Verbraucherberatung informiert über neue Regeln
Verbot dünner Plastiktüten

54 Plastiktüten verbrauchte jeder Deutsche im Jahr 2019. Viele dieser Beutel haben eine Nutzungszeit von 20 Minuten - sind aber Jahrzehnte in der Umwelt und kehren möglicherweise über die Nahrungskette zum Menschen zurück. | Foto: Verbraucherzentrale NRW
  • 54 Plastiktüten verbrauchte jeder Deutsche im Jahr 2019. Viele dieser Beutel haben eine Nutzungszeit von 20 Minuten - sind aber Jahrzehnte in der Umwelt und kehren möglicherweise über die Nahrungskette zum Menschen zurück.
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Der Verbrauch von Plastiktüten soll in den Ländern der EU deutlich sinken. Seit dem 1. Januar dürfen Händler deshalb keine Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke bis 0,05 Millimeter mehr ausgeben. Die Verbraucherberatung klärt jetzt mit FAQ rund um die Plastiktüte auf und verschenkt Mehrwegbeutel für Obst- und Gemüse.

„Die Deutschen haben 2019 rund 54 Tüten bis maximal 0,05 Millimeter Wandstärke pro Kopf verbraucht - das sind die Tüten von der Supermarktkasse - und damit das EU-Ziel erreicht. Bis 2025 muss der Verbrauch jedoch noch weiter sinken auf 40 Tüten pro Einwohner“, so Silke Gerstler, Umweltberaterin der Verbraucherzentrale Herne. Die verbrauchten Mengen sind in Deutschland seit 2016 bereits zurückgegangen, nachdem es eine Selbstverpflichtung vieler Händler gab, die vorsah, zumindest die Tüten im Kassenbereich nur noch kostenpflichtig abzugeben. Damit aber der Verbrauch noch weiter zurück geht und die EU-Vorgaben erreicht werden, kam es zum Verbot.

Nicht umweltfreundlich: Bio-Plastiktüten

Für sehr dünne Tüten mit weniger als 0,015 Millimeter Wandstärkte gilt das Verbot nur, wenn sie im Kassenbereich ausgegeben und somit nicht als Erstverpackung für Lebensmittel - Obst und Gemüse - genutzt werden oder aus Hygienegründen erforderlich sind. Verboten werden auch so genannte Bio-Plastiktüten, die keine umweltfreundliche Alternative zu sonstigen Plastiktüten darstellen. Denn auch Tragetaschen aus biologisch abbaubaren Kunststoffen sind nicht umweltfreundlich. Sie werden nicht recycelt und bauen sich in der Natur kaum ab, wenn sie in die Umwelt gelangen. Außerdem kann die Bezeichnung Bio-Plastiktüte dazu verleiten, sie nicht sachgerecht zu entsorgen.

Welche Tüten sind noch erlaubt? Bestimmte sehr leichte Plastiktüten mit weniger als 0,015 Millimeter Wandstärke werden nicht verboten, wenn sie für einen hygienischen Umgang mit offenen und leicht verderblichen Lebensmitteln wie zum Beispiel Fleisch- oder Wurstwaren genutzt werden. Auch für loses Obst- und Gemüse sind die Tüten noch erlaubt. Gerade in diesem Bereich werden immer mehr Waren aufwändig vorverpackt, wie eine Studie des NABU zeigt. Aufgrund des leichten Gewichtes kann sie, verglichen mit Papiertüten oder aufwändigen Kunststoffschachteln, Verpackungsmaterial vermeiden.

Noch besser aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW wären jedoch Mehrwegbeutel, die immer wieder genutzt werden. Denn immerhin machen die sehr dünnen Beutel für diese Anwendungszwecke mit einem Verbrauch von drei Milliarden Stück pro Jahr mengenmäßig den größten Anteil an den Plastiktüten aus. Nicht verboten werden außerdem sehr dicke und große Kunststofftragetaschen, die dicker als 0,05 Millimeter sind.

Wie viele Plastiktüten werden überhaupt in Deutschland verbraucht? Das Umweltbundesamt hat dazu Ende 2021 aktuelle Daten vorgelegt, die auf das Jahr 2019 zurückgehen. Der Gesamtverbrauch aller Tüten - ob sehr dünn, dünn oder eben auch dickere Tüten - lag 2019 bei über 4,7 Milliarden Stück oder 59 Tüten pro Kopf. Von dem Verbot sind rund 1,5 Milliarden Tüten betroffen, da die dickwandigeren Tüten nicht darunter fallen. Das bedeutet: Für jene Tüten, die derzeit im größten Umfang verbraucht werden, gibt es keine Reglementierung - und auch keine Maßnahmen, diese durch Mehrweg zu ersetzen.

Warum kommt ein Verbot, obwohl es die Tüten doch nur noch gegen Geld gab? Zwar hat die Vereinbarung zur Verringerung des Verbrauchs von Kunststofftragetaschen des Bundesumweltministeriums mit dem Handelsverband Deutschland (HDE) von 2016 den Verbrauch von leichten Kunststofftragetaschen, die im Kassenbereich ausgegeben werden, bereits erheblich gesenkt. Aber der Gesetzgeber erwartet durch diese Vereinbarung keine weitere deutliche Reduzierung. Einweg-Plastiktüten sind ein klassisches Wegwerfprodukt. Die Nutzungszeit beträgt in der Regel 20 Minuten. Ressourcen werden also sehr ineffizient genutzt, da leichte Kunststofftragetaschen seltener wiederverwendet werden als Kunststofftragetaschen aus stärkerem Material. Die Tüten werden zudem oft unachtsam weggeworfen. Landen sie in der Umwelt und nicht in der gelben Tonne oder Wertstofftonne, verbleiben sie dort viele Jahrzehnte. Das Verbot soll die Ressourceneffizienz weiter verbessern sowie Umweltbelastungen durch Littering - also achtlos in die Umwelt geworfenen Müll - vermeiden.

Sind Papiertüten eine gute Alternative zu Plastiktüten? Papiertüten sind Plastik nicht generell vorzuziehen. Auch Papiertüten sind Einwegtüten, die man in der Regel nicht mehrfach verwenden kann. Sind sie aus frischen Fasern hergestellt, werden wertvolle Holzrohstoffe für ein Einwegprodukt genutzt. Landet eine Papiertüte jedoch als wilder Müll in der Landschaft, zersetzt sich diese Tüte in der Natur - ein Vorteil von Papier gegenüber Plastik.

Mehrweg-Taschen aus Plastik und Polyester sind gute Alternativen. Je häufiger man sie benutzt, desto umweltfreundlicher sind sie. So ist eine Mehrweg-Tragetasche aus Plastik bereits nach drei Nutzungen umweltfreundlicher als eine Einweg-Plastiktüte. Besonders umweltfreundlich sind Mehrweg-Tragetaschen aus Polyester. Sie sind sehr leicht und halten besonders lange. Auch selbst mitgebrachte Taschen, Körbe, Rucksäcke oder Ähnliches sind gute Alternativen.

Warum schaden gerade Plastikteile beziehungsweise Plastiktüten unserer Umwelt? Kunststoffe sind chemisch sehr stabil. Produkte aus Plastik zerfallen nur in immer kleinere Teilchen, bis sie zu Mikropartikeln - Mikroplastik - werden. Vollständig abgebaut werden diese Teilchen allerdings nicht. Gelangt Plastik als wilder Müll in die Umwelt oder in Gewässer, dann dauert der Zerfall in Mikroplastik viele Jahrzehnte. Welche Folgen dies für Natur und Menschen haben kann, ist noch nicht abschätzbar. Es besteht aber der Verdacht, dass die Partikel über die Nahrungskette zum Menschen zurückkehren. Auswirkungen des Plastikmülls in der Natur auf Meerestiere und -vögel sind jetzt schon sichtbar. In den Mägen vieler Seevögel kann man massenhaft Kunststoffstückchen finden, die für Nahrung gehalten wurden. Die Tiere verhungern mit vollem Magen. Auch in kleinsten Krebsen hat man Kunststoffpartikel entdeckt.

Warum können die Menschen hierzulande auch etwas dazu beitragen, dass weniger Plastik im Meer landet? Deutschland hat nur einen geringen Anteil an der Plastikverschmutzung der Meere. Die gut funktionierende Abfallwirtschaft sorgt dafür, dass der meiste Müll nicht in die Umwelt gelangt. Lediglich achtlos weggeworfene Plastikprodukte verschmutzen die Weltmeere. Plastikteile gelangen über verschiedene Wege ins Meer. Insbesondere die dünnen Kunststoff-Tüten werden durch den Wind in die Landschaft, aber auch in Flüsse geweht und gelangen so in die Meere. Auch Müll am Strand wird ins Meer gespült.

Häufigste Müllfunde in Ost- und Nordsee

Untersuchungen belegen, dass sich Plastiktüten regelmäßig in der Meeresumwelt finden, auch an Stränden der deutschen Nord- und Ostsee. In den Jahren 2008 bis 2012 wurden in den Spülsäumen der Nordsee durchschnittlich 1,5 Einweg-Tragetaschen aus Kunststoff und drei sehr dünne Kunststoffbeutel pro hundert Meter Küstenlinie gefunden. Große und kleine Plastiktüten gehören nach aktuellen Angaben des Nabu zu den zehn häufigsten Müllfundstücken in der Ost- und Nordsee.

Was kann der Verbraucher tun? Die Verbraucherberatung empfiehlt, unverpackte Lebensmittel einkaufen, immer den eigenen Korb, die Tasche oder den Beutel dabei haben, für Obst und Gemüse kleine leichte Stoffbeutel verwenden, auf Einweg-Kunststofflaschen verzichten, Mehrwegflaschen nutzen. Und: Trinkwasser aus dem Hahn spart nicht nur Kunststoffmüll, sondern auch Geld. Es ist zirka 100-Mal günstiger als Mineralwasser aus der Flasche. Außerdem: Coffee-to-go im eigenen Mehrweg-Becher abfüllen lassen.

Wer jetzt vom Mehrwegbeutel überzeugt ist und an der Geschenkaktion teilnehmen möchte, kann diesen während der Öffnungszeiten in der Verbraucherberatung, Freiligrathstraße 12, abholen. Pro Haushalt gibt es einen Beutel, solange der Vorrat reicht.

Autor:

Stephanie Klinkenbuß aus Recklinghausen

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