Paragraf 904 Zivilprozessordnung (ZPO)
Selbst das Existenzminimum kann gepfändet werden!

Ist das nicht ein klarer Verstoß gegen die Menschenrechte und damit verfassungswidrig? Ende 2021 wurde die ZPO um den Paragrafen 904 geändert. Danach sind auch Nachzahlungen von Sozialleistungen wie z.B. Hartz IV pfändbar, selbst ein P-Konto beim Geldinstitut schützt nicht davor. Vielmehr muss der betroffene Leistungsempfänger vor dem Vollstreckungsgericht klären lassen, welcher individuelle Betrag als unpfändbar gilt. Angeblich soll diese Vorschrift die Forderungen der Gläubiger schützen, da viele Schuldner wegen ihrer Zahlungsunfähigkeit unpfändbar sind. Das ist nicht nur eine Diskriminierung, sondern gefährdet akut auch das Leben von Bedürftigen, wenn sie ohne Geld dastehen.

Selbst wenn das Gericht einen vertretbaren nicht pfändbaren Schonbetrag angeordnet hat, ist das Verfahren an sich schon für den Betroffenen kompliziert und unzumutbar.

Opfer dieses unsäglichen § 904 ZPO war ein Stadtverordneter der Stadt Radevormwald von der Wählerinitiative Linkes Forum (LF). Der mir persönlich bekannte Mann hat einen Offenen Brief verfasst, den ich nachfolgend zitiere:

LF lehnt neues Gesetz zur Pfändung von Sozialleistungen ab!
Aufruf zum Protest am 28. März um 16 Uhr
vor der Sparkasse Radevormwald (Hohenfuhrstr. 19 - 21)

Seit Januar diesen Jahres kämpft unser ehemaliger Stadtverordneter im Rat der Stadt Radevormwald (2009 - 2020) und Gesamtvorstandsmitglied, Fritz Ullmann, um die Freigabe einer Nachzahlung vom JobCenter gegen die Sparkasse Radevormwald.

Ullmann kam in eine schwierige Lage und hatte monatelang auf die Zahlung der Leistungen warten müssen, weswegen ein höherer Betrag nachgezahlt wurde. Die Sparkasse hat diese Sozialleistungen gesperrt, um Pfändungen zu bedienen. Grundlage ist eine Veränderung des Gesetzes in § 904 ZPO, die ausschließlich im Interesse der Gläubiger ist, denn viele Menschen sind überschuldet und könnten sich sonst ja hinter ihrem Grundrecht auf ein Lebensminimum verstecken.

Ullmann berichtet von seinen Erfahrungen in einem Offenen Brief, den wir dieser Pressemitteilung anhängen. Dort heißt es unter Anderem: „Anstatt sachkundiger Beratung gab es heuchlerische Erpressung: Man sehe sich als Vertreter der Gläubiger, die ein Recht auf ihr Geld hätten, und man sei (großzügig!) bereit, das Konto frei zu geben, wenn die Pfändungen von den eingegangenen Sozialleistungen völlig beglichen würden (ich hätte ja genug).“ Auch heute, nach zwei Urteilen zu seinen Gunsten, hat Ullmann sein Geld immer noch nicht von der Sparkasse erhalten. „Die intransparente Hinhaltetaktik der Sparkasse ist menschenverachtend. Wenn die das mit mir machen, machen die das auch mit anderen“, begründet Ullmann gegenüber dem LF, warum er sich auf das „Angebot“ der Sparkasse nicht einließ.

Wir erklären uns mit unserem Mitglied und langjährigen Stadtverordneten Fritz Ullmann solidarisch. Wir kritisieren ausdrücklich das Vorgehen der Sparkasse und fordern den Vorstand zu einer Entschuldigung auf. Die Sparkasse muss den Vorfall aufarbeiten und vor allen Dingen ihre Mitarbeiter anweisen, korrekt Auskunft an Betroffene zu erteilen.

Wir rufen zum Protest auf „Gegen die Pfändung von Sozialleistungen!“
Montag, 28. März, 16 Uhr – vor der Sparkasse, Hohenfuhrstr. 19-21

Wir sagen:

Keine Pfändung von Sozialleistungen!
Das Gesetz schafft nur eine zusätzliche Hürde und vermeidbaren bürokratischen Aufwand!
Dieses Gesetz muss weg!

Mit freundlichen Grüßen

LF - Linkes Forum im Bergischen Land

Ich begrüße diesen Offenen Brief und stehe voll hinter dem angegekündigten Protest vor der Sparkasse Radevormwald. Weiterhin werde ich dieses Thema auf der kommenden Bochumer Montagsdemo ansprechen.

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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