Vor Schicksalsschlägen ist niemand gefeit

Alles begann 1969 mit einem Pfarrer im Kirchenkreis Iserlohn, der sich fragte, welches Schicksal wohl die Menschen erlitten hatten, die immer wieder an seine Pfarrhaustür klopften, um Unterschlupf zu finden.

Aus dieser Frage wuchs eine Idee und daraus wiederum vor 25 Jahren die Wohnungslosenhilfe der Diakonie Mark Ruhr.
Fast von Anbeginn ist Einrichtungsleiterin Heidrun Schulz an Bord. „Der Bedarf war bereits vor 25 Jahren groß. Gut 200 Besucher pro Jahr konnten wir zu unseren Anfangszeiten verzeichnen“, sagt die Sozialarbeiterin. Mittlerweile ist diese Zahl auf rund 600 Menschen angewachsen.
Die Einrichtung spricht dabei nicht nur Menschen an, die bereits obdachlos sind und auf der Straße leben. „Das ist sogar der geringste Anteil unserer Besucher.“ Vielmehr werden diejenigen beraten, die zwar wohnungslos sind, aber bei Familie oder Freunden untergekommen sind. Aber auch Menschen, die in unzumutbaren Wohnzuständen leben müssen. Da steckt immer ein Armutsproblem dahinter“, so Schulz.
Verschärft habe sich die Situation dieser Menschen noch durch eine veränderte Gesetzeslage. „Mit der damaligen Sozialhilfe war es für die Menschen, die bereits am Randes des Existenzminimums gelebt haben, einfacher ihre Wohnung zu erhalten. Der Vermieter wusste, er bekommt seine Miete pünktlich vom Amt.“ Jetzt drohen viele Menschen einfach im System verloren zu gehen.
Positiv bewertet es die Leiterin der Wohnungslosenhilfe da, dass viele Wohnungsgenossenschaften mit einer fristlosen Kündigung wenigstens die Kontaktdaten ihrer Einrichtung weiterleiten. Oft sind auch noch Gespräche möglich und Mietschulden können abgebaut werden.
Doch wie geraten Menschen in solch eine Situation? „Meist gehen Schicksalsschläge damit einher. Der Verlust des Arbeitsplatzes zum Beispiel spielt nicht nur in finanzieller Sicht eine Rolle. Soziale Kontakte brechen ab, Depressionen können ausbrechen.“
Dabei kann es heutzutage jeden erwischen. „Es ist nicht nur der Prototyp des Obdachlosen, der hier zur Beratung kommt. Ich habe es auch mit Studierten zu tun. Menschen, die ein eigenes Geschäft hatten und Insolvenz anmelden mussten. Menschen wie sie und ich, denen man es überhaupt nicht ansehen würde.“
Nicht immer gehen die persönlichen Schicksale spurlos an Heidrun Schulz vorbei. „Menschliche Gefühle gehören zu diesem Job, sonst kann man das nicht machen.“ Doch einen anderen Beruf möchte die Sozialarbeiterin nicht machen. „Das soziale liegt mir einfach im Blut. Ich bin fasziniert und oft auch beeindruckt von den vielen unterschiedlichen Lebensvorstellungen der Menschen hier. Dabei möchte ich sie unterstützen, nicht ein bestimmtes Lebensmodell aufzwingen.“ Und neben den weniger schönen Erlebnissen, wenn jemand sich einfach nicht helfen lassen will, gibt es auch viele Erfolge, die Heidrun Schulz verbuchen kann. „Wenn ich sehe, dass es jemand geschafft hat, sein Leben wieder zu ordnen, ist das einfach toll.“
Hilfesuchende können unverbindlich in den Räumlichkeiten der Wohnungslosenhilfe Diakonie Mark-Ruhr in der Trift 3 vorbeischauen. Dienstags und freitags, zwischen 9 und 11 Uhr, richten Ehrenamtliche ein Frühstück im Aufenthaltsraum aus. Hier kann man ungezwungen den Kontakt zu anderen Betroffenen und auch den Beratern suchen. Weitere Infos auch unter Tel.: 02371/15 87 83.

Autor:

Melanie Giese aus Recklinghausen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.