Comedian tritt beim Zeltfestival Ruhr mit seinem Programm "Lassmalache" auf
Bülent Ceylan im Exklusiv-Interview ganz privat: "Das Wichtigste ist, dass du immer authentisch bist"

Lustiger Typ mit ernsthaften Gedanken: Bülent Ceylan spricht im Interview offen über sein Privatleben. Foto: Gaudenz Danuser
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  • Lustiger Typ mit ernsthaften Gedanken: Bülent Ceylan spricht im Interview offen über sein Privatleben. Foto: Gaudenz Danuser
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Bevor Comedian Bülent Ceylan am 28. August mit seinem aktuellen Programm "Lassmalache" Station macht beim Zeltfestival Ruhr, hat er dem Stadtspiegel Bochum ein Exklusiv-Interview gegeben. Herausgekommen ist ein sehr persönliches Gespräch über Dialekt und Charakter, Privatsphäre und Bodyguards, Anfeindungen und die AfD.

von Dietmar Nolte

Hallo Bülent Ceylan, sprechen wir denn jetzt mit dem Privatmenschen oder der Bühnenfigur?
Bülent Ceylan: Ich bin immer Bülent. Natürlich musst du auf der Bühne immer mehr Gas geben und entertainen. Meine Familie und meine Freunde wissen auch, dass ich die Bühne brauche. Privat komme ich dann nicht nach Hause und mache nur Rock’n’Roll. Da gibt es dann eher den Bülent, der gerade redet. (lacht) Sonst könnten wir jetzt auch kein Interview führen. Das Wichtigste ist aber, dass du immer authentisch bist und authentisch bleibst. Das gilt auch für die Sprache, auch wenn du Dialekt sprichst.

Der Dialekt gehört also zu Ihnen wie Mannheim und lange Haare?
Ich habe früher mal versucht, Hochdeutsch zu sprechen. Das klang dann so hochgestochen, dass die Menschen mir gesagt haben: Das bist doch nicht du! Was ich mit dem Beispiel sagen will: Du musst dir selbst immer treu bleiben. Dann kommt es auch authentisch rüber, das wünschen sich doch auch die Zuschauer. Und dann bist du auch sympathisch. Wenn dir einer ständig etwas vorspielt, merkt man das irgendwann. Und das spricht sich auch rum. Da geht es mir übrigens nicht anders als den Zuschauern.

Das klingt nach schlechten Erfahrungen…
Ich kenne auch die Menschen, die man aus der Ferne für total sympathisch hält. Und dann triffst du die Person und stellst fest: Der ist privat aber ganz schön arrogant. (lacht) Wenn mich die Fans manchmal auf den einen oder anderen Kollegen ansprechen, dann sage ich dazu lieber nichts. Manche sagen ja auch, der Erfolg kann einen Menschen zum A…loch machen. Ich denke aber, das ist eine Frage des Charakters. Das steckt in dir. Wenn du dann Erfolg hast, wirst du vielleicht noch ein größeres A…loch.

"Ich habe keine Mauer um mein Haus"

Wie weit verändert denn Erfolg? Wie weit hat er Ihr Leben verändert?
Klar verändert Erfolg auch. Du suchst dir zum Beispiel eine Wohnung oder ein Haus, wo du mit deiner Familie auch mal deine Ruhe hast und nicht ständig unter Beobachtung stehst. Das ist doch normal. Aber ich habe auch keine riesige Mauer oder einen Zaun um mein Haus. Die Leute hier sind auch anständig und klingeln nicht dauernd an. Sie finden es schön, dass ich hier wohne und nicht in Berlin oder sonst wo. Und sie lassen mir meine Privatsphäre.

Ihre Familie spielt öffentlich keine Rolle – weil es für Sie ein Rückzugsort ist oder auch, um Frau und Kinder zu schützen?
Es ist für mich sicher ein Rückzugsort. Aber meine Familie möchte auch selbst nicht in der Öffentlichkeit stehen. Wenn Paparazzi dich dann heimlich mit deiner Frau fotografieren, musst du dagegen auch mal angehen. Ich sage immer: Mich könnt ihr alle jederzeit gerne fotografieren. (lacht) Na ja, vielleicht nicht gerade nackig. Aber das ist generell okay, ich stehe schließlich in der Öffentlichkeit. Aber bei meiner Frau und meinen Kindern erwarte ich einfach den Respekt, ihre Privatsphäre zu akzeptieren. Immerhin spreche ich ja inzwischen selbst darüber, dass ich Frau und Kinder habe.

Früher haben Sie das Thema ganz ausgespart. Hat es einen bestimmten Grund, dass Sie jetzt etwas anders damit umgehen?
(lacht) Zum einen bin ich in dem Alter, wo sich sonst der eine oder andere fragt: Hey, was ist mit dem los? Ist das so ein Casanova? Nein, im Ernst. Ich habe seit ein paar Jahren eine Kinderstiftung und in den Köpfen der Menschen weißt du eher, wovon du dann sprichst, wenn du selbst Vater bist. Das hat für mich auch wieder etwas mit Authentizität zu tun. Es ist einfach noch glaubwürdiger, dass ich als Vater mich für Kinder engagiere und einsetze. Wenn es Kindern gesundheitlich oder auch wirtschaftlich nicht gut geht, ist das einfach krass und man muss etwas für diese Kinder und Familien tun. Als Vater wird dir das noch bewusster. Daher war es mir wichtig, darüber etwas offener zu sprechen.

"Meine Mama ist ganz stolz auf mich"

Über Ihre Mutter sprechen Sie noch offener, auch in Ihren Programmen.
Meine Mama ist damit ganz cool. Ich habe sie natürlich vorher gefragt. Wenn sie zum Bäcker geht, dann gibt‘ auch ein Brötchen mehr, weil sie die Frau Ceylan ist. (lacht) Sie ist auch ganz stolz auf mich. Wenn ich bei uns unterwegs bin, habe ich manchmal eine Mütze auf, so dass die Haare ein bisschen versteckt sind. Und wenn ich dann mit Mama unterwegs bin, sagt sie schon mal: Warum nimmst du denn die Mütze nicht ab, die Leute erkennen dich doch sonst gar nicht? (lacht) Meine Mama ist wirklich sehr stolz, aber sie darf auch ein bisschen angeben. Das nimmt ihr niemand krumm.

Stimmt es eigentlich, dass Sie selbst öfter mit einem eigenen Bodyguard unterwegs sind?
Bodyguard wäre doch etwas zu hoch gegriffen. Ich würde es eher Tourbetreuer nennen. Das ist auch nicht der Fall, wenn ich privat unterwegs bin, mit meiner Familie etwas mache oder im Urlaub bin. Da ist er nicht dabei. So weit sind wir zum Glück nicht, ich bin ja auch kein Politiker. Privat möchte ich einfach mal für mich sein. Ali ist ein guter Freund, aber eben mehr ein Tourbetreuer, er fährt zum Beispiel das Auto. Auf Tour ist es dann auch schön, nicht immer allein unterwegs zu sein. (lacht) Aber Ali könnte sicher auch als Bodyguard eingreifen, das kann er auch.

War das schon mal nötig?
Als ich über Erdogan ein paar Witze gemacht habe, die den einen oder anderen zornig gemacht haben, war es ganz angenehm, jemanden dabei zu haben, der auch noch ganz stabil aussieht. (lacht) Aber das ist wirklich nicht seine Aufgabe. Ich kenne ihn schon seit über zehn Jahren, er macht wirklich sehr viel für mich.

"Ich hoffe, dass Komiker in diesem Land keinen Polizeischutz brauchen"

Müssen Sie häufiger mit Anfeindungen leben, weil Sie in Ihren Comedy-Programmen auch mal deutlich werden?
Es passiert schon mal bei Social Media, dass du komische Kommentare bekommst. Aber es hält sich sonst Gott sei Dank in Grenzen. Ich bin immer noch Komiker. Und ich hoffe, dass Komiker in diesem Land keinen Polizeischutz brauchen. Es wäre einfach traurig, wenn es mal so weit käme. Man muss immer seine Meinung sagen können. Aber auch mir machen manche Entwicklungen Sorge. Wenn man sieht, dass Politiker von einem Nazi ermordet werden wie jetzt in Hessen, da fragt man sich schon: Was geht denn hier ab? Das kann doch nicht wahr sein! Dann machst du dir schon Gedanken. Und so etwas macht auch Angst.

Ist das Klima in unserer Gesellschaft insgesamt rauer, extremer geworden?
Auf jeden Fall, und da spielen natürlich auch Parteien wie die AfD eine Rolle. Dabei geht es weniger um die Menschen, die diese Partei wählen. Es geht um die Politiker, die teilweise noch in der AfD sind wie zum Beispiel Björn Höcke. Da müsstest du dich als Partei ganz klar abgrenzen. Wenn ich in meiner Mannschaft jemanden hätte, der sich richtig daneben benimmt, so dass es am Ende auch Bülent Ceylan schädigen würde, dann muss ich mich von dem trennen. Ich stehe klar gegen Rassismus ein, da könnte in meiner Mannschaft keiner einen rassistischen Spruch bringen. Es mag immer und überall mal schwarze Schafe geben, aber dann musst du knallhart handeln. Und das macht die AfD für mich viel zu wenig. Eigentlich gar nicht. Das erwarte ich aber von einer demokratisch gewählten, parlamentarischen Partei.

Jetzt haben wir sehr viel über Sie als Mensch gesprochen, aber nicht ein Wort über Ihr Programm „Lassmalache“, mit dem Sie beim Zeltfestival Ruhr zu Gast sind.
Ich finde es auch cool, den Zuschauern mal zu zeigen, für wen sie sich da überhaupt ein Ticket kaufen. (lacht) Das Programm selbst kann man sich ja angucken. Und so bleibt‘s auch ein bisschen spannend, wenn man nicht schon vorher alles weiß. Ich finde es cooler, wenn die Zuschauer mit einem solchen Interview die Person näher kennenlernen und etwas über den Menschen erfahren. Ich selbst möchte bei Künstlern auch immer gern wissen: Was hat er denn für eine Einstellung? Wofür setzt er sich ein? Ich möchte mit dem Menschen etwas verbinden. Da sind für mich Sympathie und Wärme unheimlich wichtig. Und dann habe ich auch Lust, mir ein Programm anzusehen.

Infos und Tickets: www.zeltfestival-ruhr.de

Lustiger Typ mit ernsthaften Gedanken: Bülent Ceylan spricht im Interview offen über sein Privatleben. Foto: Gaudenz Danuser
Am 28. August tritt Bülent Ceylan beim Zeltfestival Ruhr auf. Foto: Gaudenz Danuser
Autor:

Dietmar Nolte aus Dortmund-West

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