Wie? watt? Ein weißer Elefant auf Lohberg?

ExtraSchicht auf Zeche Lohberg. Foto: Heinz Kunkel
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Seit 2001 lockt der Dauerbrenner „ExtraSchicht“ hunderttausende Besucher revierweit in die bunte „Nacht der Industriekultur“.

Im letzten Jahr wurden über 200.000 Besucher gezählt. Das Prinzip ist so einfach wie genial: Man kauft eine Karte (VVK 12 Euro, TK: 16 Euro und das z.B. im PRESSEHAUS DIN, Friedrich-Ebert-Str. 40, Tel. 02064-41900 oder bei DINAMIT, Friedrich-Ebert-Str. 46-48, Tel: 02064- 605305, im Bürgerbüro Stadtmitte. Tel. 2064- 66-222 und an weiteren bekannten VVK-Stellen) und kann dann mit 160 Shuttlebussen durchs ganze Revier „gurken“ und Kunst und Kultur satt erleben: 200 Events mit nur einem Ticket vor prächtig in Szene gesetzten alten Industrie-Kulissen.

Datt iss echt der Hammer! Die alten Zechen und Industrie-Anlagen erzählen von ihrer chlorreichen Geschichte und auch ein bisschen vom Elend, der „Maloche“ unter Tage. Allet von 18 Uhr bis 2 Uhr in 22 Städten zwischen Duisburg und Hamm.
Für eine Nacht wird das Ruhrgebiet zu der großen pulsierenden Glitzer-Metropole, von der andere Weltstädte nur träumen können! (Am Tag ist das nicht so einfach, da schlägt sich der Revier-Erkunder mit den Eigenheiten und Preisen der einzelnen lokalen Verkehrsbetriebe rum).
Aber wenn es in der „Nacht der Nächte“ klappt, dann klappt das eines Tages ja auch tagsüber... Das Bessere ist der Feind des Guten.

So ein bunter Lichterzauber mit artistischen Events ist einfach unvergesslich. Da wird aus oller Industrielandschaft plötzlich illuminierter Erlebnisraum. Statt Kohle wird Kultur gefördert. Der Anfang ist gemacht. Auch in Dinslaken auf Zeche Lohberg wird das zarte Pflänzchen Kultur von der RAG gehegt und gepflegt. Dem Bergrecht mühsam abgerungen haben hier künstlerische Profis und Liebhaber eine kreative Bleibe gefunden. Die ExtraSchicht ist da immer eine schöne Gelegenheit diesen Strukturwandel auch gut beleuchtet zu zeigen und damit auch andere Kreative zur Ansiedlung zu inspirieren.

Lohberg zeigte diese Schokoladenseite besonders in den letzten beiden Jahren: Viele erinnern sich noch heute an das zauberhaft poetische Lichter-Labyrinth (2009) und das unglaubliche katalanische Theater „Artristas“ mit überlebensgroßen Marionetten und Fabelwesen aus seiner „Büchse der Pandora“, das im Kulturhauptstadtjahr 2010 die Besucher in der riesigen Lohberger Kohlewaschanlage begeistert hat.
Das Rainer Maria Rilke Gedicht „ Das Karussell“ stand laut der RAG-Montan-Immobilien-Leiterin für Entwicklung, Marketing und Vertrieb, Dr. Annika Edelmann, die auch das Gedicht in voller Länge (und bei vollem Hall) vortrug, Pate. Und auch wenn der Pariser Jardin du Luxembourg für Unkundige auf den ersten Blick nicht viel mit der Zeche Lohberg zu tun zu haben scheint, so zeigen die Inspirierten damit doch deutlich, wohin die Reise gehen soll. Lohberg ist im diesjährigen ExtraSchicht- Shuttle-Karussell „dann und wann ein weißer Elefant“. Und der soll auf Lohberg wohl auch als Projektion „dann und wann“ im Rahmen der künstlerischen Darbietungen auf Lohberg zu sehen sein:

Karussell Lohberg

„Freunde skurriler Darbietungen“ kommen laut Extraschicht-Broschüre (S. 20) in Lohberg voll auf ihre Kosten.

„Das „Karussell der Nacht“ dreht sich auf dem Zechen- gelände von 18 Uhr bis 2 Uhr früh mit wunderbaren Klängen und der Magie des Tanzes. Historische Gebäude, die früher nüchterne Aufgaben erfüllten, erhalten durch künstlerische Darbietungen und Mitmachaktionen, durch Licht und Musik eine einzigartige Ausstrahlung. So stimmen im ehemaligen Sozialgebäude unter dem Titel „Reflexionen“ transparente Malerei und Mini-Vorträge im Atelier freiart auf die Besonderheiten der ExtraSchicht und des Kreativ.Quartiers Lohberg ein. Von nah und fern können die Nachtschwärmer in der ehemaligen Zentralwerkstatt eintauchen in eine Welt der Visionen mit speziellen Soundkulissen auf das Ruhrgebiet, Lohberg, die Menschen und Entwicklungen. Und im ehemaligen Fördermaschinenhaus führt eine Audioslideshow zum „Haldenklang: Gestern - Heute - Zukunft“ oder sphärische Musik und wandernde Schatten zur „Imaginären Zauberlandschaft“. Bis 2 Uhr früh gibt es in der Lohn- und Lichthalle etwas „auf die Ohren“. Z.B. mit der Bläserklasse Waldorfschule und Bergmannschor Concordia, dem Duo Nós (mit Sängerin Samirah Al-Amrie), dem Singenden Tresen oder bei einer Tanzperformance mit Arbel Aharoni aus Israel.
Auf der Bühne am Förderturm darf bei „Musik für die Beine“ getanzt werden. Das Motown Projekt aus Dinslaken und die Party-Showband Hit Mama aus Berlin sorgen unter anderem ab 19.30 Uhr für die passenden Partysounds. In den Sozialgebäuden, der Schwarzkaue und der Zentralwerkstatt läuft bis 24 Uhr ein Mitmach-Programm. Wem der Sinn nach Begegnungen mit Vergangenheit und Zukunft steht, der nimmt an einer der Führungen über das Zechengelände teil. Highlight zum Abschluss der Lohberger ExtraSchicht ist das Nachtglühen von 3 Ballonen bei einer Mongolfiade“, so die Organisatoren und Hauptveranstalter Ruhr Tourismus.

Jau! Und „dann und wann... einen weißen Elefanten“.
Die Shuttlebusse fahren natürlich auch.

„Das Karussell“
Jardin du Luxembourg

(von Rainer Maria Rilke, 1906)

Mit einem Dach und
seinem Schatten dreht
sich eine kleine Weile der Bestand
von bunten Pferden,
alle aus dem Land,
das lange zögert,
eh es untergeht.
Zwar manche sind an
Wagen angespannt,
doch alle haben Mut in
ihren Mienen;
ein böser roter Löwe geht mit ihnen
und dann und wann ein weißer Elefant.

Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,
nur dass er einen Sattel trägt und drüber
ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.

Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge
und hält sich mit der
kleinen heißen Hand
dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und auf den Pferden
kommen sie vorüber,
auch Mädchen, helle,
diesem Pferdesprunge
fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge
schauen sie auf, irgendwohin, herüber -

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und das geht hin und eilt sich, dass es endet,
und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.
Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet,
ein kleines kaum
begonnenes Profil.

Und manchesmal ein
Lächeln, hergewendet,
ein seliges, das blendet und verschwendet
an dieses atemlose blinde Spiel. . .

(Erschienen im Niederrhein Anzeiger KW 27/11 cd)

ExtraSchicht auf Zeche Lohberg. Foto: Heinz Kunkel
Samirah Al-Amrie,  Axel Biermann (GF Ruhr Tourismus), Christa Jahnke-Horstmann (1. Beigeordnete Stadt DIN), Bernd Lohse, Dr. Annika  Edelmann (beide RAG Montan Immobilien) und Ulrike Int-Veen. Foto: Heinz Kunkel
Autor:

Caro Dai aus Essen-Werden

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