Mit 66 fängt das Leben erst an

Einsamkeit? Fehlanzeige! Diese munteren Herrschaften haben viele wunderbare Inter-essen und sind häufig gut gelaunt unterwegs. WB-Foto: Erler
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  • Einsamkeit? Fehlanzeige! Diese munteren Herrschaften haben viele wunderbare Inter-essen und sind häufig gut gelaunt unterwegs. WB-Foto: Erler
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Nein, zu Hause besuchen sie sich in der Regel nicht, die zehn Frauen und ein Mann der Selbsthilfegruppe „Singles“. Außer vielleicht zum Geburtstag. Denn ein bisschen Distanz sollte schon sein. Lieber trifft sich die fröhliche und schlagfertige Truppe im Raum 427.

Wo das ist? Im städtischen Verwaltungsgebäude, Freiligrathstraße 12. Dieses Mal haben sich bei Mineralwasser Isolde, Brigitte, Gisela, Lore, Christel, Monika, Mäggi – und Heiner eingefunden, zwischen 61 und 72 Jahren alt und quietschfidel. „Schließlich“, da sind sie sich einig, „fängt das Leben doch bekanntermaßen erst mit 66 an. Manche 30-Jährige sind doch lahmer als wir.“ Wow!
„Wir sind alle verwitwet oder geschieden“, gibt Christel zu verstehen. „Wir haben uns vor elf Jahren zusammengefunden, weil wir nicht auf dem heimischen Sofa vor dem Fernseher versauern wollen. Und unseren Verwandten auf den Geist gehen möchten wir auch nicht.“
Der Ablauf der Treffen bringt Konstanz ins Leben: Die Damen und der Herr treffen sich jeden Dienstag um 18 Uhr und beratschlagen, was sie am Wochenende gemeinsam unternehmen. Gisela zählt mal eben auf: „Wir wandern, fahren nach Düsseldorf zum Kaffeetrinken, besuchen Theater, Kabarett oder Kino. Oder wir gehen auf Rhein-Mosel-Tour und tragen unsere Uniform – das weiße T-Shirt mit ‚I love Herne‘ drauf.“
„Wir machen sogar gemeinsam Urlaub“, erzählen die Frauen, „einige von uns haben zwei wunderbare Wochen im türkischen Side verbracht.“ Zum traditionellen Programm zählt zudem die Fahrt mit dem Samba-Zug zum Hotel Sauerlandstern, das Open-Air von WDR 4 in Villingen – und natürlich die gar nicht mehr so fernen Weihnachtsmärkte: „Von Bochum, Essen und Haltern bis nach Aachen und Monschau.“ Nur gemeinsames Kochen ist verpönt. „Mensch, wir haben 35 Jahre für unsere Familien gekocht. Das reicht!“
Wenn man die Damen fragt, ob sie sich denn auch mal streiten, erntet man verständnislose Blicke. „Wir sind doch keine Zicken. Das Leben ist viel zu kurz für Zankerei.“
Und warum gehört nur ein Mann dazu? „Ganz einfach“, sagt Christel, „die Männer haben Angst, sich einzugestehen, dass sie allein sind. Sie bleiben wohl auf der Couch hängen.“
Außer Heiner, für den die Single-Gruppe etwas „ganz Besonderes“ ist. Wenn man ihn als „Hahn im Korb“ bezeichnet, streitet er das ab. „So sehe ich das nicht. Es geht gar nicht darum, einen neuen Partner zu finden, sondern um das Gruppenerlebnis.“
Gerade machen Fotos vom Side-Urlaub die Runde. Gleichzeitig plant man die kommenden Wochenenden. Meist reist man mit den „Öffis“ an, wie Bus und Bahn gern genannt werden. Nur, wenn ein Ziel auf diese Art nur schlecht oder gar nicht erreicht werden kann, klettern die Singles in ihre Autos. Drei reichen. Da passen alle rein.
Plötzlich klopft es an der Tür: Angelika möchte mitmachen. „Ich habe keinen Bock, alleine was zu unternehmen. Ich wohne ja schon alleine. Ich möchte Erfahrungen und Erlebnisse mit der Gruppe teilen.“ Da ist sie in Raum 427 genau richtig. Ihr kann geholfen werden.
Wer Kontakt zur Single-Selbsthilfegruppe aufnehmen möchte, wendet sich vertrauensvoll an Christel Wischmeier (02323/2292056) oder an Lore Dworzak (02325/ 940144).

Einsamkeit? Fehlanzeige! Diese munteren Herrschaften haben viele wunderbare Inter-essen und sind häufig gut gelaunt unterwegs. WB-Foto: Erler
Die "Singles" beim Crange-Umzug 2011. Foto: Erler
Autor:

Bernhard W. Pleuser aus Essen-Kettwig

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