„Bewohner des Monats“
Mützenschnecke in der Lippe gesichtet

Perfekt an fließende Gewässern angepasst: Die Mützenschnecke saugt sich mit einer breiten Fußscheibe an Steinen fest und ‚grast‘ Algen und Flechten ab. Foto: EGLV
  • Perfekt an fließende Gewässern angepasst: Die Mützenschnecke saugt sich mit einer breiten Fußscheibe an Steinen fest und ‚grast‘ Algen und Flechten ab. Foto: EGLV
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Entdecken die Biologen Mützenschnecken im Gewässer, ist das Grund zur Freude! Da die vier bis acht Millimeter großen Wasserlebewesen nur über ihre Haut atmen können, brauchen sie extrem sauerstoffreiches Wasser und sind somit ein Anzeiger für gute Wasserqualität. Der Lippeverband hat die Schnecken mit der außergewöhnlichen, spitzen Kopfbedeckung darum als „Bewohner des Monats Juli“ ausgewählt. In Bergkamen kommt die Mützenschnecke in der Lippe vor.

Bergkamen. Obwohl fossile Funde belegen, dass es Mützenschnecken schon vor 2,6 Millionen Jahren gab, ist diese Schneckenart mit dem lateinischen Namen „Ancylus fluviatilis“ äußerst sensibel – in einigen Bundesländern steht sie auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. „Die Mützenschnecke ist nicht sehr mobil, ihr Radius beschränkt sich in der Regel auf einen Meter. Daher braucht es bis zur Besiedlung von renaturierten Gewässerabschnitten immer ein wenig Zeit“, weiß Sylvia Mählmann, Biologisch-technische Assistentin des Lippeverbandes. Entweder driften die Schnecken ein Stück mit der Strömung oder reisen als „blinde Passagiere“ am Bein eines Vogels oder eines großen Wasserkäfers weiter.
Doch wo kann man die Miniatur-Schnecken im Wasser entdecken? Die Mützenschnecke hat kein rundes Häuschen, wie Gartenschnecken es mit sich herumtragen. Ihr gewindeloses Haus ähnelt eher einer leicht nach hinten gebogenen, spitzen Mütze. Das Gehäuse ist dabei dünnwandig und bei älteren Tiere oft mit einer Algenschicht bewachsen. „Mit ihrer mützenförmigen Schale ist diese Schnecke perfekt an das Leben in fließenden Gewässern angepasst. Sie saugt sich mit einer breiten Fußscheibe an Steinen fest und ‚grast‘ Algen und Flechten ab“, beschreibt Sylvia Mählmann. Die Nahrung verdauen die Tiere mit Hilfe von Sandkörnern im Muskelmagen. Sitzt die Mützenschnecke einmal „auf dem Trockenen“, übersteht sie Wassermangel durch kurzfristiges Festheften am Steinuntergrund.
Mützenschnecken müssen nicht zwangsläufig auf Partnersuche gehen, wenn sie sich fortpflanzen wollen. Stimmt die Wassertemperatur im Frühjahr, kann die Mützenschecke als Zwitter ihre Rolle beliebig tauschen, da sie zwei Geschlechtsorgane hat. Teilweise bilden die Schnecken sogar ‚Kopulations-Ketten‘ von vier bis fünf Tieren. Doch noch häufiger findet die Selbstbefruchtung statt, was einen enormen Überlebensvorteil bringt: So kann aus einem einzelnen Tier eine komplett neue Population entstehen! Der Laich der Mützenschnecke besteht aus kleinen durchsichtigen Gallertscheiben, die sie fest an den Untergrund kittet. Insgesamt kann eine erwachsene Schnecke bis zu 100 Eier legen. Nach 3 bis 4 Wochen schlüpfen die kleinen, weniger als ein Millimeter großen Schnecken und haben dann eine Lebenserwartung von rund einem Jahr.

Autor:

Carolin Plachetka aus Bochum

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