4. Kampftag der Frauen-Judo-Bundesliga Nord gegen Witten: Eine Vorentschei-dung

Am Samstag, 24. Juni fand in Witten für die Piratinnen des JC66 Bottrop der vierte Kampftag der Judo-Bundesliga Nord statt. Nach einem Remis gegen Mönchengladbach und klaren Siegen gegen Vorsfelde und Stella Bevergern durfte das Team aus Bottrop gegen die bisher an Position eins platzierten Judokas aus Witten antreten.
Die Ausgangssituation war klar und von allen bekannt: Nur ein Sieg würde für die Piratinnen eine greifbare Chan-ce auf den ersten Tabellenplatz der Gruppe Nord bedeuten und somit die Bronzemedaille in der Bundesliga si-chern. Aber nicht nur das, ein Sieg würde auch eine sehr große Chance auf eine Qualifikation zum Europa-Cup bedeuten. Mit einem Sieg würde der JC66 Bottrop ziemlich sicher die Finalrunde am 07. Oktober ausrichten dür-fen. Es hing also mehr daran, als nur einen erfolgreichen Kampftag zu bestreiten. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen und der Vorstand musste sich bis zu den letzten Gefechten gedulden. Präsident Detlef Kaziur: „Witten ist ein sehr starkes Team. Wir haben noch nicht so oft gegen sie gewonnen, weder bei den Männern, noch bei den Frauen. Letzte Woche sind die Männer knapp an den Wittenern gescheitert. Die Frauen könnten es wieder gerade biegen. Man muss aber vorsichtig sein. Es wird auf jeden Fall eng werden“. Teammanager Guido Materzok: „Unsere Mädels wollen es endlich schaffen, diese Bronzemedaille zu erkämpfen. Es ist schon der sieb-te Versuch. In den letzten sechs Jahren sind sie jedes Mal Fünfte geworden (es gibt zwei Dritte und keinen Vier-ten). Letztes Jahr war es schon haarscharf. Dieses Jahr könnte es klappen“. Trainer Wolfgang Amoussou: „Die Mädchen haben Bock, die Fans haben Bock, der Vorstand hat Bock, ich habe Bock, alle haben Bock! Wir werden Witten besiegen!“

Der JC66 Bottrop musste auf einige sehr starke Kämpferinnen verzichten. Zum Beispiel konnten die zwei Belgie-rinnen Myriam Blavier -52 Kg und Gabriella Willems -70 Kg nicht da sein, weil sie mit ihrem Nationalteam an einem Höhentrainingslager teilnehmen. Aber dafür reiste die Niederländerin Guusje Steenhuis (eine der Besten der Welt in ihrer Gewichtsklasse) an. Witten war auch geschwächt, also war die Situation ausgeglichen.

Im ersten Durchgang stellte der JC sein an diesem Tag vielleicht stärkstes Team auf. Lea Püschel -70 Kg war erst vor kurzem vom Grand-Prix in Mexico zurückgekommen. Ihren müden Augen war anzusehen, dass sie sich noch nicht vom Jetlag erholt hatte. Auf die Frage, wie sie sich fühlt, ließ sie jedoch keine Zweifel aufkommen: Sie war kampfbereit! Gegen Sarah Kesmen leistete sie sich keine Fehler und brachte sauber den Sieg nach Hause. Danach musste sich Lena Wilkes -52 Kg gegen die Niederländerin Tjokroatmo geschlagen gegeben. Agatha Schmidt löste gegen Bieber -63 Kg nach ein paar Sekunden ein kleines Erdbeben aus, als sie mit einem unge-wöhnlichen georgischen Wurf ihre Gegnerin auf die Matte katapultierte. -70 Kg versuchte Alina Fiedler alles, um Mäkelburg, momentan in Europa bei den Juniorinnen eine der Besten, zu bezwingen. Doch es gelang ihr nicht. Es stand 2-2. Nora Bannenberg -57 Kg kämpfte stark gegen Grigo, aber keine Wertung fiel in der regulären Kampfzeit. Im Golden Score schaffte es dann Nora Bannenberg und der JC ging wieder in Führung. Im Schwer-gewicht trat Guusje Steenhuis an. Ihre Gegnerin, Clarissa Wermke gehört in Deutschland zu den Stärksten. Gegen Guusje, amtierende Vize-Europameisterin, bekam sie aber nicht einmal den Hauch einer Chance. Im letzten Kampf des ersten Durchgangs traf Julia Rotthoff -48 Kg auf die Niederländerin Gersjes. Gersjes zeigte sich in diesem Kampf stärker als Julia. Doch wer Julia kennt, weiß dass sie sogar stärkere Gegnerinnen schlagen kann. Diesmal ist es ihr jedoch nicht gelungen. Am Ende des ersten Durchgangs stand es 4-3 für den JC66 Bottrop.

In der Pause begann das große taktische Handeln. Laut Reglement müssen pro Team zwei Kämpferinnen ersetzt werden. Mit dem Team der ersten Runde wäre es relativ reibungslos weiter gegangen. Doch diese zwei Wechsel bedeuten immer ein großes Problem, wobei man auch nicht weiß, wie der gegnerische Coach sein Team aufstel-len wird. Da ist Taktik gefragt, Bauchgefühl und ein bisschen Glück. Teammanager und Trainer waren sich beim JC66 Bottrop nicht ganz einig. Das Team wurde auch um Rat gefragt, sowie einzelne Athletinnen. Letztendlich wurden sieben Namen auf das Blatt geschrieben. Bei der Roulette sagt man: „Les jeux sont faits. Rien ne va plus! (Das Spiel ist gemacht. Nichts geht mehr!)“. Jetzt war es auch zu spät, etwas zu ändern. Wolfgang Amoussou richtete sich bei der Aufstellung im Großen und Ganzen nach den Vorschlägen des Teammanagers Guido Mater-zok („Guido ist der bessere Taktiker außerhalb der Kampffläche, also vertraue ich ihm“), aber eine wichtige Ent-scheidung boxte er durch. Sina Felske sollte -57 Kg Nora Bannenberg ersetzen: „Nora hat sehr stark gekämpft und ihre Leistung war ausgezeichnet, jedoch war es nicht sicher, dass es genauso zu wiederholen war, denn Grigo ist auch bärenstark. Wären wir nicht gezwungen gewesen, hätte ich nichts geändert und Nora hätte nochmal gekämpft, aber wir mussten in zwei Gewichtsklassen wechseln. Ich habe Sina gefragt, wie sie sich fühlt und ob sie kämpfen möchte. Sie war sich zu 100% sicher, dass sie das Zeug hat, um Grigo zu besiegen und sie war entschlossen wie nie. Sina kenne ich schon viele Jahre: Sie kann sich realistisch einschätzen. Doch sie konnte in den letzten drei Wochen wegen einer Fingerverletzung kein Judo machen. Meine Frau Nicole ist der Physio der Mannschaft und hat sie drei Wochen lang therapiert. Sina hat in dieser Zeit Konditions- und Krafttraining ge-macht. Am Kampftag hat Nicole ihr ein sehr gutes Tape angelegt. Der Finger war wie ein Haken „eingegipst“, aber dennoch zum Greifen funktionsfähig. Sina unter diesen Voraussetzungen einzusetzen, war schon eine Kamikaze-Aktion… Auf jeden Fall war es keine sichere Nummer, aber ich habe geglaubt, dass es funktionieren kann. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt…“

Wie im ersten Durchgang gewannen Lea Püschel und Agatha Schmidt (nochmal mit einem unorthodoxen „Ham-merwurf“). Eva Jungbluth und Alina Fiedler mussten zwei Niederlagen einstecken. Man wusste nicht, wie es zwi-schen Julia Rotthoff und der Niederländerin Gersjes ausgehen würde. Guusje würde aber sicher wieder gewinnen. Also musste Sina Felske die ganze schwere Last auf ihren Schultern tragen, denn nur mit einem Sieg in ihrem Kampf wäre gewährleistet gewesen, dass der JC66 Bottrop die Begegnung gegen Witten gewinnt, mit den ganzen bereits erwähnten guten Konsequenzen. Ausgerechnet Sina, mit den schwierigen Rahmenbedingungen, musste es richten. Sina stand aber fest wie ein Baum und fuhr ein sehr hohes Tempo. Grigo war überfordert: Sie agierte und reagierte nicht. Kurz vor Schluss kam die Befreiung: Sina erzielte eine Wertung. Das war vielleicht die Vorentscheidung… Guusje Steenhuis gewann wie geplant und es brachte dem JC66 Bottrop den Sieg gegen Witten. Im letzten Kampf standen sich Julia Rotthoff und die Niederländerin Gersjes gegenüber. Es ging zwar nicht mehr um den Gesamtsieg, aber um die Anzahl der einzelnen Siege zwischen den zwei Vereinen und darüber hinaus, um die Anzahl der einzelnen Siege seit Beginn der Saison. Der JC hatte zwar ein bisschen Vorsprung auf den JC Mönchengladbach, aber dieser Vorsprung drohte zu schmelzen und jeder Punkt war wichtig. Julia ließ den Knoten platzen und demonstrierte in ein paar Sekunden, warum sie in der Bundesliga so gefürchtet wird. Sie überrannte Gersjes und ließ ihr keine Chance. Wolfgang Amoussou: „Dieser letzte Punkt von Julia war auch sehr wichtig, denn jetzt haben wir zwei Siege mehr als Mönchengladbach und es wird sehr schwer sein, die einzuholen. Wenn Julia nicht gewonnen hätte, hätten wir nur einen Sieg Vorsprung und Gladbach hätte noch Hoffnung geschöpft. Jetzt werden sie uns nicht mehr kriegen!“

Endergebnis: 9-5 für den JC66 Bottrop. Der Sack ist zwar nach diesem erfolgreichen Kampftag noch nicht ganz zu, aber es sieht für den JC66 Bottrop sehr gut aus. Die Entscheidung wird am 16. September in der Dieter-Renz-Halle gegen den Brander TV fallen. Da könnten die Judofrauen Historisches schaffen. Noch nie hat ein Bottroper Team in einer olympischen Sportart eine Medaille auf der Deutschen Meisterschaft gewonnen. Bald könnte es zum ersten Mal gelingen.

Weitere Informationen zu Verein, den Ligen und dem Training finden Sie jederzeit unter www.jc66.de.

Autor:

Jürgen Ehlert aus Bottrop

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