Ein Stück Mittelalter wird lebendig: Arcaden-Baustelle offenbart Fülle von Brunnen mit einmaligen Exemplaren

Bodendenkmalbeauftragter Arno Straßmann (v.r.), zeigt LWL-Mitarbeiter Mark Schrader (v.l.n.r.), mfi-Pressesprecher Thorsten Müller, mfi-Projektleiter Francisco Morillo, Josef Aulke, städtischer Beauftragter für Denkmalschutz, und Stadtführer Jürgen Güth, der als gelernter Restaurator die Fundstücke fachmännisch freilegt, den ausgehobenen „Kastenbrunnen“. Foto: Stadt Recklinghausen
  • Bodendenkmalbeauftragter Arno Straßmann (v.r.), zeigt LWL-Mitarbeiter Mark Schrader (v.l.n.r.), mfi-Pressesprecher Thorsten Müller, mfi-Projektleiter Francisco Morillo, Josef Aulke, städtischer Beauftragter für Denkmalschutz, und Stadtführer Jürgen Güth, der als gelernter Restaurator die Fundstücke fachmännisch freilegt, den ausgehobenen „Kastenbrunnen“. Foto: Stadt Recklinghausen
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Davon ahnte bisher niemand etwas: Dass im Boden von Recklinghausen - mitten in der Stadt - gleich massenweise Hinweise auf eine mittelalterliche Besiedlung schlummern, überrascht auch die Experten. Jetzt, wo die Bagger hier den Weg für die Entstehung des Einkaufszentrums Recklinghausen Arcaden ebnen, kommen beinahe täglich neue Überraschungen auch für die LWL-Archäologen zum Vorschein. Darunter echte archäologische Raritäten.

Die Brunnen, die der LWL-Archäologe Mark Schrader gleich serienweise dokumentiert, sind besonders ungewöhnlich. Ein Typus mit senkrechten Bohlen und darin verzapften Längshölzern, "ist bislang für Westfalen noch nicht oft dokumentiert", erklärt der Fachmann. Die gesamte Situation "ist einzigartig", sind sich alle Beteiligten einig. Auch der ehrenamtliche Stadtarchäologe Arno Straßmann staunt über die Fülle und Dichte der mittelalterlichen Brunnen, die er ebenfalls untersuchen und dokumentieren konnte. Zwei Baumstammbrunnen, vier Kastenbrunnen, ein Steinbrunnen und weitere Holzkonstruktionen finden sich auf engstem Raum.

"Das deutet auf eine dichte Besiedlung im Mittelalter hin, die uns bisher noch nicht bekannt war", sagt Mark Schrader. Das Fundmaterial reicht vom 12. bis in das 16. Jahrhundert hinein. Schrader und das Team der LWL-Archäologie dokumentieren alles akribisch und nehmen Holzproben für dendrochronologische Untersuchungen, die mittels einer speziellen Analyse der Baumringe Rückschlüsse auf das Alter der Brunnen ermöglichen.

Unterstützt werden die LWL-Archäologen vom ehrenamtlichen Engagement der Stadtführergilde. Auch der Investor, die mfi - management für immobilien AG, fördert die Forschungen während des Baustellenbetriebs. Baggerfahrer legen die Fundobjekte bereits bis auf den Zentimeter genau frei, so dass Kellen und Kratzer zügig an den Gehalt der historischen Zeugnisse vordringen können. "Wir werden hier hervorragend instruiert und für die speziellen Baustellengegebenheiten ausgerüstet", sagt Schrader.

Unter der Aufsicht der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Recklinghausen sind bereits zu Beginn der Bauarbeiten interessante Funde ans Tageslicht gekommen. Die Baggerschaufeln holten neben einem Grabstein aus dem 20. Jahrhundert und der Zeitkapsel, die bei der Grundsteinlegung eines Verlagsbaus vergraben wurde, auch Tierknochen und Zähne aus einer alten Abdeckerei sowie die Produktionsreste einer mittelalterlichen Lohgerberei aus der Erde. In einem der jetzt entdeckten Brunnen konnte der ehrenamtliche Stadtarchäologe Arno Straßmann neben einem Krug, Keramikresten, Metallteilen und Tierknochen sogar eine lederne Schuhsohle und die noch immer erhaltenen Reste von Eierschalen dokumentieren.

In ihrer Gesamtheit werden die überraschenden Funde der Stadtchronik von Recklinghausen einige neue Kapitel hinzufügen. Die Brunnen werden weiter untersucht und als 3D-Modell in der LWL-Archäologie wieder auferstehen - zusammen mit einem dann amtlichen "Geburtsdatum" aus den naturwissenschaftlichen Untersuchungen im Labor.

Autor:

Lokalkompass Recklinghausen aus Recklinghausen

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