Auf den Spuren des nie gekannten Vaters

Zum ersten Mal am Grab von Opa Johann Hölz. Für Heribert Hölz‘ Töchter Dorothea (links) und Monika (rechts) hat sich mit der Reise in die Zeit ihres Großvaters ein lang ersehnter Wunsch erfüllt. | Foto: Heribert Hölz
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  • Zum ersten Mal am Grab von Opa Johann Hölz. Für Heribert Hölz‘ Töchter Dorothea (links) und Monika (rechts) hat sich mit der Reise in die Zeit ihres Großvaters ein lang ersehnter Wunsch erfüllt.
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Heribert Hölz ist in Moers und Umgebung als Helfer mit Herz bekannt. Seit über 23 Jahren setzt der 71-jährige sich für Bedürftige in Bosnien ein. Mit dem Wochen-Magazin hat Hölz nun seine persönliche, bewegende Geschichte geteilt.

moers. Seinen Vater, Johann Hölz, lernte er nie kennen, zehn Tage nach seiner Geburt im Jahre 1942, zog er in den Krieg und kam nie zurück.
„Ich erinnere mich noch genau an den Tag an dem uns, dreieinhalb Jahre nachdem wir von meinem Vater nichts mehr gehört hatten, am Aschermittwoch 1948, die Nachricht von seinem Tod erreichte. Es war ein trauriges Datum, doch brachte es meiner Mutter, meinen zwei Brüdern und mir auch Gewissheit. Wir mussten nicht weiter auf ihn warten“, entsinnt sich Hölz.

Bereits im Dezember 1944 fiel Hölz‘ Vater im Alter von jungen 36 Jahren im ehemaligen Karlinki bei Frauenburg, heute Saldus, in Lettland, eine Region, die zur damaligen Zeit von den Sowjets besetzt war. Doch Johann Hölz hinterließ einen großen Teil seiner Selbst in Form von 208 Briefen. Während ihrer Lebzeit hütete Hölz`Mutter, Sophie Hölz, die letzten Erinnerungen an ihren Mann wie einen wertvollen Schatz. Keiner ihrer Söhne durfte die persönlichen Zeilen lesen. Als sie dann im Jahre 1987 verstarb, lasen die drei Brüder die Worte ihres Vaters zum ersten Mal, der voller Entsetzen über das Leid, welches ihm zu Lebzeiten im Krieg begegnet ist schreibt. „Er war ein Mann, der das Elend nicht verstehen konnte und immer wieder nach dem ,Warum?`fragte. Ich fühle mich ihm und seinen Worten sehr verbunden“, so Heribert Hölz, der sich diese Frage in seinem Leben auch immer wieder stellt und darum unentwegt versucht, gegen die Pein der Mittellosen anzugehen.

Briefe des Vaters gaben Aufschluss

Seit 1988 recherchierte Hölz dann, mit Hilfe der Briefe seines Vaters, nach dessen Grabstätte. Über zehn Jahre dauerte es, bis er endlich eine brauchbare Information bekam. 1999 legte der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge einen Sammelfriedhof für gefallene deutsche Soldaten in Saldus (Lettland) an. „Mit meinem nächstälteren Bruder flog ich zur Einweihung des Friedhofs und so konnten wir sozusagen die zweite Beerdigung unseres Vaters miterleben“, erzählt Hölz. Nun wollte auch der Rest der Familie den Spuren des gefallenen Vaters, Opas und Schwiegervater nachgehen. Mit seinen beiden Töchtern, Dorothea (41) und Monika (40) sowie mit seiner Frau Ursula, machte sich Heribert Hölz daher über die Osterfeiertage auf Spurensuche.

Von Vilnius in Litauen ging es mit dem Mietwagen über 1.300 Kilometer durch das Baltikum. „Zu Beginn unserer Reise stand das Grab meines Vaters im Mittelpunkt, also machten wir uns auf den Weg zu besagtem Friedhof, auf dem einmal insgesamt 30.000 Soldaten ihre letzte Ruhe finden“, so Hölz. Vier kleine Steine mit ihren Namen legte die Familie am Grab nieder, so wie es Heribert Hölz und sein Bruder bereits vor vielen Jahren bei der zweiten Beisetzung ihres Vaters getan hatten. „Es war ein sehr andächtiger Moment und der emotionale Höhepunkt unserer Fahrt“, erzählt Hölz weiter.

Friedhof war der Höhepunkt der Fahrt

Dann pflanzten sie eine kleine Blume, beteten und sangen gemeinsam, bevor es weiter ging auf große Fahrt durch Lettland, Litauen und Estland. Durch die Briefe des Vaters konnte die Familie seine Wege verfolgen und die Orte besuchen, an denen Johann Hölz einst entlang marschierte.
Besonders eindrucksvoll war die Spur, die zum„Berg der Kreuze“ in Litauen führte. Hier fanden sie einen Hügel übersät von kleinen und großen Kreuzen. „Da mein Vater überzeugter Christ war, hat dieser Ort ihm damals sicher Kraft gespendet“, sagt Hölz. Natürlich stellte auch die Familie Hölz ein Kreuz in die Menge, zum Gedenken an Johann Hölz und den Vater einer Nachbarin, der ebenfalls sein Leben im Krieg gelassen hat.

Auf ihrem Weg begegnete die Familie vielen Menschen. Eine alte Frau auf einem Fahrrad, die ihnen Wasser, das sie gerade aus der Quelle geschöpft hatte, schenkte, berührte Heribert Hölz besonders: „Sie erinnerte mich an meinen Vater, der damals vielen Letten half, etwa Kindern Schokolade schenkte.“
Diese Reise führte Hölz nochmals vor Augen, wie wichtig es ist, sich für andere Menschen und den Frieden zu engagieren. „Frieden ist nicht selbstverständlich, das haben wir bei unserer Fahrt durch das Baltikum wieder eindrucksvoll ,erfahren`. Im doppelten Sinn. Denn wo damals, vor 70 Jahren, mein Vater im Krieg fiel, herrscht heute Frieden, wenn wir aber weiter schauen in die Ukraine oder nach Syrien, sehen wir Krieg.“

Heribert Hölz hat Familientagebücher verfasst, in denen er auch über die Briefe seines Vaters schrieb. „Familien Chronik“ oder „Vaters Briefe“ erzählen seine rührenden Geschichten.

Zum ersten Mal am Grab von Opa Johann Hölz. Für Heribert Hölz‘ Töchter Dorothea (links) und Monika (rechts) hat sich mit der Reise in die Zeit ihres Großvaters ein lang ersehnter Wunsch erfüllt. | Foto: Heribert Hölz
Der Anblick des „Berges der Kreuze“ überwältigte Familie Hölz auf ihrer Reise. Sie hinterließen hier  ein Kruzifix zum Gedenken an Hölz` im Krieg gefallenen Vater. | Foto: Heribert Hölz
Autor:

Laura da Silva aus Gelsenkirchen

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