Dem Bösen knapp entkommen ? Entsetzen über Horror in der Kirche

Foto: pixabay gemeinfrei
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Vor einigen Jahren wurde ich schon einmal an eine längst verschüttete böse Erfahrung erinnert.

   Das geschah, als das Gerücht durch die Presse ging, der damalige Bischof von Hildesheim, der in Kleve geborene Heinrich Maria Janssen, hätte einen Ministranten sexuell belästigt.

Schlagartig wurde mir wieder bewusst, dass auch ich als Junge im Alter von ca. sechs Jahren in Hildesheim nur knapp einem Sexualdelikt entkommen konnte.

  

Und beim Lesen der Nachricht über diesen Bischof,

der mich in meiner Schulzeit am Gymnasium Josephinum immer begleitet hatte und

bei dem ich damals mit einer Sammelbüchse um eine Spende gebeten hatte,

waren alle Erinnerungen an dieses schreckliche Erlebnis wieder präsent,
Und dann kam die Frage nach dem Geschehen während dieses Aufenthaltes beim Bischof.

Aber ich hatte wohl großes Glück,

denn wir waren zu zweit zu ihm gegangen. Ich hatte auf dem Weg zum Bischofssitz noch einen Klassenkameraden getroffen, der ebenfalls mit einer Sammelbüchse unterwegs war und die Idee witzig fand, den Bischof zu besuchen und um eine Spende zu bitten.

   Zwecks Nachfrage nach dem Stand der Ermittlungen in diesem Fall eines möglichen Sexualdelikts durch einen hohen Würdenträger der katholischen Kirche fragte ich einige Monate nach dem Erscheinen eines kirchlichen Untersuchungsbericht bei der Hildesheimer Presse an und erhielt die Auskunft, es seien keine Erkenntnisse für ein schuldhaftes Verhalten des Bischofs erkennbar gewesen.
Allerdings hatte die Kirche dem Ministranten 10.000 € ohne Schuldanerkenntnis gezahlt.
Eine erneute Anfrage vor wenigen Tagen wurde noch nicht beantwortet.

Und nun geht ein Sturm los, ein Tsunami bricht über die Kirche herein – weltweit. Unfassbar !

Und meine Zweifel sind wieder da, nach den Berichten aus den letzten Wochen und Monaten.

Um was geht es ?

  Schon längere Zeit

gab es immer wieder ein Rumoren. Anschuldigungen gegen Priester odre Mitarbeiter katholischer Einrichtungen kamen hoch, verschwanden dann aber wieder im Nebel der Verschwiegenheit.
Doch Anfang 2018 brach ein Sturm los, der schon in den 90ern und bis zu diesem Zeitpunkt immer wieder aufgeflackert war, in Deutschland, USA, Irland, publiziert entweder von außerhalb oder wie in Deutschland innerhalb der Kirche (Canisius Colleg Berlin).
Der Sturm erstreckt sich nun mit orkanartiger Stärke über den ganzen Erdball, Süd- und Nordamerika, Australien Europa.

Zwar kommt es in einigen Fällen zu Verurteilungen der Straftäte

r, aber in den meisten Fällen wurden diese von Vorgesetzten, also auch Bischöfen bis hin zum Papst, nicht nur gedeckt, sondern auch nicht aus dem Verkehr gezogen. Sie wurden versetzt und konnten andernorts ihr unsägliches Handwerk der Kinderschändung fortsetzen. Das Verbrechen wurde bagatellisiert.

Das ist der eigentliche Skandal !

   Ich bin zwar kein praktizierender Katholik,

gehöre aber noch immer dieser Glaubenskongregation an, aus deren theologischen Ansätzen ich persönlich noch meine Motivation für ehrenamtliches Arbeiten ziehe.
Auch ist es in meinen Augen sehr wichtig, nicht die Sozialarbeit und Bedeutung der Kirche für (immer noch) viele Gläubige zu übersehen, die aus ihrem Glauben Kraft für ihr Leben auch in schwierigsten Situationen wie Krebserkrankung oder Schicksalsschläge in unmittelbarer familiärer Umgebung ziehen.

Was ich aber immer noch nicht verstehen

und vor allem akzeptieren kann, ist die unter wohl doch noch dem größere Teil des Episkopats und der Kirchenführung

vorherrschende Gleichgültigkeit

, mit der in dieser schwierigen Angelegenheit verfahren wird.
 
   Tönende Aussagen, die Kirche müsse sich ändern, sei an einem Wendepunkt, müsse Konsequenzen aus dem Fehlverhalten gegenüber den Tätern ziehen, alles solle aufgeklärt und dem Treiben ein Ende gesetzt werden, werden immer wieder konterkariert oder für mich eigentlich ad absurdum geführt.
Zwar wird eine Kommission zur Aufklärung der Fälle eingesetzt, diese bekommt aber nur ganz bedingten Einblick in Akten oder er wird den Wissenschaftlern der Universitäten Mannheim und Heidelberg in einigen Diözesen komplett verweigert, Kooperationsbereitschaft ließ häufig zu wünschen übrig.

Namen, Orte, Täter werden nicht benannt, Personalakten und belastendes Material wurden vernichtet und stehen nicht mehr zur Verfügung

.
„Mit alldem und noch vielem mehr haben die Wissenschaftler – im Auftrag der Bischofskonferenz – weltweit Einmaliges geleistet. Staatliche Kommissionen und Grand Jurys in Irland,Australien und den Vereinigten Staaten konnten in den vergangenen Jahren direkten Zugang zu den -gleichfalls oftmals lückenhaften - Kirchenakten verschaffen und Täter wie Opfer anhören. Mit grauenhaften Ergebnissen. Das deutsche Recht lässt ein solches Vorgehen des Staates nicht zu. Was strafrechtlich verjährt ist, ist der Strafverfolgung entzogen „ [ Quelle FAZ vom 26.9.2018 S.2]

   Herauskristallisiert haben sich Straftaten an mindestens 3677 Minderjährigen, begangen von 1670 Klerikern (ermittelte Missbrauchsvorwürfe). Alle Beteiligten sehen hierin aber nur die Spitze eines Eisberges mit einer hohen Dunkelziffer.

„Katholische Bischöfe beschließen Maßnahmenpaket gegen Missbrauch´Es darf keine Tabus geben`. Mit einer Pressekonferenz haben die deutschen Bischöfe ihre Herbstvollversammlung in Fulda beendet. Dabei haben sie unter anderem konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des Missbrauchs in der katholischen Kirche beschlossen. In einer Erklärung kündigten die Bischöfe ... "transparenten Gesprächsprozess" mit Experten über den Zölibat und die Sexualmoral der Kirche an.... sollen die Zahlungen von Anerkennungsleistungen an Opfer überprüft werden.....
... wollen die Bischöfe externe und unabhängige Anlaufstellen zu Fragen sexuellen Missbrauchs einrichten....wollen..mehr.. Begegnungen mit Betroffenen suchen....Standardverfahren zur Führung der Personalakten von Klerikern entwickelt und überdiözesane Kontrollverfahren für den Umgang mit Missbrauch und die Vorbeugung eingeführt werden.“ [aus https://www.domradio.de/themen/bischofskonferenz/2018-09-27/katholische-bischoefe-beschliessen-massnahmenpaket-gegen-missbrauch ]

   In weiteren Pressekommentaren wurde hierzu betont,

das nach Willensbekundungen nun zur Tat geschritten werden müsse.
Aber das allein wird nicht genügen. Wo liegen die Gründe für diese abnormen Fehltritte, ja Verbrechen katholischer Geistlicher ?
Es gibt auch hierzu unzählige Veröffentlichungen und wissenschaftliche Untersuchungen. Ein Beispiel :
„Die katholische Reformbewegung «Wir sind Kirche» sieht in der Verpflichtung der Priester zur Ehelosigkeit einen Grund für die jahrzehntelange Vertuschung sexuellen Missbrauchs. Der Zölibat an sich sei als Lebensform zwar keine direkte Ursache für Missbrauchsfälle, «aber einer männerbündischen, hierarchischen Kirche mit Zwang zum Zölibat fällt es sehr leicht, solche Verbrechen so lange Zeit zu vertuschen», sagte «Wir sind Kirche»-Sprecher Christian Weisner der dpa. Die katholischen Bischöfe in Deutschland wollen ihre Missbrauchsstudie an heute in Fulda vorstellen.“ [ https://www.stern.de/panorama/katholische-reformer--zoelibat-ein-grund-fuer-missbrauchs-vertuschung-8374026.html]

   Für mich persönlich bestehen in der katholischen Kirche die größten Probleme

, die u.a. zu diesen Taten geführt haben,

in dem Festhalten am Zölibat, in der völlig falschen Sexualmoral wie z.B. zur Homosexualität, zum Missachten der Stellung der Frau in der Gesellschaft.

Die Kirche hält nicht Schritt mit der Entwicklung der Menschheit und der Verlagerung der die Menschen beschäftigenden Probleme.

Die Kirche muss modern werden ! Die Kirche muss sich aus der reinen Männergesellschaft lösen und allen Geschlechtern Aktivitäten in all ihren Ämtern öffnen.

  

Dann ist diese Institution vielleicht zukünftig in der Lage,

eine adäquate Partnerin zu sein. Und einen Austritt aus der Kirche halte ich persönlich derzeit nicht für den richtigen Weg. Nur von innen unter dem erheblichen Druck der Mitglieder, gepaart mit Druck von außen wird eine Reform möglich sein, analog zum politischen Alltag und der Frage „Gehe ich wählen oder nicht ?“

Natürlich gehe ich.

Autor:

Lothar Dierkes aus Goch

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