Corona Selbsthilfegruppe im Kreis Unna
Long Covid: Dunkle Gefahr

Heidi Friedrich leidet seit ihrer Corona-Infektion im November 2020 an "Long Covid". In der Selbsthilfegruppe trifft sie auf Betroffene, die Verständnis aufbringen. Foto: Anja Jungvogel
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  • Heidi Friedrich leidet seit ihrer Corona-Infektion im November 2020 an "Long Covid". In der Selbsthilfegruppe trifft sie auf Betroffene, die Verständnis aufbringen. Foto: Anja Jungvogel
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Heidi Friedrich fühlt sich von Dunkelheit umhüllt. Mit Unterstützung einer Selbsthilfegruppe für Long-Covid-Patienten hofft die Fröndenbergerin aus dem schwarzen Loch der Schmerzen und Ängste herauszufinden.
Nachdem Heidi Friedrich im November 2020 erfuhr, dass ihr Corona-Test positiv“ sei, fiel sie erst einmal in ein „schwarzes Loch“.
Mit den Folgen der Infektion hat sie bis heute zu kämpfen - ganze 13 Monate später.
Die Selbsthilfegruppe, in der sich Gleichgesinnte treffen, gibt der Fröndenbergerin Kraft und Hoffnung, dass es irgendwann einmal wieder besser geht.

Heidi Friedrich leidet nach ihrer Corona-Erkrankung, die einen mittelschweren Verlauf genommen hatte, immer noch an Kurzatmigkeit. Daher fällt ihr das Treppensteigen schwer. Foto: Anja Jungvogel
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Susanne Götz von der Kontakt- und InformationsStelle für Selbsthilfegruppen im Kreis Unna (KISS), hat diese Gruppe ins Leben gerufen: "Es gab erstmals, nach dem großen Ausbruch im März 2020 im Schmallenbachhaus, eine Anfrage, ob der Fachbereich Gesundheit und Verbraucherschutz nicht eine Selbsthilfegruppe gründen könnte", erinnert sie sich.
Eine Mitarbeiterin des Pflegeheims sei auf sie zugekommen, da die Pandemie-Situation sie sehr bedrückte. "Betroffene sind physisch als auch psychisch stark belastet", erklärt die Gesundheitsexpertin. Dabei seien die "Long-Covid-Symptome vielfältig und nur schwer einzuschätzen. "Manche haben Depressionen oder leiden unter Vergesslichkeit und körperliche Belastbarkeit", erklärt sie.
Eine Teilnehmerin habe beispielsweise seit ihrer Erkrankung einen Tinnitus, eine andere leidet nach wie vor an fehlendem Geruchssinn. Zudem herrsche bei den Betroffenen eine große Verunsicherung. "Es geht dabei auch um die Bewertung von Behörden oder dem Arbeitgeber, falls Betroffene lange unter der Viruserkrankung leiden", so Götz.
In der Selbsthilfegruppe fänden die Patienten Verständnis für ihre Situation und auch einen geschützten Raum. "Hier werden sie nicht belächelt oder mit Floskeln abgespeist." Es sei schon eine große Entlastung, wenn man weiß, dass man mit seinem Problem nicht allein auf der Welt sei, meint Susanne Götz.

Das nächste Treffen der Selbsthilfegruppe findet am 8. Februar um 17 Uhr im Allee-Café an der Winschotener Straße 2-4 in Fröndenberg statt. Foto: Jungvogel
  • Das nächste Treffen der Selbsthilfegruppe findet am 8. Februar um 17 Uhr im Allee-Café an der Winschotener Straße 2-4 in Fröndenberg statt. Foto: Jungvogel
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Das findet auch Heidi Friedrich, die sich oftmals in ihrem Umfeld nicht richtig verstanden fühlt. "Ach ja, sagen mir viele Leute, Konzentrationsschwierigkeiten habe ich auch."
Dabei führten die Long-Covid-Symptome bei Heidi Friedrich schon zu beträchtlichen Einschränkungen im Alltag. Zudem kommt die Angst, dass die Symptome vielleicht nicht heilbar seien. 
“Ich leide seit meiner Corona-Infektion immer noch an Kurzatmigkeit und Müdigkeit", verrät sie. Auch das Treppensteigen fiele ihr schwer. Hinzu käme ein undefinierbarer Druck auf den Ohren, der ihr oftmals zu schaffen macht.
"Der Austausch in der Selbsthilfegruppe tut mir gut", erklärt sie. "Hier fühle ich mich mit meinen Problemen ernst genommen."

Genesene treffen sich

Das nächste Treffen der Selbsthilfegruppe für Menschen, die an Covid-19 erkrankt waren, findet am Dienstag, 8. Februar um 17 Uhr im Allee-Café an der Winschotener Straße 2-4 in Fröndenberg/Ruhr statt.
Für das Treffen ist eine Anmeldung nötig. Es gilt die 3G-Regel: es können nur immunisierte oder getestete Personen teilnehmen.
Ebenso besteht während des gesamten Treffens die Maskenpflicht.
Interessierte werden gebeten, sich bei der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen des Kreises Unna (K.I.S.S.) anzumelden. Ansprechpartnerin ist Susanne Götz. Zu erreichen ist sie unter Tel. 0 23 04 / 240 70 22 oder per E-Mail an susanne.goetz@kreis-unna.de. Alle Anfragen werden vertraulich behandelt.

Neue Gruppe in Lünen

In der neuen Selbsthilfegruppe in Lünen, soll es – wie in der bereits bestehenden Gruppe in Fröndenberg – darum gehen, sich bei regelmäßigen Treffen mit anderen Betroffenen über Erfahrungen während und nach der Krankheit auszutauschen. Auch die Gründung weiterer Gruppen ist möglich.
Hierfür Interessierte können sich im Gesundheitshaus Lünen per Telefon unter 02306 / 100 610 oder per E-Mail unter selbsthilfe@kreis-unna.de melden. Ansprechpartnerin ist Lisa Nießalla.
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Reha nur in wenigen Kliniken

 
Die Paracelsus Kliniken im Harz haben in ihren Reha-Einrichtungen frühzeitig auf das Phänomen Long Covid reagiert: Dr. med. Stefan Schwarz, Chefarzt der Pneumologie in Bad Suderode (rechts im Bild) bei der Lungenfunktionsdiagnostik - Voraussetzung für eine spezialisierte Long Covid Rehabilitation. Foto: Paracelsus Kliniken
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Die Paracelsus Kliniken im Harz haben in ihren Reha-Einrichtungen frühzeitig auf das Phänomen Long Covid reagiert: Dr. med. Stefan Schwarz, Chefarzt der Pneumologie in Bad Suderode (rechts im Bild) bei der Lungenfunktionsdiagnostik - Voraussetzung für eine spezialisierte Long Covid Rehabilitation. Foto: Paracelsus Kliniken
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Das Long Covid-Phänomen, über das geschätzte 10 bis 15 Prozent der „genesenen” Patienten auch noch länger als vier Wochen nach Genesung klagen, bleibt übrigens im dritten Jahr der Pandemie in den Händen weniger spezialisierter Kliniken. Das bestätigen jetzt die Ergebnisse einer Umfrage, die die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) auf Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) durchgeführt hat.
Für die Befragung, die erste Einblicke in die rehabilitative Versorgungslage von Long Covid-PatientInnen ermöglicht, wurden 1.080 bei der BAR gelistete ausschließlich stationäre medizinische Reha-Einrichtungen angeschrieben. Zusätzlich wurden Verbände der Leistungserbringer auf die Befragung aufmerksam gemacht.

Nur jede 6. Reha-Klinik behandelt Long Covid

Die Ergebnisse der Studie zeigen das Bild einer erheblichen Versorgungslücke: Insgesamt gingen bei der BAR 524 Antworten ein, von denen 338 auswertbar waren. Das entspricht ungefähr einem Drittel der beim Statistischen Bundesamt (destatis) gelisteten 1.112 Reha- und Vorsorgeeinrichtungen. Von diesen gaben 173 Einrichtungen (51%) an, Rehabilitationsmaßnahmen für Patienten mit einer Long Covid-(Zusatz-)Diagnose anzubieten – mithin real nur jede Sechste (rund 17 Prozent) der deutschen Reha- und Vorsorgeeinrichtungen insgesamt. In ihnen wurden bis zum Zeitpunkt der Befragung – nach zum Teil geschätzten Angaben - 11.948 Long Covid-Rehabilitanden behandelt. „Stellt man diese Zahl den aktuell 9 Millionen Menschen in Deutschland gegenüber, die mit Corona infiziert waren oder sind und von denen nach Schätzungen etwa zehn Prozent mit Corona Langzeitfolgen zu kämpfen haben, erkennt man eine eklatante Versorgungslücke in der Rehabilitation”, stellt Tobias Brockmann, Geschäftsführer Rehabilitation der Paracelsus Kliniken in Bad Suderode fest.
Keine Zulassung, keine Kapazitäten, kein Konzept
Mehr als zehn Prozent der befragten Kliniken registrierten zusätzlich Kapazitätsengpässe in der Versorgung von Long Covid-PatientInnen an und gaben an, dass Plätze für andere Reha-Angebote reduziert werden mussten und dass sich die Wartezeit auf einen Reha-Platz insgesamt verlängert habe. Die häufigsten Gründe dafür, dass keine Reha für Menschen mit Long Covid angeboten wurde, waren fehlende Zulassungen (58,8%) und fehlende Behandlungskonzepte für Long Covid-Erkrankungen (48,5%). Bei den weiteren Gründen gaben 22 (13,3%) Einrichtungen an, dass Long Covid-Erkrankungen nicht in das Fachgebiet der Einrichtung passen und daher keine entsprechenden Reha-Angebote bestehen.

Autor:

Anja Jungvogel aus Unna

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