Gastbeitrag zum Thema "150 Jahre Telefon"

Foto: Fabio Sommaruga/pixelio.de | Foto: Fabio Sommaruga/pixelio.de
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Stadtarchivar Dr. Matthias Kordes hat aus aktuellem Anlass einen Beitrag zu "150 Jahre Telefon" verfasst:

"Das Institut für Stadtgeschichte ist anlässlich des 150-jährigen Jubiläums des Fernsprechwesen (1861 sprach man noch von der "Fortpflanzung von Tönen auf beliebige Entfernungen") der Frage nachgegangen, wann sich erste Spuren dieses Mediums auch in Recklinghausen nachweisen lassen. Die wichtigste Quelle für die frühe „Telefongeschichte“ Recklinghausens sind zweifellos die von der Stadt Recklinghausen selbst herausgegebenen Einwohner- und Adressbücher, deren erste, mit dem alten Stadtwappen verzierte Ausgabe von 1896 datiert. Zu dieser Zeit gab es in Deutschland bereits über 500 Kommunen mit eigenen Fernsprechnetzen und rund 140.000 Anschlüsse; die an Wänden angebrachten Apparate stammten meist von der Firma Siemens.

Um die Jahrhundertwende trugen die Adressbücher den schönen Titel: "Wohnungs- und Geschäftsanzeiger für den Stadtbezirk Recklinghausen". Im Vorspann, der u.a. wertvolle statistische Daten zur Entwicklung der Kommune, z.B. Einwohnerzahlen enthält, findet sich auch ein Verzeichnis der "Theilnehmer an der allgemeinen Fernsprecheinrichtung". Auffallend daran ist, das die wenigen Recklinghäuser Telefon-Nummern vor 1900 sämtlich vom Fernsprechamt Herne verwaltet wurden, somit Anschlüsse waren, die man nur durch das „Fräulein vom Amt Herne“ anwählen lassen konnte. 1896 bot sich, zusammengefasst auf einer einzigen Buchseite, folgendes Bild: Es gab – bei rund 23.000 Einwohnern – insgesamt 27 Anschlüsse in Recklinghausen, die Telefon-Nummern waren allenfalls zweistellig: so z. B. diejenige der Landgemeinde Recklinghausen ("Amt Recklinghausen“) unter Nr. 3, das „Bürgermeisteramt“, das ja noch am Markt residierte, erreichte man unter „12“ – gut möglich also, dass man bei einem „Fernruf“ ins alte Rathaus sogleich den Bürgermeister selbst „an der Strippe hatte“. Bei der Zeche „König Ludwig“ wiederum klingelte es, wenn man die „33" wählte, beim „Königlichen Landratsamt“ (also bei der Kreisverwaltung) unter dem Anschluss „35". Bemerkenswert erscheint, dass weder Polizei noch Feuerwehr als „Theilnehmer“ auftauchen.

Die Privatwirtschaft ist mit individuell gestalteten Werbeanzeigen in den frühen Adressbüchern vielfach vertreten. Unter den ersten Telefon-Besitzern findet man Gastronomen und Hoteliers (darunter auch Franz Dreckmann am Viehtor und Hermann Winkelmann auf der Rochusstraße), Handwerker, Fabrikanten und Unternehmen (etwa die Kalk- und Zementwerke Adolf Wicking gleich mit zwei Anschlüssen oder die Branntweinbrennerei Stahlherm) sowie der Fach- und Einzelhandel (z.B. die Pferdehandlung Josef Verstege auf der Kunibertistraße). Privatpersonen tauchen im schmalen Telefonverzeichnis von 1896 noch gar nicht auf; vor 115 Jahren waren es also administrative und ökonomische Beweggründe für den raschen kommunikationstechnischen Fortschritt in der Stadt."

Autor:

Lokalkompass Recklinghausen aus Recklinghausen

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