Fauler Kompromiss beim Kohleausstieg
Für den geplanten Kohleausstieg 2038 werden Millionen Euro Steuergelder gezahlt

"Ihr blast den Großkonzernen Zucker in den Arsch" (Satz aus der Abschlusshymne der Bochumer Montagsdemo) beweist sich bei dem Abkommen für den Braunkohleausstieg.

Der Abschlussbericht enthält Teilzugeständnisse gegenüber der Umweltbewegung und dem Protest der Beschäftigten in der Braunkohleindustrie, schiebt den Ausstieg aus der Kohleverbrennung aber viel zu lange hinaus. So soll das letzte Kohlekraftwerk erst im Jahr 2038 abgeschaltet werden. Der Erhalt des umkämpften Hambacher Walds sei "wünschenswert".

Der Ausstieg aus der Kohleverbrennung ist angesichts der drohenden Klimakatastrophe dringend nötig. Laut ARD-Deutschlandtrend sind 59 Prozent der Befragten für einen möglichst schnellen Kohleausstieg, laut ZDF-Politbarometer sogar 73 Prozent. Die vor allem von Schülerinnen und Schülern getragene Bewegung „#FridayForFuture“ boykottiert rund um die Welt freitags den Unterricht und tritt für wirksamen Klimaschutz, gegen wachsende Treibhausgasemissionen und die Nutzung der fossilen Brennstoffe Kohle, Öl und Gas ein.

Am frühen Morgen hatten bereits Gewerkschafter der IGBCE für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze im Braunkohletagebau und in Kraftwerken demonstriert. Die Schließung der letzten Steinkohlezeche Prosper Haniel in Bottrop vor wenigen Wochen belegt jedoch, dass die Kohlekonzerne und bürgerlichen Politiker in Wirklichkeit für systematische massenhafte Arbeitsplatzvernichtung verantwortlich sind. Es ist deshalb völlig berechtigt, wenn die Beschäftigten des Braunkohlebereichs in der Sorge um ihre Arbeitsplätze auf die Straße gehen. Entsprechende Ersatzarbeitsplätze sind möglich und sogar notwendig wie bei der Renaturialisierung der Braunkohleabbauflächen und der Schaffung der Infrakstruktur für erneuerbare Energien, die Beendigung des Braunkohleabbaus hätte also keinen Arbeitsplatzverlust zur Folge. HIer spielen beweisbar die Bergbaukonzerne und die bürgerlichen Politiker die Umwelt gegen die Arbeitsplätze aus!

 Von den Monopolverbänden und bürgerlichen Politikern wird ein wahres Horrorszenario gemalt. Ohne Kohleverstromung wäre die Energieversorgung nicht gesichert. Dabei tun sie so, als ob es ihnen vor allem um die Arbeitsplätze im Stein- und Braunkohlebereich ginge. Der Chef des Unternehmerverbands BDA, Steffen Kampeter, gibt sich besorgt: "Ein überhasteter Ausstieg aus der Kohleverstromung muss ausgeschlossen werden, da sonst Wohlstand und Arbeitsplätze gefährdet sind."1

Die versprochenen staatlichen Gelder für die Braunkohleregionen zielen nicht zuletzt darauf ab, die Arbeiter ruhig zu halten. Mögliche Abfindungen sind für den Einzelnen vielleicht verlockend - im Interesse der Zukunft der Jugend darf man sich die Arbeitsplätze nicht "abkaufen" lassen.

Bürgerliche Politiker warnen auch vor drastisch steigenden Strompreisen. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke: „Wir müssen dann schon die Ehrlichkeit haben, zu sagen, er wird auf 35, 40 oder sogar 50 Cent steigen.“ Hinter dieser Drohkulisse stecken handfeste, profitorientierte Motive.

Die Präsidenten der Unternehmerverbände BDI und DIHK, Dieter Kempf und Eric Schweitzer, bestehen auf einer "Kompensation": "Eine Kompensation der zu erwartenden Stromkostensteigerungen ist für uns Voraussetzung für die Zustimmung zu einem politischen Ausstieg aus der Kohleverstromung."1

Für ihre Maximalprofite sollen Arbeiterinnen, Arbeiter, die Masse der Steuerzahler und Verbraucher zur Kasse gebeten werden. "Kohleausstieg" ohne verbindliche Abschalttermine für die Kraftwerke, zeitlich über Jahrzehnte gestreckt und nur, wenn dauerhaft billige Strompreise für die Industrie gewährleistet sind. Damit wird der "Kohleausstieg" zu einem wahren Goldregen für die internationalen Konzerne.

Der zerstörerischen Umweltpolitik der Herrschenden begegnet eine wachsende Masse von Menschen mit Misstrauen, Kritik und aktivem Protest. „Wir müssen rebellieren“, war die überwiegende Stimmung der 300 Schülerinnen und Schüler aus Bochumer Schulen. Das berichtet ein Korrespondent aus Bochum.

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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