Offener Brief an den Oberbürgermeister
Notbetreuung von Kindern im Vorschul- und schulpflichtigem Alter infolge der Situation Corona-Virus

Nachfolgend veröffentliche ich meinen offenen Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Bochum, Herrn Thomas Eiskirch: (per Email versandt am 13.03.20)

Offener Brief

Herrn Oberbürgermeister
Thomas Eiskirch
44777 Bochum

13.03.2020

Aktuelle Situation in Bochum aufgrund des Corona-Virus

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

durch den aktuellen Erlass des NRW-Schulministerium werden ab Montag, 16.03.20, sämtliche Schulen und Kindertagesstätten landesweit geschlossen. Dadurch geraten viele berufstätige Eltern in arge Betreuungsnot für ihre Kinder im Vorschulalter als auch im schulpflichtigen Alter (insbesondere Grundschüler und Schüler der weiterführenden Schulen zumindest in den Klassen 5 und 6).

Auf der Webseite der Stadt Bochum (www.bochum.de/corona) kündigte die Stadt Bochum folgendes an: Die Stadt richtet ab Dienstag eine Notfallbetreuung für Kindergarten-Kinder ein, die ausschließlich für Eltern vorbehalten ist, deren Arbeitskraft unverzichtbar für die Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur ist und die keine andere Betreuungsmöglichkeit haben. Das Land hat angekündigt, analog eine Notfallbetreuung für Schulkinder einzurichten.

Was ist aber mit Vorschul- und Schulkindern, deren Elternteile nicht in Berufen „zur Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur“ arbeiten, sondern bei anderen Arbeitgebern beschäftigt sind und keinen (Sonder) -oder unbezahlten Urlaub bekommen? Bis die rechtliche Situation mit diesen Arbeitgebern abgeklärt ist, vergeht in der Regel ein längerer Zeitraum. Wohin also mit dem Kindern? Nur in den seltensten Fällen werden sich Nachbarn um die Kinderbetreuung kümmern können und schon gar nicht über einen so langen Zeitraum bis zum 19.04.2020. Auch die Betreuung der Kinder durch Großeltern ist keine Lösung, da gerade Ältere einer hohe Ansteckungsgefahr für das Corona-Virus ausgesetzt sind. Zudem haben viele Kinder keine Großeltern.

Bleibt ein Elternteil bei der in der Regel beiden berufstätigen Eltern eigenmächtig zu Hause, um sich um die Kinder zu kümmern, droht u.a. Umständen eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses, denn viele Unternehmen pochen auf den Arbeitsvertrag und sind im Übrigen unsozial. In diesem Fall würde die Stadt Bochum nicht das Entgelt diese Elternteils durch das Sozialamt weiterzahlen bzw. bei der dann zuständigen Arbeitsagentur oder dem Jobcenter ist nicht gewährleistet, ob dann keine Sanktion beim ALG I oder ALG II eintritt. In jedem Fall wäre ein erheblicher Einkommensverlust für den Betroffenen die Folge.

Hat die Stadt Bochum auch eine Notbetreuung für Kinder in den o.g. Situationen vorgesehen? Wenn ja, wo gibt es solche Notbetreuungen? Sollten solche Notbetreuungen (insbesondere für Kinder im Vorschulalter) nicht bestehen, wäre die Stadt Bochum an dem Eintritt der Bedürftigkeit für solche Berufstätigen, die aufgrund der Kinderbetreuung nicht zur Arbeit gehen können und dann mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen haben, in vollem Umfang mit verantwortlich!

Eine zweite Frage: Wenn ein bedürftiger Alleinstehender (Hartz IV - oder Empfänger der Grundsicherung) in häuslicher Quarantäne steht und niemanden hat, der notwendige Einkäufe oder Medikamentenbeschaffung übernehmen kann (Nachbarn sind nur sehr selten dazu bereit), wie ist dann die Versorgung gesichert? Wer unter häuslicher Quarantäne steht, darf das Haus ja nicht verlassen. Die Hinweise der Stadt Bochum auf einen Lieferservice eines Supermarktes sind überhaupt kein Argument. Die Lieferung ist immer mit zusätzlichen Kosten verbunden, die ein Bedürftiger nicht für einen längeren Zeitraum aufbringen kann, zudem hat der Leistungsempfänger immer noch das Recht (trotz Infektionsschutzgesetz) zu bestimmen, wo er einkauft. Viele Geschäfte bieten nämlich keinen Lieferservice an, z.B. Bäckereien oder Fleischereien. Im Übrigen kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II oder SGB XII kein Notvorrat finanzieren und auch bei dem viel zu geringen Regelbedarf auch nicht ansparen! Ähnlich geht es Personen, die nur Einkünfte knapp über Hartz IV haben!

Für eine Beantwortung meiner Fragen wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Mit freundlichem Gruß

Ulrich Achenbach

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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