Katzengeschichte
Paulchen

Foto: herz-fuer-tiere.de

Einen Augenblick hatten sie an der geöffneten Haustür nicht aufgepasst, da war ihr schwarzer Kater nach draußen entwischt, und das hätte auf keinen Fall passieren dürfen.
Er war nämlich eine Indoor-Katze mit null Erfahrung Outdoor und ließ sich von niemandem anfassen.
Ein Einfangen kurz nach seinem Entweichen, als er sich auf der Straße unter einem Auto verkroch und in Bedrängnis sogar in den Motorraum kletterte, war damit von vorne herein zum Scheitern verurteilt.
Dann verschwand er in den Büschen und wurde nicht mehr gesehen. Die Aufregung war groß. Nie würde er mehr nach Hause zurückfinden, da er nie gelernte hatte, seinen Weg zu markieren.
Erst am übernächsten Tag, man hatte die Hoffnung eigentlich schon begraben, entdeckte man, oh welch unverhoffte Freude, Paulchen auf einer Parallelstraße, wie er in aller Ruhe durch Vorgärten streifte. Und man schaffte es tatsächlich, den sensiblen Ausbrecher mit Leckerchen ohne Anfassen ins Auto zu locken.
Erleichterung machte sich breit, auch wenn Paulchen noch etwas aufgeregter als früher durch die Räume seines Zuhauses streifte und alles gründlich beschnupperte. Die Wiedersehensfreude halt.
Abends legte sich Paulchen wie üblich ans Fußende von Frauchens Bett und schlief.
Einige Tage später erinnert sich Frauchen, dass ihr Kater zwischen seinen hinteren Beinen immer mit einem kleinen weißen Fleck gezeichnet war, den er seit seiner Wiederkehr aus irgendwelchen Gründen vermissen ließ.
Das machte sie zunehmend unruhig, bis sie und ihr Mann sich entschlossen, das Tierheim aufzusuchen, um evtl. an Hand eines eingepflanzten Chips überprüfen zu lassen, ob dieses Paulchen auch wirklich ihr sensibles Katerchen sei, auch wenn es ihm aktuell an einem weißen Fleck mangelte.
Und siehe da, sie hatten tatsächlich einen völlig fremden Kater in ihr Auto gelockt und waren nun gezwungen, die Besitzer zu benachrichtigen und sie zu bitten, das Tier abzuholen. Sie erzählten denen natürlich nichts von der Entführungsaktion, sondern versicherten glaubhaft, dass der Parallelstraßenkater ihnen lediglich zugelaufen war, was ihnen noch den routinierten Dank der Besitzer einbrachte, die im Übrigen nicht sonderlich überrascht schienen, ihr vertrauensseliges Peterchen eine Straße weiter einsammeln zu müssen.
Paulchens Pflegeeltern aber drohte nun endgültig eine öde, katzenlose Zeit. Aber der Kontakt zum Tierheim war ja nun mal geknüpft, und da sie nicht mehr an die Rückkehr von Original-Paulchen glaubten, wählten sie beherzt aus dem dortigen großen Angebot nicht nur eine, sondern sicherheitshalber gleich zwei Katzen aus.
Falls mal eine entwischen sollte. Man weiß ja nie.

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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