UPDATE "OB-Affäre": Reichlich Alkohol bei Bewirtungen - Scholten will offenbar schweigen - Opposition schäumt

Hat die Vertraulichkeit seiner Gespräche Vorrang vor der Transparenz bei Bewirtungsnachweisen? Oberbürgermeister Ulrich Scholten kann in seinem Verhalten keine strafrechtliche Relevanz erkennen. Foto: Walter Schernstein
  • Hat die Vertraulichkeit seiner Gespräche Vorrang vor der Transparenz bei Bewirtungsnachweisen? Oberbürgermeister Ulrich Scholten kann in seinem Verhalten keine strafrechtliche Relevanz erkennen. Foto: Walter Schernstein
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"Wir (...) stellen fest, dass in der von uns gezogenen umfangreichen Stichprobe der hinreichende Nachweis der dienstlichen Veranlassung für eine sachlich richtige Anordnung der Beträge zur Kostentragung und Zahlung durch die Gemeinde nach den uns vorliegenden Unterlagen nahezu durchgängig nicht erbracht ist."

Ein langer Satz, der in der Kürze so zu übersetzen ist: Den Verdacht der Untreue gegen Oberbürgermeister Ulrich Scholten sieht die beauftragte Märkische Revision GmbH als nicht entkräftet an. Scholten wird beschuldigt, unrechtmäßig Spesen mit der Stadtkasse abgerechnet zu haben. Die Mülheimer "OB-Affäre" zieht immer weitere Kreise. Am Montag sickerten bei den Tageszeitungen einige Details zu verschiedenen Bewirtungsquittungen durch. Gesprächspartner werden nicht genannt, dafür wird zu dienstlichen Gesprächen offenbar reichlich Alkohol serviert. Einmal sind es laut WAZ sieben Bier und fünf Flaschen Wein. In einem anderen Fall berichtet die NRZ von einer Quittung über ein Arbeitsessen, bei dem 33 Bier, sieben kleine Karaffen Weißwein und vier Hauptspeisen auf der Rechnung standen. 
Noch am Freitag letzter Woche hatte Stadtdirektor Frank Steinfort erklärt, dass Gutachten Scholtens betreffend bleibe bis zum Donnerstag, 28. Juni, unter Verschluss. Da hatte er allerdings die Rechnung ohne den OB gemacht, der noch am gleichen Nachmittag an der Seite seines Anwalts, Dr. Thomas Helmes, seine Sicht der Dinge verbreite. Laut anderen Medien sehe sein Rechtsbeistand nichts in dem Gutachten, was eine strafrechtliche Relevanz habe. Scholten sei aus Gründen der Diskretion nicht verpflichtet gewesen, Bewirtungsanlässe und bewirtete Personen zu nennen. Die schnelle Vorwärtsverteidigung wird mit dem Verdacht begründet, dass "politische Gründe" eine Rolle in der "Affäre Scholten" spielen. Außerdem habe man laut WAZ den Verdacht, dass "die Staatsanwaltschaft instrumentalisiert werden soll“. Am kommenden Donnerstag, 28. Juni, erwartet Stadtdirektor Steinfort eine Erklärung Scholtens im städtischen Hauptausschuss.
Ob der erste Bürger dieser Stadt dieser Erwartung nachkommt, ist offen. Er wünsche im Hauptausschuss keine Diskussion, diese solle nach seinem Willen erst in der Ratssitzung am 5. Juli erfolgen.
Scholtens Vorgehen wird unter anderen von der CDU-Fraktion im Rat der Stadt scharf kritisiert. "Erst die absprachewidrige Vorgehensweise des Oberbürgermeisters, nun auch noch die Empfehlung, den Prüfbericht am Donnerstag nicht zu erörtern und zu diskutieren. Das sind nicht hinnehmbare Umgangsformen des OB auch als Ratsvorsitzender gegenüber den Ratskollegen", empört sich die CDU-Fraktionsvorsitzende Christina Küsters.
Die BAMH-Fraktion beantragt gleichzeitig die Herausgabe des digital geführten dienstlichen Kalenders des OB. Konkret wird der Ausdruck eines Backups vom 30. April dieses Jahres verlangt. Dieser solle unverzüglich, möglichst vor der Hauptausschusssitzung, den Fraktionen zur Verfügung gestellt werden. "Um den dienstlichen Bezug der Ausgaben auf den Belegen überprüfen zu können, bedarf es eines Abgleichs mit dem Inhalt des dienstlichen Kalenders des Oberbürgermeisters. Damit nachträgliche Veränderungen für den Prüfzeitraum ausgeschlossen werden können, soll ein Backup gezogen werden aus der Zeit vor Bekanntgabe der Vorwürfe", begründet der Fraktionsvorsitzende Jochen Hartmann.

Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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