogische Ausbildung ist keine Voraussetzung für die Qualifikation. Doch Frank Bomers als Diplom-Pädagoge war natürlich mitten im Thema.
Am Anfang, so Bomers, habe er mehrere Kinder jeweils einzeln betreut und sei als Kindermann von Haushalt zu Haushalt gefahren. „Heute betreue ich als Tagesvater mehrere Kinder an einem Ort“. Und dieser Ort heißt seit 2014 Sprockhövel. Zunächst wurde die „Rasselbande“ als erste Großtagespflegestelle in Sprockhövel im Eickersiepen betreut, dann erfolgte der Umzug in passgenau eingerichtete Räume mitten im Ortskern, in der alten Verwaltungsnebenstelle in der Hauptstraße 44. Dort gibt es alles, was das kleine Kinderherz begehrt: Platz zum Toben und Spielen, eine Küche mit kindergerechten Tischen und Stühlen, zwei Schlafräume für die Kinder und einen Außenbereich. Durch den angrenzenden öffentlichen Spielplatz besteht auch die Möglichkeit, noch mehr mit den Kindern draußen zu unternehmen. „Maximal neun Kindern können wir hier betreuen. Die Kinder sind zwischen 0 und drei Jahren alt“, erzählt der Tagesvater. Ganz wichtig sei dabei der Kontakt zu den Erziehungsberechtigten. „Wir arbeiten sehr individuell und können das in der kleinen Gruppe auch tun. Von morgens 7 Uhr bis zum Nachmittag 16 Uhr können individuell die Betreuungszeiten gebucht werden. Allerdings entspricht es unserem Konzept und der Erfahrung, dass die Kinder mindestens vier Tage pro Woche und mindestens 30 Stunden bei uns sein sollten. Kinder müssen sich in die Gruppe integrieren und zu uns als Betreuer auch eine emotionale Bindung aufbauen. Beides gelingt nur schlecht, wenn sie zu wenig in der Gruppe sind. Die Betreuung wird dann manches Mal sogar als Bestrafung empfunden. Das darf natürlich nicht sein und deshalb haben wir diese Regelung getroffen. Das klappt auch gut. Unsere Kinder besuchen in der Regel nach der Tagespflege ab drei Jahren eine Kindertageseinrichtung. Wir bereiten die Kinder auf den anstehenden Wechsel in eine größere Gruppe vor. Dabei ist uns von Anfang an wichtig, dass wir mit den Eltern eine gute Kommunikation auf der Basis gleicher Werte haben. Das muss einfach passen und lässt sich gut in einem persönlichen Gespräch erörtern.“ Manchmal, so Bomers, komme es auch vor, dass gezielt nach einer Tagesbetreuung mit einer männlichen Bezugsperson gesucht würde. „Man sieht es dann durchaus als einen Vorteil an, weil die Kinder in der Regel bis zur weiterführenden Schule außerhalb der Familie oft nur weibliche Bezugspersonen erleben.“
Für Bomers ist die Beobachtung und Begleitung der ersten Entwicklungsschritte eines Kindes spannend und faszinierend. „Niemals wieder lernt ein Kind so viel in so kurzer Zeit wie am Anfang seines Lebens. Es ist unglaublich schön, diese Entwicklung begleiten zu dürfen.“ Deshalb möchte der Tagesvater ausdrücklich dazu ermuntern, sich auch als Mann auf einen Job in der Tagespflege einzulassen. „Wir sind offen für Praktikanten. Wer Kinder mag und bereit ist, sich auf sie einzulassen und mit ihnen die Welt zu erkunden, ist herzlich willkommen.“

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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