Das Recht auf Müßiggang

Halten wir es doch wie der Alte Fritz: „Jeder soll nach seiner Façon selig werden". Lassen wir also unsere Arroganz außen vor und rümpfen nicht ständig die Nase über bildungsresistente Mitbürger, die sich mit Kartoffel-Chips anstatt mit irgendwelchem Wissensmüll vollstopfen. Der ältere Mensch auf dem Sofa oder gar im Ohrensessel ist nicht mehr gesellschaftsfähig, er hat sich gefälligst weiterzubilden und muß zudem noch mit lächerlich wirkenden Skistöcken durch die Gegend eilen. Statt Schieber- und Prinz-Heinrich-Mützen verunstalten nun Baseball-Kappen schüttere und ergraute Seniorenhäupter.

Da hat jemand jahrzehntelang ein fremdbestimmtes Leben geführt und sich abgerackert — und nun wird ihm der Ruhestand durch Bildungsterroristen verleidet, die ihm quasi das Recht auf Müßiggang absprechen. Lebenslang lernen, im Alter aktiv sein oder Herz und Hirn trainieren schallt es ihm bei jeder Gelegenheit entgegen. Sokrates und Goethe, statt Silbereisen und Gottschalk , Töpfern statt Tratschen. Einst wurden die Enkel in selbstgestrickte Pullover gezwängt, jetzt sind sie wehrlos Großmutters selbstverfassten Gute-Nacht-Geschichten ausgeliefert.

Was ist nur so schlimm daran, den Tag auf einer Parkbank zu verbringen oder erst gar nicht das Haus zu verlassen, um sich eine Heimatschnulze anzusehen. Legen wir doch unsere bornierte „So-könnt-ich-nicht-leben-Mentalität" ab und denken einmal darüber nach, ob uns all der überflüssige Wissensballast wirklich glücklicher und zufriedener gemacht hat.

Wer fast ein halbes Jahrhundert in einer Werkstatt geschuftet hat, dem muss Verständnis entgegengebracht werden, dass er nicht irgendwelche meist sinnlose Workshops besucht, in denen sich in der Regel humorlose und zänkische Senioren wechselseitig beharken. Sowohl heimische Glotze als auch Bildungsveranstaltungen dienen letztendlich dem Zweck, uns von vorhandenen Sorgen und Grundängsten abzulenken.

Schließlich droht den meisten von uns ein trister Lebensabend im Altersheim. Da gilt es, dass man beim Singen des Kinderliedes „Alle meine Entchen" textsicher ist und wohl höchst selten dürfte man dort ein Gespräch über die Verschiedenartigkeit der Baustile im Mittelalter führen können.
Im preisgekrönten Film „Forrest Gump" wird uns rührend vor Augen geführt, dass man auch mit eingeschränktem Wissen glücklich und erfolgreich durchs Leben kommen kann. Nehmen wir uns also die im Ursprung religiös gemeinte Maxime Friedrich des Großen zu Herzen, indem wir jeglichen Hochmut gegenüber anderen Lebensweisen ablegen.

Autor:

Klaus Ahlfänger aus Herten

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

12 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.