Bürgerentscheid zum Flugplatz Schwarze Heide

Klaus Berger, Geschäftsführer der Flugsportgemeinschaft Schwarze Heide (re.) übergab den offenen Brief an Oberbürgermeister Bernd Tischler. | Foto: Michael Kaprol
  • Klaus Berger, Geschäftsführer der Flugsportgemeinschaft Schwarze Heide (re.) übergab den offenen Brief an Oberbürgermeister Bernd Tischler.
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Am kommenden Sonntag sind die Bottroper zum nächsten Urnengang aufgerufen. Sie können ihre Stimme beim Bürgerentscheid zum Flugplatz Schwarze Heide abgeben.

Die Bürger entscheiden über die Frage: „Soll die Stadt Bottrop ab 2015 Verluste der Flugplatzgesellschaft Schwarze Heide nur noch in Höhe der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Summe von maximal 49.000 DM (circa 25.000 Euro) ausgleichen?“ Im Moment zahlt die Stadt einen Zuschuss in Höhe von 137.000 Euro, für das kommende Jahr sind 123.000 Euro Verlustabdeckung vorgesehen.

Die Abstimmung findet in 27 Abstimmungslokalen statt. Jeder Abstimmungsberechtigte hat eine Stimme, es kann nur mit „Ja“ oder „Nein“ abgestimmt werden. Die zur Abstimmung stehende Frage ist mit „Ja“ entschieden, wenn sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen mit „Ja“ beantwortet wurde, mindestens aber von zehn Prozent der zur Abstimmung berechtigten Bürger. Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit „Nein“ beantwortet.

Die Diskussion über dieses „Ja oder Nein“ wird schon seit Wochen mit Heftigkeit geführt. Am Samstag hatten SPD, CDU, Vertreter der Flugplatzgesellschaft Schwarze Heide und der dort ansässigen Luftsportvereine zu einer Infoveranstaltung „Unser Flugplatz - Eine Chance für Bottrops Zukunft“ auf den Berliner Platz eingeladen. In einem offenen Brief, der dabei von der Flugsportgemeinschaft an Oberbürgermeister Bernd Tischler übergeben wurde, machen die Befürworter des Flugplatzes deutlich, dass sie mit großer Sorge dem Ergebnis des Bürgerentscheids am Sonntag entgegen blicken. „Sollte die Abstimmung im Sinne der Bürgerinitiative ausgehen und damit die Finanzierung der Flugplatzgesellschaft nicht mehr sichergestellt sein, muss wahrscheinlich der Flugbetrieb in absehbarer Zeit eingestellt werden“, heißt es in dem Papier. Im Falle einer Insolvenz der Flugplatzgesellschaft befürchten die Luftsportvereine ihr Aus.

Oberbürgermeister Bernd Tischler wirbt dafür, am Sonntag mit Nein zu stimmen: „Bei Insolvenz der Gesellschaft kommt es zum Totalverlust des städtischen Gesellschafterdarlehens von rund 1,1 Millionen Euro“, so Tischler. „Vom aktuellen 137.000-Euro-Zuschuss der Stadt sind rund 66.000 Euro über Steuern und Pachten gegenfinanziert. Der Flugplatz inklusive Gewerbegebiet sichern mindestens 110 Arbeitsplätze, die ansonsten gefährdet sind. Das Gewerbegebiet ermöglicht die Schaffung weiterer Arbeitsplätze, von denen jeder mit Blick auf 2018 - Ende des Steinkohlebergbaus in Bottrop - doppelt zählt.“ Außerdem sei der Flugplatz ein Wettbewerbsvorteil für Bottrop, Ausflugsziel und Veranstaltungsort sowie Heimat von rund 600 Mitglieder der dort ansässigen Vereine.

Die Bürgerinitiative hat natürlich eine ganz andere Sicht auf die Dinge: „An Zuschüssen, Bürgschaften und Krediten sind schon 19 Millionen Euro in die Schwarze Heide geflossen. Ein Teil der Aufwendungen stammt aus dem städtischen Haushalt. Geld, das woanders fehlt: bei Sozialem und Bildung ebenso wie bei Straßen und Nahverkehr. Von den Krediten wird die Stadt nichts wiedersehen: Laut Bilanz von 2011 hat die Flugplatzgesellschaft 2,4 Millionen Euro Verbindlichkeiten und so gut wie kein Eigenkapital. Die vertraglich festgelegte Rückzahlung der Kredite ab 2016 ist völlig unrealistisch. Deshalb lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!“
Der Flugplatz solle keineswegs dicht machen: Segler und Freizeitpiloten seien weiterhin willkommen, heißt es. Aber die Finanzierung des Flugplatzes müsse auf eigene Füße gestellt werden, so die Bürgerinitiatiive. „Und weil die Reduzierung der Subventionen erst ab 2015 erfolgen soll, ist genug Zeit, um eine neue Gesellschafter-Konstruktion für eine Fortführung des Flugplatzes und für die Rückkehr zu einem attraktiven Naherholungsgebiet zu finden.“

„Beim Bürgerentscheid am Sonntag geht es nur um die Höhe der zukünftigen städtischen Subventionen und nicht um die Zukunft des Flugplatzes“, betont Johannes Bombeck von der ÖDP, der sich über die Argumentationsschiene am Samstag ärgert. „Am vergleichbaren Flugplatz Marl-Loemühle mussten in der Vergangenheit 200.000 bis 250.000 Euro eingespart werden. Der Platz wurde erfolgreich privatisiert, obwohl er auf Grund der kurzen Landebahn und fehlender Gewerbeflächen viel schlechtere Voraussetzungen aufweist als die Schwarze Heide.“

Pro Flugplatz:

SPD und CDU: Es geht um Arbeitsplätze, es geht um den Wirtschaftsstandort Bottrop, es geht um die Freizeitgestaltung vieler Bürgerinnen und Bürger. Sollte der Zuschuss auf 25.000 Euro reduziert werden, droht dem Flugplatz die Insolvenz. Die Idee der Befürworter, den Betrieb des Flugplatzes privat weiter betreiben zu können ist nicht möglich. Es geht also letztendlich um die grundsätzliche Frage: Flugplatz Schwarze Heide, Ja oder Nein?

André Hümpel, Geschäftsführer der Flugplatzgesellschaft: „Der Flugplatz ist erstmal ein Arbeitgeber. Wir verzeichnen 41.000 bis 55.000 Flugbewegungen pro Jahr, davon etwa 12.000 mit geschäftlichem Hintergrund. Die Schwarze Heide ist der größte Flugplatz dieser Art in NRW. Unsere Hallen sind ausgebucht, die Wartelisten voll. Wer die Schwarze Heide mit Marl-Loemühle vergleicht, hat keine Ahnung. Da werden Dinge verglichen, die nichts miteinander zu tun haben.“

Birgit Wiesehahn-Haas, Vizepräsidentin der IHK Nord Westfalen: „Der Flugplatz ist ein Riesenpfund für Bottrop und ein Standortvorteil. Es bestehen dort rund 100 Arbeitsplätze, aus ihnen nimmt die Stadt Lohnsteuern ein. Alle Flughäfen werden unterstützt - aber Bahn und Straße ebenso.“

FDP:Bei einer Insolvenz wird die Betriebserlaubnis zwangsläufig widerrufen. Im Ergebnis stehen wir vor einer Investitionsruine, in die wir Steuerzahler bereits einen hohen Millionenbetrag investiert haben. Die Argumentation der Flugplatzgegner entbehrt wirtschaftlicher Kompetenz.

Contra Flugplatz

ÖDP: Die ÖDP möchte die Zahlungen der Stadt auf den ursprünglichen Betrag von 25.000Euro zurückführen. Bei einer solchen Begrenzung des Zuschusses ist eine Insolvenz der Flugplatzgesellschaft keineswegs zwangsläufig. Der Flugplatz soll durchaus als Naherholungsziel für Flugsportinteressierte sowie als Sport- und Segelflugplatz erhalten bleiben. In diesem Fall sind auch die gut 100 Arbeitsplätze am Flugplatz nicht gefährdet.

Grüne: Bottrop spart in allen Bereichen, Tabus wie den Flughafen darf es dabei nicht geben. Startsubventionen können richtig und wichtig sein, sind aber nicht als Dauereinrichtung gedacht. Wir Grünen sehen dieses Naherholungsgebiet als eine Chance für unseren Tourismus und sollten ihn auch so vermarkten.

DKP: Der Flugplatz Schwarze Heide hat sich zu einer der teuersten Fehlinvestition für die Stadt Bottrop entwickelt. Mit Millionen öffentlicher Gelder von Stadt und Land soll der Landeplatz zu einem Flughafen für Geschäftsreise- und Taxiverkehr ausgebaut werden. Die versprochene Entwicklung blieb aus. Stattdessen ist die Anzahl der Flugbewegungen rückläufig. Die Flugplatzgesellschaft steht bereits seit Jahren am Rande der Insolvenz, denn sie hat nur eine Eigenkapitalquote von unter 2 Prozent.

Die Linke: Jetzt gilt es, die Subventionen für den großspurig in „Airport Ruhr“ umgetauften Flugplatz Schwarze Heide zu begrenzen und die frei werdenden Mittel im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung einzusetzen. Völlig unrealistisch sind auch die versprochenen 1.000 Arbeitsplätze.

Info

Im Rathaus, Ernst-Wilczok-Platz 1, Zimmer 111 und in der Bezirksverwaltungsstelle Kirchhellen, Kirchhellener Ring 84-86, Sitzungstrakt, sind Abstimmungsstellen eingerichtet. Anträge auf Briefabstimmung können hier gestellt werden. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, in den Abstimmungsstellen unmittelbar für den Bürgerentscheid abzustimmen.

Autor:

Judith Schmitz aus Bottrop

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