Bundesverfassungsgericht
Kein absolutes Versammlungsverbot nach CoronaVO
Ich verweise auf einen sehr wichtigen neuesten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts. Eine Organisatin beabsichtigte, am 18.04.20 eine kleine Demonstration in Stuttgart durchzuführen, die sich gegen die zum Teil übertriebenen verfassungsrechtlichen Eingriffe durch die Corona-SchutzVO des Landes Baden-Württemberg richtete. Diese Demo sollte in Form eines Spaziergangs mit je zwei Personen mit Plakaten unter Beachtung des Sicherheitsabstands von 2 Metern durchgeführt werden. Mit Verweis auf das Demonstrationsverbot nach § 3 dieser Verordnung wurde die Anmeldung von der Stadt Stuttgart nicht angenommen. Der Anmelder klagte darauf zunächst erfolglos vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Stuttgart auf eine einstweilige Anordnung zu Durchführung und richtete danach eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Die Beschwerde wurde mit Gerichtsbescheid vom 15.04.20 zurückgewiesen.
Hiergegen legte der Antragsteller erfolgreich Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVG) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ein. Karlsruhe rügte in seinem Beschluss (Wortlaut des Auszuges):
a) Es ist hier maßgeblich auf die im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag erkennbaren Erfolgsaussichten einer noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerde abzustellen. Aufgrund des der Durchführung der geplanten Versammlung am 18. April 2020 entgegenstehenden Verhaltens der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens – bestätigt durch die die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ablehnenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs – droht dem Antragsteller ein nicht mehr korrigierbarer gewichtiger Rechtsverlust. Der Zweck der Versammlung, die sich gerade auch gegen die Beschränkungen und Verbote der bis zum 15. Juni2020 befristeten(vgl.§ 11CoronaVO)Verordnung richten soll, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit vereitelt.
b) Eine Verfassungsbeschwerde wäre nach gegenwärtigem Stand offensichtlich begründet. Das Vorgehen der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens verletzt den Antragsteller in seinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG.
Da die CoronaVO NRW inhaltlich fast identisch mit der Verordnung des Landes Baden-Württemberg ist, ist der Beschluss des BVG auch für NRW maßgebend.
Diese Entscheidung des BVG könnte ein Denkanstoß für den DGB sein, zu versuchen, die Maikundgebungen - wenn auch in abgespeckter Form - durchzuführen. Für die notwendige Anmeldung könnte auf den aktuellen Beschluss des BVG verwiesen werden (Aktenzeichen: BUNDESVERFASSUNGSGERICHT - 1 BvQ 37/20). Gerade in der jetzigen Zeit der zunehmenden Arbeitsplatzvernichtung in vielen Branchen, der zunehmenden Umweltzerstörung und der allgemeinen Kriegsgefahr ist der öffentliche Protest der Beschäftigten wichtiger denn je.
Auch die Corona-Krise berechtigt weder Bundes- noch Landesregierungen oder Kommunen, verfassungsgemäße Grundrechte außer Kraft zu setzen (hier Artikel 8 des Grundgesetzes)!
Autor:Ulrich Achenbach aus Bochum |
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