Tag des Lärms

(Un)beliebter Krachmacher, die Vuvuzela. Foto: khv24/pixelio.de
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  • hochgeladen von Martin Meyer

Ich saß oben auf meinem Balkon, gab mich ganz meiner Lektüre hin. Unter mir tobte das Leben, Public Viewing auf dem Recklinghauser Rathausplatz, noch eine halbe Stunde bis zum Spielbeginn. Ich war froh hier zu sein, diese Menschenmassen durch die ich mich schlängeln musste, als ich vom Einkauf zurück kam, dieser schier unendliche Lärm, der mich auf mich zurück warf, weil keine Kommunikation möglich war. Selbst der Frau, der ich an der Tür begegnet war, verstand ich nicht. Ich sagte nur: „Es ist so laut!“ Sie nickte: „Es ist laut.“ und dann ging jeder seinen Weg. Und wieder war es mir nicht möglich gewesen, einen Kontakt aufzubauen oder einfach nur mal nett zu schwatzen.

Oben angekommen in meiner Wohnung verstaute ich die Lebensmittel und setzte meine Lauscher, meine Cochlear Implantate, ab. Stille umfing mich, ich hörte nichts mehr. Erleichtert seufzte ich, doch auch das hörte ich nicht.
Gemütlich saß ich auf dem Balkon und las. Doch was war das... ich konnte hören...das kann nicht sein, dachte ich... ich hörte wirklich...aber nicht mit meinen Ohren, denn das ist mir nur noch mit Technik möglich. ...Ich hörte mit meinem Körper, dieser Lärm ließ die Luft vibrieren, das Gebäude..., den Balkon...und mich selbst.
Die Menge beruhigte sich, nach meinem Empfinden, denn es vibrierte nicht mehr, welchen anderen Geräuschpegel sie ausgesetzt waren, hörte ich nicht.
Dann kam es wieder, ...die Luft vibrierte, ...mein Brustkorb bebte. Wenn ich dies spüren konnte, obwohl ich taub und so weit oben im vierten Stock bin, dann musste es sehr, sehr laut sein.
Erst sehr viel später wurde mir klar, es waren die Vuvuzelas, diese Tröten, die einen Heidenlärm verursachen und imme beliebter wurden.
Die Menschen taten mir leid, die dem ungehindert ausgesetzt waren. Sie opferten einen Sinn und wußten nicht wie wertvoll er ist für so vieles im Leben. Sie wußten nicht, dass der Defekt in den Ohren die Kommunikation behindert und überlegten nicht, wie weit tragend dies sein kann. Wie schrieb Helen Keller, selbst blind und taub, noch so schön: Blindheit trennt von Dingen, Taubheit trennt von Menschen.
Doch wenn ich fies wäre, würde ich sagen, macht weiter so und seid meine Kunden von Morgen, ich unterstütze euch gern... audiotherapeutisch.

Mehr zu der Lokalkompass.de-Aktion lesen Sie unter: http://www.lokalkompass.de/recklinghausen/ratgeber/lokalkompass-aktion-zum-tag-des-laerms-nennen-sie-uns-grosse-krachmacher-d159611.html

Autor:

Veronika Albers aus Recklinghausen

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