Schmetterlingsstrauch/-flieder, Sommerflieder,
Mehr Fluch als Segen ?

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Etwa 20 Schmetterlinge  tummelten sich an einem sonnig heißen Vormittag  gleichzeitig  auf den violetten Rispen des Schmetterlingsflieders, vor dem  ich auf einer Bahnbrache längere Zeit stand. In erster Linie waren es Tagpfauenaugen und Kohlweißlinge. Aber auch den  Admiralen, Distel- und   Zitronenfaltern  sowie den  C-Faltern schmeckte der Nektar des Flieders.  Dazu kamen zahlreiche Hummeln und Bienen. Sogar  Holzbienen und das hübsche Taubenschwänzchen lassen sich vom Duft der Blüten gerne verführen.  In der Dunkelheit besuchen Nachtfalter den Sommerflieder. Da geht jedem Naturliebhaber das Herz auf. Und diese Pflanze soll bekämpft werden?
Angesichts der vielen bunten Schmetterlinge fehlte mir zunächst jegliches Verständnis für die Einordnung dieses Insektenmagnets als Störenfried in der Natur. In der Schweiz und im Vereinigten Königreich wird der bis zu fünf Meter Strauch  jedoch schon als invasiver Neophyt, also als biologischer Neubürger mit der Tendenz, der heimischen Flora und Fauna zu schaden, eingeordnet und bekämpft.
Ich brauchte angesichts der schönen Bilder aus dem "who is who" der heimischen Insektenwelt  einige Zeit, ehe ich das ansatzweise nachvollziehen konnte.
Zum Verständnis muss man wissen, dass die eigentliche Heimat des Strauches China und das Hochland Tibets ist. Erst 1928 tauchte auf einer Kiesbank im Rhein der erste Schmetterlingsflieder in Deutschland außerhalb der Gärten auf. Bei 3 Millionen Samen, die ein einzelner Strauch bilden kann, kann man sich gut vorstellen, dass sich die Ausbreitung von da an nicht mehr stoppen ließ, zumal ein einzelner Same 40 Jahre keimfähig bleibt.Besonders an Bahn-  und Industriebrachen und entlang von Straßen, also auf Pionierflächen, breitete die neue Art sich explosionsartig aus.
In England und der Schweiz heißt es nun, die neue Pflanze würde einheimische Gewächse verdrängen. Das Argument, dass viele Insekten dort Nektar finden, lässt man in diesen beiden Ländern nicht gelten. Es wären ausschließlich "Generalisten" (wenig spezialisierte Arten) und keine Spezialisten, die den Schmetterlingsflieder besuchen. Letztere bräuchten heimische Pflanzen, um auf
ihnen ihre Eier abzulegen, damit sich auch die Raupen von ihnen ernähren können. Doch gerade die heimischen Gewächse würden vom Sommerflieder verdrängt. Außerdem würden die Insekten, die den Sommerflieder bestäuben, heimische Arten vernachlässigen.

Allerdings werden in den Städten Brachen meist über kurz oder lang bebaut und auch die Spritzmittel, die die Bahn immer noch entlang der Gleise einsetzt,dürften  heimische Pflanzen kaum hochkommen lassen.
Lediglich an Flussläufen und deren Kiesbett kann ich mir vorstellen, dass andere Pflanzen langfristig verdrängt werden.

Auf dem Gelände der Zeche Zollverein sind übrigens 48 % der Pflanzenarten Neubürger. Diese Entwicklung wird man angesichts des Klimawandels auch nicht mehr aufhalten können.
Jede vierte in den Städten wachsende Pflanzenart stammt ursprünglich nicht aus Mitteleuropa. Zum Glück  sorgen nur sehr wenige dieser Neubürger für wirkliche Probleme. Wir müssen uns wohl damit abfinden, dass es angesichts des Klimawandels und der eingeschleppten/eingebürgerten neuen Tier- und Pflanzenarten zu einer Neusortierung der Flora und Fauna kommt.

"Nichts ist so beständig wie der Wandel". sagte schon Heraklit von Ephesus (535-475 v.Chr.).

Autor:

Bernd Dröse aus Essen-West

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