Alte Liebe rostet nicht: Oldtimertreff Emmerich

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Mia Giulia: Alte Liebe rostet nicht!

Es war vor 40 Jahren. Meine Augen glänzten, wie ich sie so vor mir sah: Rank, schlank, rassig, in ihrem auberginefarbenen Kleid. Es war eine kurze, heiße Liebe. Dann hatte ich einen neuen Job angetreten. Mit Sekretärin und Dienstmercedes. Ich musste mich entscheiden. Eine Dreiecksbeziehung, das kam nicht in Frage, hätte meine Julia nicht verdient.
Ich hatte sie an den Papa oder besser den Padrone einer italienischen Gastarbeiterfamilie – so freundlich nannte man das damals - abgegeben. Der Padrone fühlte, wie es mir ums Herz stand. Er lud mich zu sich nach Hause auf einen Espresso ein. Ich wusste, sie würde es gut bei ihm haben.

Als das erste Mal ihr Herz für mich schlug, zitterte ihr ganzer Körper. Ich bekam rote Ohren. Streichelte sie zärtlich, bevor wir uns auf den Weg machten. Ich war verliebt in meine Julia. Ihre tiefe Stimme, ihre großen, leuchtenden Augen, ihr knackiges Hinterteil. Feuer und Grazie, sehr viel Leidenschaft, nicht ganz so viel Beständigkeit. Und dann hatte ich mich von ihr trennen müssen.
Mit Julia zusammen zu sein war immer ein Liebesakt. In Unterführungen, auf Bergstraßen öffnete ich das Seitenfenster, um mich an ihrem sonoren Klang zu berauschen. Alles an ihr vibrierte, wenn wir uns aufeinander einließen, das Gaspedal, der Schalthebel, das hölzerne Lenkrad, die ganze Karosserie. Ich wusste, dass sie lieber bei Sonnenschein unterwegs war. Wenn es bei Regen sein musste, hatte ich stets einen Silikonspray für sie bereit, um ihre Elektrik zu schützen. Für jedes sichere, pünktliche Ankommen dankte ich ihr von Herzen. Manchmal öffnete ich verstohlen die Haube, um die berauschende Figura ihres Motors zu betrachten. Meine Alfa Giulia Super: Zwei oben liegende Nockenwellen, zwei Flachstrom-Doppelvergaser, Fünfganggetriebe, der Reihenmotor mit 1600 Kubik, 103 PS, so sauber eingepasst wie von Leonardo gemalt.
Heute beim Oldtimertreffen an der Rheinpromenade in Emmerich waren viele Schätzchen zu bewundern: Ländliche Schönheiten mit robusten Konturen, dann elegantere, flotte, mehr zum Posieren vor Stadtcafes oder zum Bummeln durch Alleen. Aufgeschlossene Engländerinnen, eine teutonisch schöne Isabella und viele andere Augenweiden. Alte Gefühle wallen auf. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Schatz! Fotografieren durfte ich, es wurde mit Besitzerstolz erlaubt.

Dann sah ich sie, eine Schwester meiner Julia? Giulia in Weiss!
Okay, es ist doch nur ein Auto, aber eines mit Herz, un cuore sportivo.

Bruno Woda am 12. Juni 2011

Autor:

Bruno Woda aus Emmerich am Rhein

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