Warum nicht mal ins Kunstmuseum Gelsenkirchen?

Natur prallt auf Industrie: ein bekanntes Bild im "Kohlenpott"
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Eins ist klar: Vor Kunst muss man keine Angst haben. Trotzdem ist die Hemmschwelle bei vielen Menschen groß, sich damit zu beschäftigen. Das liegt nicht zuletzt am elitären Image, das vielen Kunstbegeisterten nachhängt.

Das Gelsenkirchener Kunstmuseum jedoch ermöglicht den Einstieg in diese faszinierende Materie spielend einfach - und das kann man wortwörtlich nehmen. Denn die kinetische Sammlung des Museums weckt den Spieltrieb in den Besuchern und lässt sie Kunst erleben; hier kann angefasst, verschoben, gehört und sogar gestreichelt werden.

Direkt zu Beginn lockt ein großer Gong, geschlagen zu werden. Er ist - wie viele andere Objekte in der Kinetik - mit einer grünen Hand gekennzeichnet: hier kann der Besucher selbst aktiv werden, Teil der Kunst, sozusagen. Schön klingt er und je nach Kraft und Platzierung des Schlags auch immer anders.

An fast jedem Objekt möchte man länger verweilen, wenn auch nur, um endlich herauszufinden „wie das funktioniert“. Der Spieltrieb und die Neugierde wird geweckt: Wieso sehe ich hier so viele gleiche Formen, kann aber ihren Ursprung nicht erkennen? Was für industrielle Produkte wurden hier verarbeitet, um ein interaktives Kunststück zu kreieren? Woher kommt der „unendliche Raum“ in diesem Museum?

Neben optischen Täuschungen und haptischen Gegenständen (Wie einer Spanischen Fliege mit österreichischen Akzent) werden auch Lichtinstallationen gezeigt und sehr interessante akkustische Objekte, die auf Bewegung reagieren. Auch Pusten kann man in der Kinetik und sehen, wie damit Kugeln zum Rollen gebracht werden oder Leinenkonstruktionen zu schweben beginnen.

Doch nicht nur kinetische Kunstobjekte zieren das Kunstmuseum an der Horster Straße: auch Malerei, Skultpuren und Grafiken warten darauf, entdeckt zu werden. „Die ältesten Stücke unserer Sammlung sind aus dem 19. Jahrhundert“, erklärt Leane Schäfer, Leiterin des Kunstmuseums.

Die Malereien sind in Themenbereiche unterteilt und aufgehängt, was es auch für Laien leicht macht, die Werke zu interpretieren und Spaß an Kunst zu entwickeln. „Wir bieten regelmäßige, teils themengebundene, Führungen an, in denen sich die Besucher intensiv mit den Kunstwerken auseinandersetzen können“, berichtet Schäfer. Alle 14 Tage findet sonntags eine öffentliche (das heißt kostenlose) Führung statt.

Nicht nur auf den ersten Blick beeindruckend ist die Gemälde-Sammlung. Gleich im Eingangsbereich der themenbezogenen-Sammlungen hängt „La Poubelle“ von Klaus Ritterbusch; eine unterirdische Abfallverwertungsanlage ist hier in Öl auf Leinwand gemalt, ein gigantisches Werk das der industriellen Schönheit huldigt. Auch Portraits, Straßenszenen, Wälder und abstrakte Bilder sind in der Sammlung vorzufinden. Ebenso sind Naturaquarelle von Mario Reis ausgestellt; ein sehr interessantes Experiment, das der Künstler mit der Emscher und einem Fluss in Kanada unternahm.

„Wir hängen alle zwei bis drei Jahre neu, so haben vor allem die vielen Schulklassen die Möglichkeit, alle verschiedenen Themenbereiche zu erörtern“, erklärt die Leiterin des Museums. Arbeit mit Kindern und Jugend wird groß geschrieben im Kunstmuseum: Neben Führungen und Workshops werden auch immer sehr beliebte Ferienprogramme angeboten, in denen sich die „Kleinen“ mal so richtig kreativ austoben können. Betreut werden sie dabei von einem kompetenten Pädagogik-Team.

Doch auch wer nicht mehr zur Schule geht, ist herzlich willkommen, Kunst für sich zu entdecken: „Wir bieten unsere sogenannten ‚Seniorennachmittage‘ an. Dabei sind nicht nur ‚Senioren‘ eingeladen, sondern alle Erwachsenen, die sich an der Kunstvermittlung interessieren“, bekräftigt Schäfer.

Der große grafische Bestand geht auf den Gelsenkirchener Künstler Anton Stankowski zurück. Er spielt mit geometrischen Formen und einfachen Farben und regt so den Betrachter zum kreativen Denken an - oder einfach zum Staunen, wie man aus einzelnen, simplen Elementen ein interessantes Kunstwerk schaffen kann.

Neben dem Eigenbestand finden jährlich auch sechs Wechselausstellungen statt. „Diese Ausstellungen werden alternierend von uns und dem Kunstverein Gelsenkirchen organisiert“, berichtet die Leiterin und weist dabei auf den Förderverein des Kunstmuseums hin.

Dieser sponsorte auch die bis zum 23. Juni laufende Ausstellung „Raum und Objekt - Teil X, Rauminterventionen“ in der alten Villa. Die Ausstellungsreihe läuft seit 1999 und lädt regelmäßig junge Künstler ein, Räume zu „bespielen“. Dabei entstehen sehr unterschiedliche und eigenwillige Dinge mit den Räumen der Villa - von Arbeiten mit Holz, Fotografie, „Flip-Flop-Lacken“ und Nylonfäden ist alles vertreten.

Eine besondere Ausstellung ist auch „Forschen Schweben Fliegen Fallen - Das Bild von Ikarus in der Sicht von Helga Elben“. Die Künstlerin, von der sich auch diverse andere Objekte im Kunstmuseum finden lassen, kreiert eine Art Arbeitsraum eines eifrigen Erfinders in dem von ihr gestalteten Raum: neben kinetischen Objekten, an denen sich verschiedene Flügelkonstruktionen bewegen, zieren Skizzen, Malereien und Notizen die Wände. Als Untergrund musste dafür auch mal alte Inventarsbücher herhalten.

Der Besuch des Kunstmuseums, Horster Straße 5-7, ist kostenlos und dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr möglich. Weitere Informationen erhalten Sie über die Internetseite der Stadt, unter Tel. 169 43 61 und natürlich vor Ort.

Autor:

Deborrah Triantafyllidis aus Gelsenkirchen

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