Legende am Ende - Café Waldfrieden vor dem Abriss

Das Café Waldfrieden von Wilhelm Lützenrath Anfang der 1920er Jahre. Foto: Bergbau- u. Heimatmuseum Heisingen
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Jahrzehntelang gehörte er zu jedem Spaziergang durch den Schellenberger Wald einfach dazu - ein Besuch im Café Waldfrieden - von vielen nach seinem Besitzer nur Lützenrath genannt. In warmen Sommermonaten war nur mit viel Glück noch ein Plätzchen zu ergattern - im Spätsommer, zur Pflaumenzeit, ein Ding der Unmöglichkeit.

Ganz besonderer Beliebtheit erfreute sich das Café in den vergangenen Jahren bei der Generation 60+. Nach einem (kurzen) Ründchen durch den Schellenberger Wald kehrte man voller Vorfreude auf den weit über die Grenzen Heisingens hinaus bekannten und beliebten Pflaumenkuchen im Café Waldfrieden ein.
„Das Café war für die Backkünste der Pflaumen-Paula bekannt und berühmt“, erzählt Ilse Cram vom Museumskreis des Bergbau- und Heimatmuseums in Heisingen. „Außer dem leckeren Pflaumenkuchen gab es dort die größten Windbeutel“, ergänzt Margret Oldenburg, die sich ebenfalls im Heisinger Museumskreis engagiert. Die Qualität des Gebäcks hatte sich auch nach dem Wirken von „Pflaumen-Paula“ gehalten und trug mit zu den stets vollen Sitzplätzen bei. Für die anschließende Heimfahrt der Gäste war die Bushaltestelle „Lützenrath“ - benannt nach den Café-Betreibern - dann nur wenige Meter entfernt.

Das erste Mal erwähnt wird das Café bereits im Jahr 1918. „Zuvor hieß das Haus Duvenkampskotten“, berichtet Hobby-Historikerin Ilse Cram. Der Kotten stammt aus dem 18. Jahrhundert - das genaue Baujahr ist unbekannt. „Wahrscheinlich nach seiner Heirat im Jahre 1771 bewohnte der wegen des Bergbaus aus Frohnhausen zugezogene Johann Heinrich Duvenkamp mit seiner jungen Frau das Haus“, so Ilse Cram. Danach lebten mehrere Generationen der Familie Duvenkamp auf dem Kotten - Bergleute, die nebenbei ihre Landwirtschaft betrieben.
1918 schließlich eröffnete Wilhelm Lützenrath aus der Heisinger Kuckuckstraße eine Gaststätte im Duvenkampskotten. Günstig am Waldrand und Dorfeingang gelegen, wurde diese bald zum beliebten Ausflugsziel. Aus dem Jahr 1929 datiert eine noch erhaltene Reklame für das Café Waldfrieden. Ilse Cram: „Darin empfahl Wilhelm Lützenrath sein Café - damals an der Bredeneyer Straße 221 - heute Heisinger Straße 296 - zur Einkehr.“
Wilhelm Lützenraths Tochter Wilhelmine, verheiratete Gernemann, setzte mit ihrer Schwester Paula die Familientradition fort und übernahm das Café. Am Ende des Krieges 1945 wurde die benachbarte Flakstellung bombardiert und die Gaststätte brannte aus. Der Wiederaufbau mit Erweiterung und die Neueröffnung erfolgten 1950. In dieser Zeit wurde der Grundstein für die Legende von der „Pflaumen-Paula“ gelegt.
„Bis Ende 2009 betrieb dann Frau Namous, geborene Lützenrath, - ihr Vater war der Bruder von Wilhelmine und Paula - die Gaststätte“, weiß Ilse Cram.
Und jetzt: aus und vorbei! Das „Entrée Heisingens“, wie Ilse Cram das Café nennt, ist nach seiner Schließung Ende 2009 nun endgültig Geschichte, denn noch in diesem Jahr soll der alte Kotten abgerissen werden und mit dem Bau von insgesamt zwölf Doppelhaushälften sowie einem freistehenden Einfamilienhaus begonnen werden. Für viele Heisinger und auch auswärtige Liebhaber des Café Waldfrieden bedeutet dies zweifelsohne das Ende einer Institution.

Wer erinnert sich?
Liebe Leser, welche Erinnerung haben Sie an das „Café Waldfrieden“? Haben Sie vielleicht schon als Kind den herrlichen Pflaumenkuchen genossen und ihn gegen die Wespen verteidigen müssen, oder Ihrem Schatz im lauschigen Garten des Cafés verliebt in die Augen geschaut? Der RUHR KURIER freut sich auf Ihre Geschichten! Vielleicht existieren in Ihrem privaten Archiv sogar noch Fotos vom „Café Waldfrieden“. Senden Sie Ihre Zuschriften bitte an den RUHR KURIER, Westfalenstraße 288, 45276 Essen. E-Mail: redaktion@ruhrkurier-essen.de
Eingesandte Originalfotos erhalten Sie selbstverständlich zurück.

Autor:

Melanie Stan aus Essen-Ruhr

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