Bewusster Leben
Umwelt-Selbstversuch: Wenn sich das Einkaufen anders anfühlt

Seit einigen Jahren versuchen wir zu Hause immer wieder kleine Veränderungen vorzunehmen, um gesund, umweltgerecht und nachhaltig zu leben. Verdammt ist das schwer. Aber man probiert aus, kommt an Grenzen und manches fügt sich in die Lebensnormalität ein.

Einmal in der Woche erledigen wir unseren Einkauf. Es wird besprochen, was gekocht wird. Was gebraucht wird, findet auf unserem Einkaufszettel Berücksichtigung. Dann wird überlegt, wo wir welche Produkte kaufen, damit z. B. Plastik vermieden werden kann. Dafür braucht es leider manchmal ein Auto, weil die Wasserkästen beispielsweise nicht so leicht zu händeln sind, wenn man zu Fuß unterwegs ist.

Aber unser Einkaufszettel an diesem Tag gab uns die Möglichkeit, nur bei einem Discounter einzukehren. Also beschlossen wir, zu laufen. Beinahe 6 km gilt es zurückzulegen, einzukaufen und mit vollem Gepäck wieder nach Hause zu gehen. Das klingt erst mal weit. Nun besitze ich aus meinem Backpacker-Urlaub in Cornwall einen Trekkingrucksack. Auch mein Liebelein ist entsprechend ausgerüstet. Das Wetter ist golden, wie ein Herbsttag nur sein kann. Die Luft ist frisch und wir sind guter Dinge.

Also liefen wir los. Da man nur einmal durch eine Ampel gestoppt wird, wenn überhaupt, konnten wir zügigen Schrittes vorankommen. Das macht Spaß, die Endorphine machten sich auf den Weg. Im Ort angekommen, meldeten wir uns gleich noch bei der VHS zu seinem Kurs „Heilen mit Bienen“ an. Da ich auch meine Salben selbst mache und ich mit meiner Propolis Salbe mehr als zufrieden bin, möchten wir noch mehr über Bienen und ihre Produkte lernen. Mit dem Auto hätten wir den Abstecher nicht gemacht. Man war ja mal eben auf dem Weg, musste nicht noch einen Parkplatz suchen, es war stressfrei.

Beim Discounter angekommen arbeiteten wir unseren Einkaufszettel ab. Nun standen wir in der Gemüse- und Fruchtabteilung. Saisonbedingt wären Weintrauben prima. Aber dieser Plastikhumpen um die leckeren Trauben nahm mir dann doch die Freude daran, sie zu kaufen. Was kann man denn noch saisonal erhalten? Äpfel. Die Bio-Äpfel werden nur aus Neuseeland angeboten. Nehmen wir Deutsche Äpfel? Die gab es nur gespritzt in einer fetten Plastiktüte. Wir entschieden uns gegen Äpfel. Was ist denn lose? Pfirsiche. Ok. Sie sind leider nicht regional, aber wenigstens ohne Plastik. Man schaut auf den Preis: In Plastik eingepackte Pfirsiche kosten 1,09/kg und die losen Pfirsiche 1,69/kg. Da fühlt man sich doch veräppelt. Neuseeländisch veräppelt sozusagen. Was macht man richtig? Ich hatte keine Lust mehr.

Mein Liebelein und ich redeten miteinander und stellten fest: Am nächsten Tag findet der große globale Klimastreik statt und wir wollten eh in die Kreisstadt und der Demo beiwohnen. Dort werden wir schauen, noch Produkte zu erhalten, bei denen wir ein halbwegs gutes Gefühl haben.

Dann kommt das Desaster mit dem Gemüse. Der Herbst ist auch wieder Kohlzeit. Ein leckerer Spitzkohl wäre toll. Dieser ist in Plastik verpackt. Wieso?! Wieso ist dieser einzelne Kohl in Plastik verpackt und der Weißkohl daneben nicht? Langsam werde ich richtig sauer, das Einkaufen ist eine Qual. Wir nehmen den Weißkohl. Zwar ist er günstiger, aber wir wollten so viel gar nicht kaufen. Also werde ich den Gefrierschrank wieder voll haben mit nur einem Gericht.

Weiter geht es. Mal was Süßes mitnehmen, ist zwar nicht gesund aber es schmeckt. Ich schaue auf die Zutatenliste. Kein Palmfett. Prima. Das Produkt ist im Karton. Super. Das wird gekauft. Aber es sollte noch anders kommen.

Unser Einkaufszettel ist abgearbeitet. Bis auf Früchte ist alles im Korb. Also geht es ab zur Kasse. Der nette Kassierer fragt, einer aktuellen Aktion entsprechend, ob ich „Emojis“ sammle. Kenner werden jetzt wissen, wo wir einkaufen waren. Noch sagte ich scherzhaft: „Ich hab genug Gefühl, da brauche ich das nicht“.

Die Frau hinter uns an der Kasse sagte: „Ich sammle sie aber.“ Darauf antwortete ich nur: „Ich möchte nicht noch mehr Plastik verbreiten, sorry“. Treuepunkte oder so einen Kram gebe ich gerne weiter, aber Plastik? NEIN! Die Dame antwortete: „Aber ich sammle sie für meine Kinder.“ Und ich erwiderte: „Dennoch möchte ich nicht mehr Plastik verbreiten.“ Die Stimmung an der Kasse kippte. Der Kassier, der zunächst sehr freundlich lächelte, senke beschämt seinen Kopf, machte sich klein und hätte sich wohl am Liebsten in den Geldschacht der Kasse verkrochen. Die Emojis an der Kasse waren gerade zum Vibrieren gespannt. Die Dame fand das jetzt gar nicht so dolle, dass ich ihren Kindern nun diesen Plastikmüll verweigere.

Gerade wurde eine Studie veröffentlicht in der bei 97% der Kinder Plastik im Köper nachgewiesen wurde.  Es wäre schön gewesen, hätte die Dame an der Kasse gesagt: „Och, so habe ich das noch nicht gesehen. Ich denke mal drüber nach.“ Aber das Thema Plastik ist noch nicht so ganz bei jedem angekommen. Es ist schon verdammt schwer, dieses Zeug im Alltag zu vermeiden, wenn man sich Gedanken macht. Aber wie viele machen sich überhaupt diese Gedanken? Sind es doch weniger, als ich mir erhofft habe?

Beim Einpacken haben wir jeden Verpackungsmüll, den wir im Discounter lassen können, auch dort gelassen. Das machen wir immer so. Ich erwähne es nur, weil ich doch so stolz war, palmfettfreie Kekse im Karton gejagt zu haben. Beim Öffnen des Kartons kamen uns Plätzchen, einzeln in Plastik verpackt, entgegen. Es war der Mega-Gau. Da dachte man, in dem Falle alles richtig gemacht zu haben und dann wird es noch schlimmer, als man im Normalfall eigentlich vermeiden wollte.

Üblicherweise hätten wir uns jetzt ins Auto gesetzt und weiter über diese Situation mit der Dame und den Keksen geredet und uns geärgert. Aber wir waren ja zu Fuß unterwegs. Der Rucksack wurde richtig justiert, fühlte sich gar nicht schwer an und los geht´s.

Wir gingen durch einen Grünweg, in dem wir anstatt Autos, Vogelzwitschern hörten. Bei dem herrlichen Herbstwetter schienen die Vögel gute Laune zu haben und sangen uns eine schöne Melodie vor. Wie hielten inne, lauschten dem Gesang. Als es weiter ging, fühlte ich mich richtig erfrischt und fit. Trotz des Gepäcks, das mich gar nicht störte.

Fazit: Das Thema Plastikfrei leben ist noch nicht bei jedem angekommen. Leider! Aber das Auto mal zu Hause lassen und sich richtig organisieren ist letztendlich noch gesund für Herz, Kreislauf und macht gute Laune. Einfach mal machen!

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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