Kulturgutachten im Ausschuss vorgestellt

Am 03.12. um 17.00 Uhr war es soweit. Das von der Stadt Unna beauftragte Gutachten wurde im Kulturausschuss vorgestellt. Es waren volle Ränge, viele Besucher mussten stehen oder sich auf die Stufen setzen. Eine 92-seitige Präsentation wurde von den Gutachtern vorgestellt. Viel zitiert wird die Kernaussage des Gutachtens:

"Unna hat die Potentiale, sich zu einer national und
international angesehenen Stadt der Künste, der Kultur
und der Kreativitätswirtschaft weiter zu entwickeln"

Sobald die Haushaltslage der Stadt dies zulässt, sollte
diese Entwicklung vorangetrieben werden"

Das hört sich ja erstmal toll an. Wir leben in einer Stadt, die mit etwas Mühe zu nationalem und internationalem Ansehen kommen kann. Das hört man natürlich gerne. Auch wenn ich jetzt mal wieder die Spaßbremse spiele: Wie wichtig ist dieses Ansehen für die Bürger dieser Stadt, die die Zeche zahlen sollen? Wir erinnern uns: schon jetzt musste die Grundsteuer B massiv angehoben werden um den Haushalt zu retten. Die Stadt Unna ist in Haushaltssicherung, da verbietet sich eigentlich jeder Gedanke an nationales und internationales Ansehen.

Als Nächstes ging es um mögliche Rechtsformen. Die Lindenbrauerei als Verein weiterzuführen, macht nach Meinung der Gutachter Sinn, weil im Verein die Mitglieder sich stärker verbunden fühlen, engagierter sind und auch regelmäßig unentgeltlich mitarbeiten. Die Stadthallen GmbH soll auch so weiter geführt werden, allerdings sollte hier die Stadt 100% der Anteile halten und ein Aufsichtsrat gestellt werden. Für die Kulturbetriebe gibt es die Idee, diese in eine gemeinnützige GmbH zu überführen und den Wirtschaftsbetrieben als Tochter zuzuordnen. Die WBU könnten dann Gewinne direkt an die Tochter ausschütten und 15.8 % Kapitalertragssteuer sparen. Allerdings würden damit die wirtschaftlichen Verhältnisse erheblich undurchsichtiger. Ob das geht, ist rechtlich allerdings noch nicht sicher.

Dann ging es um die Konsolidierung der Lindenbrauerei. Die Gutachter gehen davon aus, dass der Kulturverein in 2 bis 3 Jahren konsolidiert werden kann, was eine gute Nachricht ist. Es wurden Ursachen für die Finanzprobleme benannt und Ideen entwickelt. Eins ist klar, ohne eine Aufstockung des Zuschusses um 30.000 Euro jährlich und Investitionen in Um-und Ausbau wird es nicht gehen. An dieser Stelle hat sich die Beurteilung von außen sicher gelohnt.

Zur Stadthalle wurde gesagt, dass die Stadthallen GmbH rundherum gut arbeitet und dass man mit dem jährlichen Verlustausgleich von 630.000 Euro leben muss. Einsparungen bei den Außenveranstaltungen wie Festa Italiana und Stadtfest werden nicht empfohlen, da (Zitat):

"Einsparungen wären jedoch mit Einschränkungen in der
überregionalen Ausstrahlung, der Attraktivität, der
Attraktivität für Sponsoren und der Einbeziehung der
Massenerstraße in das Stadtfest verbunden. Daher wird
davon abgeraten."

Also, auch hier geht es um Ausstrahlung, nicht um Kostenersparnisse.

In der weiteren Ausführung ging es um den Kulturbereich der Stadt Unna. Dieser wurde in der Vergangenheit durch Personalabbau und Personalwechsel massiv geschwächt, so dass er nach Meinung der Gutachter in seiner Aufgabenerfüllung, die Kultur in Unna zu stärken, massiv geschwächt wurde. Wichtige Ziele können daher nur begrenzt erreicht werden und daher droht ein Verlust an Standortattraktivität durch Kultur.

Auch der Lichtkunst wird, obwohl eigentlich aus dem Gutachten ausgeschlossen, eine Passage gewidmet. Das Internationale Zentrum für Lichtkunst ist nach Meinung der Gutachter der wichtigste Leistungsbestandteil der Kulturarbeit mit dem Unna national und international bekannt wird. Wenn man das anstrebt, mag das so sein. Aber 25.000 Besucher im Jahr, wenn sie denn tatsächlich erreicht werden, verblassen gegenüber 100.000 Besuchern des Kulturzentrums doch deutlich. Beim Lichtkunstzentrum sehen die Gutachter einen Zuschussbedarf von 150.000 Euro. Die weiteren Angebote des Kulturbereiches von Theaterabos über Hellwegmuseum, Stadtarchiv, Mord am Hellweg, Sommerprogramm, Schule und Kultur, Bildende Kunst, Extraschicht, Medienkunstraum, I-Punkt bis zum Kreativquartier werden lobend erwähnt, aber als zu gering bezuschusst angesehen. Fasst man den Zuschussbedarf an der jeweils unteren Grenze mal zusammen, kommen die Gutachter auf einen Zuschussbedarf nur für den Kulturbereich der Stadt auf ca 479.000 Euro. Ein guter Teil könnte durch Fördermittel aufgebracht werden, aber es bleibt immer noch ein ziemlicher Batzen übrig. Hinzu kämen noch die Zuschüsse für Umbaumassnahmen und Konsolidierung der Lindenbrauerei und Lichtkunstzentrum. Und die 630.000 Euro jährliche Zuschüsse für die Stadthallen GmbH sind auch noch aufzubringen. Und wenn wir von Fördermitteln sprechen, sollten wir bedenken, dass auch dieses öffentliche Gelder sind, die schwerpunktmäßig vom Land und damit auch vom Steuerzahler aufgebracht werden.

Für mich persönlich war dieses Gutachten eine Enttäuschung. Aber wahrscheinlich hatte ich die falschen Erwartungen. Ich hatte eigentlich auch Sparvorschläge erwartet, aber das war anscheinend nicht die Aufgabenstellung. Die Gutachter haben geliefert, das ist keine Frage. Was haben wir nun für 50.000 Euro bekommen? Wir haben eine fundierte Untersuchung der Probleme der Lindenbrauerei bekommen, mit entsprechenden Lösungsvorschlägen. Auf viele dieser Dinge wäre man mit etwas Nachdenken auch in einer offenen Diskussion selbst gekommen. Aber manchmal wird eine Bewertung von außen einfach ernster genommen, da keine persönlichen Befindlichkeiten im Raum stehen. Ok, soweit, so gut. Aber der Rest? Da wurden Luftschlösser gebaut, Wünsch-Dir-was gespielt. Mit dem entsprechenden Geld, kann man natürlich zu nationalem und internationalem Ruhm in der Kunstszene kommen. Und dieser Ruhm, dieses überregionale Ansehen, das Schaffen von Leuchtturmprojekten stand klar im Mittelpunkt dieses Gutachtens. Und die Frage, die sich mir stellt ist : Wollen wir Bürger das wirklich? Mal abgesehen von dem Sich-Leisten-Können.. Was für eine Art von Kulturleben wünschen wir uns? Wollen wir die großen tollen Projekte, oder wollen wir eine niederschwellige, bunte und manchmal ganz kleine Kultur am Straßenrand? Natürlich kostet Kultur Geld und oft ist dieses Geld auch gut angelegt, wie, meiner Meinung nach, im Kulturzentrum Lindenbrauerei. Aber muss Kultur immer 6 oder 7stellige Beträge kosten? Wie elitär soll unsere Kultur sein? Sind wir bereit unser erarbeitetes Geld für internationales Ansehen auszugeben? Wenn ein großer Teil der Unnaer Bürger das mit "Ja" beantwortet, soll es mir recht sein. Aber daran glaube ich nicht wirklich. Der Rat der Stadt Unna wird das Gutachten zum Anlass nehmen, weiter genauso Kultur zu machen, wie in den letzten Jahren. Wir haben 50.000 Euro dafür ausgegeben, der Politik diese Bestätigung zu geben. Gut ausgegebenes Geld? Das muss jeder Bürger für sich entscheiden. Meiner Ansicht nach hätte man es besser direkt in die Kulturarbeit gesteckt oder ein paar andere Investitionen im Jugend- Sozial- oder Tierschutzbereich getätigt.

Die Original-Präsentation mit allen Vorschlägen findet man hier.

Autor:

Heike Palm aus Unna

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