Öffentliche Ratssitzung "außer Kontrolle"

Bürgermeister Dr. Peter Paul Ahrens | Foto: Stadt Iserlohn
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So eine Ratssitzung habe ich auch noch nicht erlebt. Den Karaokevortrag des FDP-Ratsherren Rainer Krause, der spontan das Deutschlandlied sang, habe ich bislang als journalistischen Ratshöhepunkt angesehen.
Dass aber der Bürgermeister von seinem eigenen, engen Umfeld im Stich gelassen wurde und von gleich mehreren Ratsmitgliedern belehrt werden musste, hat schon ernsthaftere Dimensionen als FDP-Krauses Gesangseinlage.
Was war geschehen?
Beim Tagesordnungspunkt Heidehalle war schon ein leichtes Stühlerücken zu hören. Das endete aber schnell, als Baudezernent Olaf Pestl von "erfolgsversprechenden Gesprächen mit den in der Heidehalle trainierenden Vereinen gesprochen hat. "Ich kann jetzt keine Wasserstandsmeldungen abgeben", so Pestl. Was allerdings alle Parteien zufriedenstellte.
Als aber Oliver Ruhnert, Chef der Linken, das Thema Lägersportplatz aufgriff und die Verwaltung "konzeptionslos" und "der Lüge bezichtigte", nahm Bürgermeister Dr. Peter Paul Ahrens ihm das Wort: "Das Thema Lägertal steht ja nicht auf der Tagesodnung", glaubte Ahrens das Recht auf seiner Seite. Von einer Sekunden zur anderen war "Stimmung in der Bude". Ruhnert polterte los, Grünen-Chefin Elke Olbrich-Tripp schlug sich auf Ruhnerts Seite und auch die CDU-Veteranen Hartmut Bogatzki und Renate Brunswicker ("Ich will die Läger nicht diskutieren, aber Recht muss Recht bleiben") verbündeten sich mit Ruhnert. Dr. Ahrens wurde immer blasser, seine Mitarbeiter immer schmaler im Gesicht. Sie hatten gepatzt und ihren Chef offensichtlich bloß gestellt. Und Ahrens-SPD-Parteifreunde, sonst Ferrarischnell um Genossenbeistand bemüht, schwiegen. Ruhnert reagierte allerdings auch zickig. Er packte seine Sachen und verließ den Ratssaal.
Was heißt, dass der Lägersportplatz noch ein "heißes Nachspiel" haben wird.
Im Rat wurde auch der 150 000 Euro Wettbewerb in Sachen Umgestaltung Alexanderhöhe und Parkhalle durchgewunken. Was sich allerdings Elke Olbrich Tripp dabei dachte, als sie vorschlug, dass der IBSV seine Hallenfeste doch auch im Grohe-Forum in Hemer feiern könne, muss der schützenfernen und -fremden Grünen noch einmal genau entlockt werden.
Allerdings sollten alle Verantwortlichen in Rat und Verwaltung wirklich ernsthaft prüfen, ob Iserlohn angesichts des während der Landesgartenschau hundertprozentig bewährten Grohe-Forums in Hemer wirklich noch eine große Festhalle braucht. Hier gilt es, regional zu denken (und zu handeln).
Ferner beschloss der Rat, die Straßenreinigungsgebühren ab 2011 auf die Grundsteuer zu packen. Weil es gerechter ist und alle Bürger betrifft. Und die Grundsteuer wird steigen.
Kämmerer Friedhelm Kowalski konnte schließlich beim aktuellen Finanz-Zwischenbericht über Mehreinnahmen (vom Land, das dafür Schulden machen muss) und über Mindereinnahmen (z. B. Gewerbesteuern) berichten. Er zog aber das Fazit, "dass wir die 19 Millionen Minus-Grenze nicht überschreiten und keine Gefahr laufen, unsere Entscheidungs-Selbständigkeit zu verlieren." Und der Rat lächelte ungeprüft dazu.

Autor:

Rainer Tüttelmann aus Iserlohn

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