Arztbesuch oder Warten im Wartezimmer

Warten im Wartezimmer!

Man sollte meinen, es ist nur dafür erfunden worden, um Zeit abzusitzen, in mal mehr, mal weniger verbrauchten Zeitungen zu blättern und zu erfahren, was vor ein paar Wochen bei den Promis so los war.
Was wäre es für eine wunderbare Welt, würden wir einen Termin beim Arzt machen und kämen dann auch dran!
Als ich die Tage bei meiner Frauenärztin anrief, um einen Termin zu vereinbaren, (mit zwei Monaten Vorlaufzeit), sagte mir die nette Assistentin, 10.45 Uhr am 6.12.2010.
Ich sagte: „Gut, ist notiert. Dann tragen Sie mich bitte für 10.45 ein, ich komme dann so gegen 11.45, pünktlich zur Untersuchung.“
„Nein, das geht nicht!“
„Wieso nicht, beim letzten Mal ging das doch auch?“
Wenn Ihnen mal langweilig im Wartezimmer ist, rechnen Sie mal den volkswirtschaftlichen Schaden aus: ein Arbeitnehmer muss mindestens einen halben Tag einplanen, um seinen Arztbesuch machen zu können (beim Orthopäden gleich einen ganzen Tag).
Ich habe mir angewöhnt direkt zu fragen, wie lange es dauert. Dann erhalte ich meist die Auskunft: „Na ja, so eine halbe Stunde.“ Ich frage dann auch, wieso? Die am häufigsten gewählt Ausrede: „Wir haben immer mal einen Notfall.“ Oder auch: „Der Herr Doktor ist zu spät aus der Mittagspause zurück.“
Viele Ärzte haben mittlerweile eine Entzerrung der Warteräume vorgenommen. Sie lassen die Patienten aufrufen, verteilen diese auf diverse Sprechzimmer und lassen sie noch einmal warten. Ich habe mir angewöhnt, 30 Minuten im Wartezimmer plus 10 Minuten im Behandlungszimmer ist meine persönliche Grenze. Dann gehe ich und mache einen neuen Termin. Meist bitte ich dann um einen direkt als erste morgens oder nach der Mittagspause. Ich wünschte mir, die Wartenden würden im Wartezimmer genauso rumnölen, wie wir es gern im Supermarkt an der Kasse machen, wenn wir warten müssen und da geht es oft nur um ein paar Minuten. Denn es geht anders: Seit über 24 Jahren gehe ich zwei Mal im Jahr zu meinem Zahnarzt und habe nie mehr als fünf Minuten im Wartezimmer zugebracht. Die Praxis ist so perfekt organisiert, dass selbst ein Notfall pro Tag dazwischenkommen darf. Meine Freundin ist jetzt bei einem Internisten, der hat nicht mal mehr ein Wartezimmer! Und der schmeißt seine Patienten raus, wenn die mehr als einmal zu spät kommen.
Ich finde es wunderbar für meine Planung zu wissen, um 10.30 ist der Termin, kurz vorher bin ich da, spätestens um 11.00 Uhr wieder raus und um 11.30 kann ich schon an der Konferenz teilnehmen, die ich zugesagt habe.
Nach dem Motto, wenn man nichts sagt, kann auch niemand was ändern, habe ich mir angewöhnt, jetzt immer was zu sagen. Das bringt zwar rot markierte Einträge in der Patientenakte, aber es hilft, weil die Assistentinnen keinen Nerv auf meine Fragerei haben.
Organisation ist vielleicht nicht alles, aber doch eine ganze Menge und ich meine auch, das hat mit Respekt zu tun. Letztens habe ich mir den Spaß erlaubt, da kam der Arzt endlich ins Behandlungszimmer und setzte sich. Ich stand auf und sagte: „Bin gleich wieder da. Warten Sie bitte einen Moment.“
„Das geht nicht“, hörte ich wieder und sagte wieder, „Warum nicht, umgekehrt geht es doch auch?“

Autor:

Stef Koch aus Düsseldorf

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