Als es noch Kartoffelferien gab....

Die Herbstferien, die an diesem Wochenende beginnen, waren früher als "Kartoffelferien" bekannt, in denen wir Kinder mit auf`s Feld zogen, um bei der Ernte zu helfen.

Früher, Ende der 50 er und Anfang der 60 er Jahre mussten alle mithelfen, Alt und Jung, Männlein und Weiblein, die kostbaren Knollen aus der Erde zu holen, denn eine gute Kartoffelernte war damals lebenswichtig.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass unser Pferd "Max" den Kartoffelroder zog. Ich glaube, dieses Gerät war eine Spindel, die sich drehte und die Kartoffeln aus der Erde warf.

Jetzt brauchten die Helfer die Kartoffeln nur noch in große längliche Körbe, sog. "Bratsche " einzusammeln.
Eine mühselige Arbeit war das. Die Körbe wurden dann in Säcke geleert, die mitten auf dem Feld standen. Und diese wurden dann auf einen Anhänger geladen, der am Feldweg stand.

Wir Kinder durften beim Kartoffel ausmachen immer nachlesen, "sümern" nannte man das. Wir gingen dann immer die abgernteten Reihen nach, und sammelten die vergessenen Kartoffeln ein.
Auch das war mühevoll und immer mit Rückenschmerzen verbunden.

Punkt halb 4 wurde nachmittags Pause gemacht. Dann saßen wir auf Kartoffelsäcke, aßen dicke Butterbrote mit Rübenkraut, und die Erachsenen tranken dazu den berühmten Muckefuck aus dicken Feldtassen.

Schon mittags schüttete meine Mutter dieses gräßlich schmeckende Gebräu auf, der dann in einer Blechkanne, dick mit alten Biberbettüchern eingepackt, in einem Eimer mitgenommen wurde.

Abends, wenn es fast dunkel wurde, brannten die Kartoffelfeuer. Wir warfen kleine Kartoffeln in die glühende Asche und konnten es kaum abwarten, bis sie gar waren und verbrannten uns nicht selten die "Schnüss."
Aber egal-, dieses Erlebnis in freier Natur war es uns wert.

Nach der Ernte kamen die Kartoffeln zum Trocknen bei uns auf den Hof. Die anhaftende Erde fiel nach 3 Wochen Lagerung fast von selbst ab.
Nun kamen sie in einen Sortierer, wo durch Rütteln der Siebe die letzten Erdkrumen abfielen, Gleichzeitig wurden die Kartoffeln in klein und groß sortiert.
Auch diese Arbeit war mühselig, da der Sortierer von Hand angekurbelt wurde.

Die kleineren Kartoffeln, die sog. "Ferkesäpele" dienten als Schweinefutter, die Hauptmenge wurde als Einkellerungskatoffeln im Bekanntenkreis verkauft.

Zwei Sorten gab es damals, "Klimax", eine mehlig kochende und "Grata" eine festkochende Knolle.

Mein Vater schleppte den Leuten die Kartoffeln noch in Zentnersäcken in den Keller. Mache Familen kauften bis zu 10 Zentner.

Vater achtete arauf, dass vor dem 1. Frost, der damals immer um Allerheiligen eintrat, die Kartoffelernte erledigt war.

Heute kommt eine Kartoffelernte ohne moderne technische Geräte nicht aus.
Nach der Ernte mit einem modernen Roder kommen die Knollen noch auf dem Feld auf ein langes Förderband und werden dann von Helfern von Steinen, Glasscherben und sonstigen Unrat befreit.
Denn das schafft selbst die beste Maschine nicht.
Die Kartoffeln kommen auch gleich auf große Anhänger und werden dann zur Weiterverarbeitung an Händler verkauft.

Und die kleinen Knollen werden nicht mehr an Schweine verfüttert, sondern sondern als Delikatesse in jedem Supermarkt angeboten.

Eine Freundin erzählte mir vor einigen Tagen, dass man in der Nachkriegszeit im Ruhrgebiet ein Stück Land mit eingepflanten kartoffeln mieten konnte. Ernten tat man dann selbst, aber so hatte manche Familie in den Wintermonaten genug zu essen.

Aber diese Zeiten habe ich nicht mehr erlebt.

Autor:

Christa Palmen aus Düsseldorf

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