„Morgens Nietzsche und abends Vernell mit dem Zipfelchen“

Prof. Dr. Helmut Hasenkox sorgt mit seinem Team der emschertainment GmbH für ein buntes kulturelles Programm in Gelsenkirchen, das aber nicht nur von Gelsenkirchenern sehr geschätzt wird. Foto: ujesko | Foto: Foto: ujesko
  • Prof. Dr. Helmut Hasenkox sorgt mit seinem Team der emschertainment GmbH für ein buntes kulturelles Programm in Gelsenkirchen, das aber nicht nur von Gelsenkirchenern sehr geschätzt wird. Foto: ujesko
  • Foto: Foto: ujesko
  • hochgeladen von silke sobotta

Er ist ein typisches Kind des Ruhrgebietes, denn er stammt aus Duisburg, hat in Bochum promoviert, kam nach Gelsenkirchen, um hier ein paar Jahre „sein Unwesen“ zu treiben, und fühlt sich inzwischen schon fast wie ein Pohlbürger: Prof. Dr. Helmut Hasenkox. Der Geschäftsführer der emschertainment GmbH plauderte mit dem Stadtspiegel über sein Leben, bevor er nach Gelsenkirchen kam, die Gegenwart und auch die Zukunft.
Von Silke Sobotta

GE. Der Gelsenkirchener ist einer der „Stars“ des aktuellen Gelsenkirchener Stadtfilms und in der Stadt unter verschiedenen Namen bekannt. Die einen nennen ihn „Ey, Brille“, andere „Fint“ und wieder andere bei seinem wahren Namen. Hinter diesem Namenswirrwarr verbirgt sich ein Mann, der vieles gemacht hat und in Gelsenkirchen zunächst nur zeitlich befristet bleiben wollte. Und dann doch hier hängen blieb.

Stadtspiegel: Sie werden im Stadtfilm Gelsenkirchen als Beispiel genannt für einen Neubürger, der gern hier lebt. Ist das so?
Helmut Hasenkox: „Neubürger? Ich bin doch jetzt schon fast 20 Jahre hier, kann man da noch von Neubürger reden? “

Seit wann sind Sie in Gelsenkirchen aktiv?
„Seit dem 1. Oktober 1992. Und dieser Tag hat sich genau so zugetragen, wie ich es im Stadtfilm erzähle. Der Busfahrer hat mir tatsächlich mit den Worten ‚Ey, Brille. Die nächste musse raus‘ Bescheid gesagt, dass ich am Ziel sei, das damals noch die Kaue war.“

Die Brille ist ja auch tatsächlich so etwas wie ein Markenzeichen. Ist sie für Sie ein modisches Accessoires oder eine Notwendigkeit?
„Ich trage eine Brille seit meinem siebten Lebensjahr. Sie ist für mich nicht wegzudenken. Im Laufe der Jahre habe ich natürlich auch so manche Mode mitgemacht, was randlose Brillen betrifft und anderes. Irgendwann kam dann mein Bekenntnis zum Horn. Und da lasse ich mich dann bei den Modellen auch gern beraten.“

Wie sah Ihr Leben vor Gelsenkirchen, also vor 1992 aus?
„Es gibt ja gerade Lebenslinien, so mit Schule und Studium und dann Beruf. Aber ich setze da mehr auf ein chinesisches Sprichwort, das besagt: Umwege erhöhen die Ortskenntnis.
Darum habe ich während meines Studiums zum Beispiel als Musiker in einem Tonstudio gearbeitet, in dem bundesweite Rundfunk- und Fernsehwerbung vertont wurde. Ansonsten habe ich Germanistik, Geschichte, Philosophie und Theaterwissenschaften studiert. Man könnte sagen: Morgens Nietzsche und abends Vernell mit dem Zipfelchen. Danach war ich bei einer Sponsoring-Agentur. Wir haben die Werberechte von großen Rock‘n‘Roll-Veranstaltungen an Markenhersteller verkauft.
Auf diese Weise habe ich zum Beispiel drei Jahre lang bei Rock am Ring gearbeitet oder war mit den Scorpions und Joe Cocker unterwegs. Ich spiele Klavier und habe auch in verschiedenen Bands mitgewirkt. Eben alles so während des Studiums.“

Und wie passt da 1992 Gelsenkirchen ins Bild?
„Ich wollte unbedingt mal selbst ein Haus und sein Programm gestalten und nicht mehr wie bei Rock am Ring nur ein kleines Rad im riesigen Räderwerk sein. Damals dachte ich so daran, für zwei oder drei Jahre hierzubleiben. Sind ein paar mehr draus geworden.
Vielleicht habe ich dadurch an anderen Stellen was verpasst, das mag ja sein. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass mir was fehlt. Ich habe hier meine absolute Wunschvorstellung von meinem Beruf verwirklichen können – mit der emschertainment und meiner Professur an der Fachhochschule. Besser geht es nicht!“

Oft wird von Ihren Kontakten zu berühmten Comedians gesprochen. Wie kam es dazu?
„In den Kaue-Anfängen gab es schon die Zeche Carl und den Bahnhof Langendreer, durch die das Geschäftsfeld Rock und Pop bereits vergeben war. Bei Rock am Ring habe ich Achim Rohde kennengelernt, der heute in Köln das Comedy-Festival veranstaltet. Er meinte damals zu mir, dass die Gattung Comedy eine ganz große Zukunft haben würde und er sollte Recht behalten.
Atze Schröder, Michael Mittermeier oder Herbert Knebel waren damals gerade mal gut für 60 Besucher. Nach und nach sind deren Besucherzahlen regelrecht explodiert und die Kaue wurde irgendwann zu klein. Da standen wir vor dem Problem, dass die Künstler sich einen anderen Veranstalter gesucht hätten, wenn wir uns nicht professionalisiert, das Personal aufgestockt und neue Räume gesucht hätten.
Aber in dieser ersten Zeit der räumlichen Enge und der familiären Auftritte bildeten sich persönliche Bande.
Ich gehe heute alle 14 Tage mit Uwe Lyko alias Herbert Knebel joggen. Jürgen von der Lippe kommt jedes Jahr ein Mal zu Besuch und wir kochen gemeinsam. Da kann ich eine Menge lernen. Und Atze Schröder lädt jedes Jahr am Tag vor Weihnachten zu einer Party zu sich ein. Wenn heute die Crew von Michael Mittermeier samt Künstler auf die Leute von der emschertainment trifft, dann ist das hinter der Bühne wie ein Familientreffen. Und dann gibt es noch den Paten-Piet. Piet Klocke ist der Patenonkel meiner Tochter Linda.“

Hilft Ihnen das auch bei Terminabsprachen?
„Aber klar. Im Kulturhauptstadtjahr wollten alle Städte Herbert Knebel zur Eröffnungsfeier haben. Wir hatten ihn hier in Gelsenkirchen. Inzwischen haben die Comedians der ersten Generation ja schon einen echten Popstar-Status.“

Das heißt, Sie kennen Atze Schröder auch ohne Perrücke und Brille?
„Atze erkennt in freier Wildbahn kein Mensch. Wenn er mal verspätet zu einem Auftritt kommt, kann er getrost durch das ganze Publikum laufen, ohne erkannt zu werden.“

Woher stammt eigentlich „Fint“, wie viele Freunde Sie nennen?
„Das ist eine zu lange Geschichte. Tatsache ist, dass das eine Erfindung von Freunden meiner Eltern ist. Ich trage diesen Spitznamen nun schon seit 50 Jahren. Wie es dazu kam, weiß heute keiner mehr.“

In dem Stadtfilm sieht man Sie auch als begeisterten Läufer. War das schon immer Ihre Passion?
„Nein, ganz und gar nicht. Ich habe bis zu meinem 40. Lebensjahr alles getan, was man tun kann, um sich körperlich zu ruinieren. Ich habe geraucht, gerne und oft einen Wein getrunken und alles gegessen, was dick und krank macht. Damals hatte ich auch 12 Kilogramm mehr auf der Waage.
Im Dezember 2000 hatte ich eine Hirnblutung, die erfolgreich operiert werden konnte. Ich hatte unglaubliches Glück. Das war ein traumatisches Erlebnis und hat mich zum Umdenken veranlasst. Heute versuche ich alles, um möglichst fit zu bleiben, gehe täglich etwa 10 Kilometer laufen, esse beinahe fleischlos, rauche nicht und trinke nur selten Alkohol, dann aber gerne. Mein erster Lauf hat übrigens 500 Meter gedauert, da wusste ich, wo ich stehe. Ich habe einfach neue Prioritäten gesetzt.“

Wagen Sie einen Blick in die Zukunft und verraten schon einmal, worauf sich die Gelsenkirchener freuen dürfen.
„Zunächst einmal bin ich stolz darauf, dass noch in diesem Jahr Reinhard Mey kommen wird. Das ist das erste Mal nach 2005 wieder einmal der Fall. Damit wird auch das Jahr der Liedermacher fortgesetzt, denn nach Hannes Wader und Konstantin Wecker kommt im zweiten Halbjahr auch noch Klaus Hoffmann im November ins MiR. Für 2012 ist uns ein ganz besonderer Clou geglückt. Da kommt ein toller Entertainer – kein Deutscher – erstmals nach Gelsenkirchen. Weil der Vorverkauf noch nicht eröffnet ist, darf ich den Namen noch nicht verraten. Nur so viel steht fest: Daran haben wir fünf Jahre gearbeitet. Damit geht ein Herzenswunsch von mir in Erfüllung, wobei ich natürlich weiß, dass ich hier nicht beschäftigt bin, um meine persönliche Hitparade umzusetzen.“

Ob es auch im nächsten Jahr ein Blind Date-Festival geben wird, konnte Hasenkox noch nicht bestätigen. Er und die emschertainment GmbH hätten auf jeden Fall Spaß daran und sicher auch eine ganze Menge Gelsenkirchener.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

12 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.