Kehraus für Mendener Radverkehr

Ungeeignete Bügel an einer gefährlichen Stelle: Rettungswege werden beeinträchtigt.
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  • Ungeeignete Bügel an einer gefährlichen Stelle: Rettungswege werden beeinträchtigt.
  • hochgeladen von Franz-Josef Knur

Nach 50 Jahren der Untätigkeit hat vor wenigen Jahren mit der Konzeption des Generalverkehrsplans für den Nordkreis ein neues Zeitalter begonnen. Dies ist zumindest die Hoffnung aller Bürgerinnen und Bürger, die seit Jahrzehnten darauf warten, dass in Menden das geschieht, was europaweit längst im Gange ist.
Alles dauert hier etwas länger als anderswo. Dies war mit der Fußgängerzone der Fall, die zehn Jahre später als in den meisten anderen, von der Größe her vergleichbaren Kommunen längst begonnen hatte. Die Kaufmannschaft am Ort leistete hinhaltenden Widerstand, musste sich dann jedoch der Realität beugen, als die Umsätze stiegen anstatt zu fallen, wie vorausgesagt.
Derzeit erlebt der erstaunte Beobachter, dass wieder ein gestriges Prinzip verteidigt wird, indem alle Planungen in der Innenstadt vorwiegend und zuallererst möglichst viele Parkplätze für Pkws fordern, während allenthalben die Innenstädte an die Menschen zurückgegeben werden, und an die weichen Verkehrsarten. Was hier vonnöten ist, das ist nicht mehr und nicht weniger als der oft und viel zitierte Paradigmenwechsel, die Veränderung der Sichtweise auf die Verkehrskultur der Stadt.
Wesentliches Merkmal eines solchen Grundlagenwechsels muss, dem Generalverkehrsplan zufolge, die Erhöhung des Anteils der weichen Verkehrsarten sein. Dazu gehört neben den Fußgängern Fahr-rad.
Mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit denen die Stadt bis vor etwa fünf Jahren autogerecht ge-staltet wurde, muss jetzt mit viel Verspätung die Umgestaltung für das Rad und den Fußgängerver-kehr erfolgen.
Das Problem der Radwege ist umfassend und umfangreich. Ein kleiner, aber nicht unwesentlicher Teil dieses Problems ist der ruhende Fahrradverkehr, also die Möglichkeit, bei einem Besuch der Innen-stadt sein Fahrrad sicher, technisch einwandfrei und nahe an den Geschäften abzustellen und zu sichern. In Menden hat man sich jahrelang mit einer Handvoll Betonschlitze am Rathaus begnügen müssen, die unter Radfahrern sehr rustikal als „Ostfriesen-Ärsche“ bekannt sind. Sie sind Felgenkna-cker und bieten keine Sicherungsmöglichkeit gegen Diebstahl. Dies gilt auch für die vielen Einschub-halter, die immer noch aufgestellt werden.
Dieses Beispiel bei REWE zeigt, dass „gut gemeint“ vielfach das Gegenteil von „gut gemacht“ bedeutet. Die Bügel beschädigen die Felgen des Fahrzeugs, ermöglichen keine wirkliche Diebstahlsicherung und verursachen die Blockade eines möglichen Rettungsweges.
Ein weiteres Beispiel für guten Willen zeigt das Foto auf dem Parkplatz der Firma Lidl an der Fröndenberger Straße. Dort wird zwar dem wachsenden Kundenverkehr mit dem Fahrrad eine größere Fläche eingeräumt, die auch nicht von Pkws besetzt werden kann, doch entsprechen die Halterungen ebenso wenig dem Stand der Technik wie die bei REWE. Auch hier werden lediglich die Vorderräder in die Bügel eingeschoben. Damit wird das Fahrrad nicht wirksam gegen seitlichen Druck gesichert, was zu einer Verformung der Felge, einer so genannten „Acht“ führen kann, deren Beseitigung teuer ist. Auch kann hier nur das Vorderrad mit dem Bügel- oder Kabelschloss befestigt werden. Damit ist Diebstahlsicherheit keineswegs gegeben, denn moderne Schnellspanner-Verschlüsse ermöglichen einem möglichen Dieb, das Vorderrad blitzschnell zu lösen und zurückgelassen, um mit dem übrigen Fahrrad zu verschwinden. Ein neues Vorderrad zu beschaffen ist immer noch billiger als der Kauf eines vollständigen Fahrrads. Immerhin zeigte sich die Firmenleitung von Lidl betroffen und entschuldigte sich mit mangelhafter Fachberatung, sah sich jedoch außerstande, die Anlage zu erneuern und technisch auf den neuesten Stand zu bringen.
Weitaus weniger einsichtig zeigte sich die Leitung eines weiteren Discounters in der Nachbarschaft, zu der eine noch weniger geeignete Fahrradanlage gehört, ebenfalls in der Fröndenberger Straße. Hier soll eine Doppelreihe von je sechs Rädern zu beiden Seiten abgestellt werden können. Allerdings können bei einer theoretischen Vollbelegung aller zwölf Klammern die Räder auf der linken Seite teil-weise gar nicht mehr erreichte werden, denn der Rückraum reicht gerade für ein Fahrrad. Die notwendigen weiteren zwei Meter vor dem Sockel sind nicht vorhanden. Die Anlage ist aktionistisch und ohne viel Nachdenken und Sachverstand erstellt worden, um nach dem Buchstaben des Gesetzes das Soll zu erfüllen.
Eine entsprechende Nachfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) bei der Konzernleitung blieb bis heute unbeantwortet.
Die weißen Fahrrad-Bügel, die durch die Stadt am Seniorentreff in der Bahnhofstraße aufgestellt wurden, weisen in die richtige Richtung. Sie sind geeignet, ein bis zwei Räder auf jeder Seite diebstahlsicher zu befestigen. Und sie befinden sich an einem Orte, der ständig unter sozialer Kontrolle ist.
Die Bügel auf der Rückseite des Rathauses sind technisch gleich, befinden sich jedoch abseitig, au-ßerhalb sozialer Kontrolle, wodurch sie nur eingeschränkt diebstahlabweisend sind.
Eine Reihe von Fotos belegt, dass um die Bücherei im Alten Rathaus vermehrter Bedarf besteht, nicht zuletzt deswegen, weil die Bücherei von vielen Kindern und Jugendlichen aufgesucht wird. Unver-ständlicherweise verschwand bereits vor ca. zwei Jahren der Fahrradständer zwischen Rathaus und Vincenz-Kirche, weshalb die Besucher der Bücherei zur Selbsthilfe schreiten und ihre Räder an den schmiedeeisernen Geländern der Arkaden befestigen.
Ein vergleichbares Beispiel für diese Form der Selbsthilfe stammt vom Geländer entlang des Mühlen-grabens, der bei einer Großveranstaltung als wildes Parkareal für Fahrräder herhalten musste. Dies kann nicht im Interesse der Ordnungsbehörden und der Menschen in der Innenstadt sein.
Ein Beispiel aus Herford zeigt, in welcher Weise und welchem Umfang anderenorts Fürsorge für die weichen Verkehrsarten getroffen wird. Der Hinweis auf den Bedarf trifft zu kurz, denn bekanntermaßen sorgt ein brauchbares Angebot für eine entsprechende Nachfrage. Wo vernünftige Radverkehrs-flächen und Abstelleinrichtungen angeboten werden, wird der Gebrauch derselben zunehmen und sich selbst verstärken.
Dies wiederum würde dem Gebot entsprechen, das in den entsprechenden Passagen des General-verkehrsplans für den Nordkreis in die Stammbücher geschrieben wurde: die weichen, umweltfreund-lichen und zukunftsweisenden Verkehrsarten sollen gestärkt werden.

Autor:

Franz-Josef Knur aus Menden (Sauerland)

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