Neujahrsempfang Stadt Gelsenkirchen: „Langer Atem statt kurzfristigem Turmbau“

Die geladenen Gäste wurden von Oberbürgermeister Frank Baranowski und seinen Bürgermeistern Gabriele Preuß und Klaus Hermandung persönlich begrüßt und mit einem Neujahrsgruß empfangen. Das Foto zeigt Unternehmer und Miss Turkuaz-Ideengeber Yildiray Cengiz und Bürgermeister Klaus Hermandung. Foto: Ralf Nattermann
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  • Die geladenen Gäste wurden von Oberbürgermeister Frank Baranowski und seinen Bürgermeistern Gabriele Preuß und Klaus Hermandung persönlich begrüßt und mit einem Neujahrsgruß empfangen. Das Foto zeigt Unternehmer und Miss Turkuaz-Ideengeber Yildiray Cengiz und Bürgermeister Klaus Hermandung. Foto: Ralf Nattermann
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„Im schönsten Opernhaus mindestens im Ruhrgebiet, wenn nicht weit darüber hinaus“ begrüßte Oberbürgermeister Frank Baranowski in der vergangenen Woche rund 800 Gäste, die der Einladung zum Neujahrsempfang 2014 der Stadt Gelsenkirchen gefolgt waren.

Müller feiert seinen persönlichen Hattrick in Gelsenkirchen

Dabei konnte Gastredner Dr. Werner Müller einen „lupenreinen Hattrick“ feiern, wie Moderator Martin Wilger erläuterte. Denn Müller war vor 14 Jahren als Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, vor sieben Jahren als Vorstandsvorsitzender der Evonik Industries AG und nun als Vorstand der RAG-Stiftung zu Gast beim Neujahrsempfang der Stadt Gelsenkirchen.

Oberbürgermeister dankte den vielen "Entwicklern" der Stadt

Gelsenkirchens Stadtoberhaupt Frank Baranowski nutzte die Gelegenheit, um den vielen Frauen und Männern zu danken, die beteiligt waren und sind an der Entwicklung der Stadt Gelsenkirchen weg von Kohle und Stahl und hin zu einer lebenswerten Stadt. „Gelsenkirchen hat sich behauptet trotz dramatischer Wendepunkte. Es hat sich immer wieder neu erfunden und erfindet sich auch weiterhin stetig neu“, erklärte OB Baranowski.

Rückblick kann sich sehen lassen

In einem Rückblick auf das vergangene Jahr erinnerte er an die feierliche Eröffnung des Hans-Sachs-Hauses, die Fertigstellung der Kulturmeile in Buer und den Neustadtplatz in Gelsenkirchen. Als ein lebendiges Zeichen des Strukturwandels bezeichnete Baranowski das Areal der ehemaligen Zeche Graf Bismarck, wo zwischen Wald und Wasser Wohnhäuser und Firmengebäude entstehen.
Baranowski erinnerte an die alte Wirtschaftsstruktur, wie man sie noch heute auf dem Bahnhofsfenster an der Bahnhofstraße präsent hat. Damals war Gelsenkirchen geprägt von Kohle, Stahl und Eisen, Chemie, Glas und Kleidung. „Heute zeigt sich die Wirtschaftsstruktur kleinteiliger, aber auch vielfältiger und breiter aufgestellt. Wer früher für den Zechenbedarf gearbeitet hat, der entwickelt heute Zahnräder für Bergbahnen in den Alpen oder Windräder. Das macht die Wirtschaft weniger abhänging und weniger verwundbar“, schilderte der Oberbürgermeister.

Logistiker als Sponsoren des Empfangs

Gesponsert wurde der Abend auch von drei Beispielen kleinteiliger Wirtschaft, den Logistikern GelsenLog, LOGXX und Minor. Diese Logistiker zählen zu den vielen mittelständischen Betrieben, die inzwischen Jahr für Jahr in Gelsenkirchen für neue Arbeitsplätze sorgen.
Trotzdem bleibt der Gelsenkirchener Appell wichtig, aus Sicht des OB, und noch wichtiger ist, dass er in Düsseldorf und Berlin wahrgenommen wird.

Bildung von Anfang an ist die Stütze der Gesellschaft

Das Kapital der Stadt Gelsenkirchen sieht der 1. Bürger der Stadt in den hier lebenden Menschen und darum ist es so wichtig, in deren Bildung zu investieren:„Bildung von Anfang an ist wichtig, damit Handicaps sich gar nicht vertiefen können. Es ist wichtig jedem Kind das Rüstzeug zu geben, dass es etwas aus seinem Leben machen kann. Die heute hier Anwesenden besten Absolventen ihres Jahrgangs sind das beste Beispiel dafür, dass das möglich ist.“
Der Gelsenkirchener Konsenz im Rat der Stadt stärkt die Bildungspolitik, die aus Sicht des Stadtoberhaupts die beste Stadt- und Entwicklungspolitik darstellt. „Bildung gegen Erwerbslosigkeit einsetzen“, fordert der OB.
Und weil Gelsenkirchen lieber auf „langen Atem als auf kurzfristigen Turmbau“ zählt, gibt es nach Ansicht von Baranowski hier viele Lichtquellen, die die Stadt erstrahlen lassen anstelle des nur einen Leuchtturms, der so oft von anderen Kommunen angeführt wird.

Werner Müller lobt die Stadt für ihr Engagement

Dem schloss sich Dr. Werner Müller an und gratulierte der Stadt, dass sie trotz finanzieller Schwierigkeiten das Musiktheater im Revier immer wieder aufgehübscht hat. Das ist nicht selbstverständlich, wie Müller anführte, aber dafür ein Leuchtturm, der weit über Gelsenkirchen hinaus sichtbar ist.
Da Moderator Wilger den Gastredner auf sein früheres Engagement für Borussia Dortmund angesprochen hatte, parierte der Redner damit, dass es rein beruflich war und die großen Erfolge des Schalke-Rivalen erst nach seinem Ausscheiden bei Evonik verzeichnet wurden. „Extra für Gelsenkirchen habe ich heute eine blau-weiße Krawatte angelegt“, versicherte Müller.

Müller-Besuche drehten sich immer um die Bergbau-Entwicklung

Er ließ Revue passieren, in welcher Phase sich der Bergbau befand, als er in Gelsenkirchen zu Gast beim Neujahrsempfang war. Beim ersten Mal setzte er sich als Wirtschaftsminister für den sozialverträglichen Abbau der Arbeitsplätze ein. Beim zweiten Mal war das Ende des Bergbaus besiegelt und die RAG-Stiftung angedacht. Inzwischen ist der Bergbau Geschichte und die RAG-Stiftung aktiv mit ihm als Vorstand.
Müller forderte, dass die Menschen des Reviers und ihre Kinder und Enkel stolz sein und bleiben sollten, auf die Wirtschaftsgeschichte des Reviers, die Deutschland gestärkt hat. Derzeit arbeitet er Helmut Linssen, „dem einzigen aus der Regierung Rüttgers mit dem man reden konnte“, an der Vervielfältigung des Vermögens der RAG-Stiftung.

RAG-Stiftung arbeitet für die Ewigkeitslast

Denn die Stiftung ist verantwortlich für die Ewigkeitslast. „Das bedeutet, dass auf ewig Wasser gepumpt werden muss. Denn weder Frank Baranowski noch ich wollen irgendwann in der Ewigkeit aus unseren Gruben vom Wasser wieder hochgeschwemmt werden.“
Für die Zukunft forderte Müller, dass der Solidarpakt nicht mehr als „Soli Ost“ eingesetzt wird, sondern als „Soli West“ und das vor allem im Ruhrgebiet, um die Infrastruktur zu stärken. „So wie einst der Osten ungewollt politisch abgeriegelt vor sich hin dümpelte, ist das Ruhrgebiet ungewollt durch wirtschaftlich schwierige Zeiten marode geworden. Dabei geht es nicht um Subventionen für die Wirtschaft, sondern Infrastruktur, Stadtansichten und kommunale Haushalte, damit in den Stadträten nicht mehr diskutiert werden muss, ob ein Schwimmbad geschlossen werden muss.“

Highlight wäre ein CL-Endspiel zwischen Blau-Weiß und Schwarz-Gelb

Müller lobte Gelsenkirchen für seine positive Entwicklung und hofft darauf, dass er mal ein Champions League-Endspiel zwischen Schalke und Dortmund sehen wird. „Dann müsste aber die verbotene Stadt mal gewinnen“, lachte der Politiker und Manager.

Unterhaltungsprogramm für jeden Geschmack

Für das Unterhaltungsprogramm sorgten die MiR-Solisten Christa Platzer, Alfia Kamalova, Hongjae Lim und Dong-Won Seo begleitet von Bernhard Stengel am Klavier sowie Kabarettist Kai Magnus Sting, der einen Ausschnitt aus seinem Programm „Hömma, weiß Bescheid“ präsentierte.
„Hömma. Die Ruhrgebietler sind die einzigen, die aus zwei Worten eins machen können. Aber gehn Sie mal in den Bahnhof und rufen ‚Hömm‘, da drehen sich gleich 20 um und zehn davon haben gleich ein schlechtes Gewissen“, schilderte Sting über den Titel seines Programms.

Wer Gemüt hat wird krank geschrieben

Ansonsten erfreute er mit Aussagen wie: „Im Pott wirste krank geschrieben wegen Gemüt. Andere Regionen wären froh, wenn se Gemüt hätten.“ Zur Politik erklärte der Kabarettist, dass wenn Merkel abdankt und Gabriel ihr Nachfolger würde, viele denken würden, dass Kohl wieder gut aussieht.
Und für die Jüngeren unter den Anwesenden erinnerte Kai Magnus Sting an frühere Telefone, die als graues Etwas daher kamen, die gern mit einem Brokatdeckel geschmückt wurden. „Die standen auf einem Tischen, das extra dafür angeschafft wurde. Da gab es auch extra ein Fach für das Telefonbuch darunter und das Telefon stand auf einem Register, in dem per Hand die ganzen Nummern von Verwandten und Freunden eingetragen worden waren. Dabei konnte man Gift darauf nehmen, dass wenn man das L gedrückt hatte, einem garantiert das K entgegen geschossen kam.“

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Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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