Misshandlung, Zwangsheirat, Menschenhandel - Letzte Rettung: Frauenhaus

Die Gründe der Frauen, die sich Hilfe suchend an das Frauenhaus in Kleve wenden, sind verschieden: Gewalt in der Ehe, drohende Zwangsheirat, Menschenhandel. Allen gemeinsam ist Angst und Scham. 62 Frauen und 65 Kinder suchten im vergangenen Jahr Schutz im Frauenhaus in der Thearstraße.
Die Zahlen sind gleich geblieben, neu ist, dass immer öfter ein teurer Dolmetscher hinzugezogen werden muss. Denn immer mehr ausländische Frauen oder Frauen mit Migrationshintergrund und rudimentären deutschen Sprachkenntnissen nehmen die Angebote des Frauenhauses wahr. Im vergangenen Jahr waren es 22 Frauen unter anderem aus afrikanischen Ländern, Polen, den Philippinen oder Albanien.
Neben Andrea Hermanns, s, Leiterin der AWO-Einrichtung, gab es bisher eine fest angestellte Erzieherin sowie eine Hauswirtschafterin.
Aus Geldmangel musste 2006 die vierte Stelle im Frauenhaus gestrichen werden; ein herber Verlust. Nachdem die Landesförderung 2011 wieder erhöht wurde, konnte Mitte letzten Jahres ebendiese Stelle neu besetzt werden durch die Sozialpädagogin Nina Buil. „Durch die personelle Aufstockung ist nun auch die Nachbetreuung der Frauen wieder möglich“, erklärt die Sozialpädagogin Hermanns. Das bedeutet, Frauen, die bereits wieder auf eigenen Beinen stehen aber noch Unterstützung brauchen, können weiter betreut werden. Dazu gehört Begleitung zu Ärzten, Ämtern oder der Kripo sowie Hilfe beim Ausfüllen von Formularen.
Ein Beispiel für eine Langzeitbetreuung ist der Fall einer Frau aus der Dominikanischen Republik, die über einen Menschenhandelring in eine deutsche Großstadt kam. Zu ihrem Schutz wurde sie nach Kleve gebracht und von Nina Buil betreut. Die schwangere Frau bekam ihr Kind während des Aufenthaltes im Frauenhaus. Buil stand auch nach dem mehrmonatigen Aufenthalt in der Einrichtung helfend zur Seite. „Ich war Ansprechpartner für den Vermieter und war bei Kinderarztbesuchen dabei“, erzählt die Sozialpädagogin.
Das Frauenhaus besteht seit 1982 und verfügt über 20 Plätze, davon acht für Frauen und zwölf für Kinder. Aus Platzgründen konnten im vergangenen Jahr aber nicht alle Anwärterinnen aufgenommen werden. „20 Frauen mussten anderweitig untergebracht werden“, so Andrea Hermanns. Das Angebot richtet sich an Frauen, die sowohl von physischer als auch von psychischer Gewalt oder Misshandlung betroffen oder bedroht sind. Die Kerngruppe der Frauen ist zwischen 19 und 40 Jahren alt. Bei den Jüngeren bis 25 Jahre drehen sich die Probleme meist um Schule, Ausbildung und Beruf. Bei den Älteren geht es primär um Familie, Erziehung und finanzielle Absicherung.
Das Frauenhaus kostet im Jahr 250 000 Euro. Vom Land NRW gibt es einen Personalkostenzuschuss in Höhe von 123 670 Euro. Dazu kam in 2011 ein Sachkostenzuschuss von 6000 Euro. Den Frauenhausförderverein gibt es seit 2006, er unterstützt das Frauenhaus im letzten Jahr mit 10.000 Euro. „Über die gesamte Zeit kamen bisher insgesamt 75.000 Euro zusammen“, berichtet Viktor Kämmerer, Geschäftsführer der AWO. Der Etat für die Dolmetscher ist mit 400 Euro deutlich zu niedrig angesetzt.
Ohne den Einsatz der ehrenamtlichen Helfer wäre eine Versorgung der Frauen in diesem Umfang gar nicht möglich. 14 Freiwillige engagierten sich 2011 mit über 6500 Bereitschaftsstunden nach Büroschluss, an Wochenenden und Feiertagen, um Frauen und Kinder rund um die Uhr aufnehmen zu können.

Autor:

Franz Geib aus Goch

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