"Terra mystica" - Ausflug zu den Schätzen in Hemers Unterwelt

Foto: Höhle und Karst
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Die Sundwiger Heinrichshöhle dürfte beinahe jedem jungen und alten Hemeraner ein Begriff sein. Seit vielen Jahrzehnten zieht die Schauhöhle in direkter Nachbarschaft zum Felsenmeer auch viele Besucher aus der weiteren Region mit ihren prachtvollen Tropfsteinen in ihren Bann. Doch die unterirdische „Terra mystica“ hat noch viele weitere Geheimnisse und Überraschungen parat. Davon konnte sich jetzt eine Besuchergruppe mit Bürgermeister Michael Esken und einigen Medienvertretern unter Leitung des Vereins Höhle und Karst überzeugen.

Solch eine Gelegenheit bekommt man nicht alle Tage. Und da ja in jedem von uns wenigstens ein bisschen Forscher- und Entdeckergeist steckt, wurde die Einladung der Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst zu einer besonderen Höhlenführung auch umgehend angenommen.
Der eigentliche Grund war der kürzliche Erwerb der Heinrichshöhle (oder besser des darüber befindlichen Grundstücks) durch die Stadt Hemer. Doch die bestens bekannte Heinrichshöhle wurde von der kleinen Gruppe um Bürgermeister Michael Esken und einigen Medienvertretern dieses Mal achtlos links liegen gelassen. Das Ziel der „Hobbyforscher“ war vielmehr das Gangsystem der benachbarten, normalerweise für die Öffentlichkeit unzugänglichen „Alten Höhle“. Zusammen mit der Heinrichshöhle bildet sie das Pericksystem, mit circa 3,5 km erforschten Gängen eines der größten deutschen Höhlensysteme.Zunächst mussten sich alle Teilnehmer aber erst mal „fit“ machen für das Abenteuer in der Unterwelt. „Alte Kleidung ist bei derartigen Führungen schon von Vorteil“, schmunzelte Heinz-Werner Weber im Vorfeld vielsagend. Unbedingt notwendig waren auch ein Schutzhelm (Weber:„Da fällt schon nichts runter, aber die Teilnehmer ihrerseits ecken gerne mal mit dem Kopf an den Fels an.“), eine Taschen- oder Stirnlampe und festes Schuhwerk bzw. Gummistiefel.
So ausgerüstet, konnte es schließlich losgehen. Unter Führung der Höhlen-Experten von Höhle und Karst standen die Teilnehmer bereits fünf Minuten später vor einem kleinen, circa 50x50 cm großen, massiven Metallgitter in einer Felswand. Das Tor zur Unterwelt! Auf die fragenden und etwas ratlosen Blicke - „Da sollen wir durch?“ beruhigt der Experte: „Bis jetzt sind alle hier rein- und auch wieder rausgekommen. Außerdem wird es gleich dahinter schon wieder bequemer.“ Okay: Gesagt, getan. Auf den Bauch krabbelnd haben sich alle Teilnehmer mehr oder weniger problemlos durch die winzige Öffnung zu einer anderen Welt gezwängt. Dahinter wartet stockfinstere Dunkelheit. Lediglich der Lichtkegel der Lampen sorgte für etwas Helligkeit. Was war das unter der Decke? Spinnen! „Das sind Exemplare von Meta menardi“, beruhigt die Expertenstimme von Michael Gotthardt, „die Höhlenspinnen kommen nahe am Eingang relativ häufig vor. Auch Feuersalamander und Fledermäuse besiedeln zumindest zeitweise das Höhlensystem.“ Weiter geht‘s ins Höhleninnere. Und immer wieder werden neue fantastische Entdeckungen gemacht: Stalaktiten (das sind die Tropfsteine, die von oben nach unten „wachsen“) und Stalagmiten, zerbrechliche Sinterfahnen und Sinterperlen erscheinen kurz im Licht, um dann wieder in der Dunkelheit zu verschwinden. „Die kleinen Sinterperlen in den flachen Lehmgruben, die wir gerade gesehen haben, sind so etwas wie die Geburtsstätte der mächtigen Stalagmiten“, erklärt Ulrich Klautke. „kleine Kieselsteine werden allmählich von einer Kalkschicht umgeben, erstarren schließlich und fangen dann an zu wachsen.“ Wobei „wachsen“ in diesem Fall schon eine besondere Bedeutung hat. „Stalaktiten und Stalagmiten wachsen nur wenige Millimeter in hunderten von Jahren.“ Die Ehrfurcht vor den fragilen Kalksteingebilden ist greifbar. Umso wichtiger scheint es da, dass die Mitglieder der Arge Höhle und Karst die Höhle 25 Jahren vor dem unbefugten Betreten gesichert haben. „In den zurückliegenden Jahrhunderten hat die Schönheit durch verschiedene Faktoren enorm gelitten“, berichtet Michael Gotthardt, „da waren um 1800 zunächst adelige Besuchergruppen, die gerne auch mal den einen oder anderen Tropfstein als Souvenir mitnahmen, während gegen Ende des Zweiten Weltkrieges die Hohlräume von den Menschen auch als Zufluchtsort genutzt wurden. Das blieb ebenfalls nicht ohne Folgen - sei es in Form einer Lehmgrube, die als Toilette genutzt wurde, oder der verheerenden Rußablagerungen durch offene Feuer und Öllampen.“ Inzwischen kann die „Alte Höhle“ wieder ihr ruhiges und dunkles Dasein führen und sich von den menschlichen Einflüssen erholen. Die wenigen Besuchergruppen - alle unter fachkundiger Führung von Speläologen - staunen lediglich ehrfurchtsvoll über die fremde Welt mit glitzernden Kristallen, riesigen Hallen und der undurchdringlichen Schwärze, bevor sie sich schließlich durch enge Spalte wieder an das Tageslicht kämpfen.

Autor:

Christoph Schulte aus Hemer

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