Einer bleibt immer allein - Gedanken eines Senioren

Alt werden wollen wir alle, aber bitte mit wenig Gebrechlichkeit und viel Lebensqualität.

Viele ältere Menschen, heute liebevoll Senioren genannt, können sich noch sehr gut an ihre Jugendzeit erinnern. Für die meisten war es eine bewegte Zeit, in der Armut besonders in den Kriegsjahren vorrangig war. Es konnte nur von einem in den anderen Tag geplant werden. Trotzdem gab es auch angenehme Zeiten, welche man im Alter auf keinen Fall vermissen möchte.

Die erste große Liebe machte auch vor dieser schwierigen Zeit nicht halt, in der für Romantik wenig Platz übrig blieb. Dennoch sind viele gute Ehen daraus hervorgegangen. Es war bestimmt kein Zuckerlecken, jedoch eine große Verantwortung, in dieser unsicheren Epoche eine Familie zu gründen. Doch ein altes Sprichwort sagt: "Not schweißt zusammen." Und tatsächlich hatten die meisten in dieser Not geborenen Ehen ein Leben lang Bestand. Diese Ehen waren heftigen Stürmen ausgesetzt, die sie kräftig durchschüttelten, aber nicht zu Fall bringen konnten. Nach vierzig oder fünfzig Jahren Beisammensein ist man daran gewöhnt, dass einer für den anderen da ist, dass man sich aufeinander verlassen und sich jederzeit fest vertrauen kann.

Einem Erdbeben kommt es gleich, wenn der Partner plötzlich und unerwartet aus dieser Beziehung gerissen wird. Es bricht eine Nacht des Alleinseins über dem Zurückgebliebenen herein, und lässt ein weiteres Leben sinnlos erscheinen.

Viele ältere, aber auch jüngere Menschen, haben sich mit dieser Situation befasst. Trotzdem trifft es sie wie ein Keulenschlag, wenn das Unvermeintliche eintrifft. Spätestens dann wird ihnen bewusst, dass ihr Leben sich nun gravierend verändern wird. Kühler wird ihr Dasein werden, ein Teil der gemeinsamen Wärme, welches das Leben lebenswerter macht, wird es in dieser Form nicht mehr geben. Die vertraute Ecke bleibt leer, der gute Ratschlag fehlt, die wohltuende Wärme des Herzens, welche man nur in vielen Jahren der Zweisamkeit spürt, ist kaum zu ersetzen. Eine große Leere breitet sich wie ein Alptraum im täglichen Leben aus, besonders an solchen Tagen und Nächten, an denen man wie gewohnt mit jemanden über seine Probleme des Alltags sprechen möchte und niemand mehr da ist zum Zuhören. Nun müssen Entscheidungen selbst getroffen werden, die früher gemeinsam abgeklärt wurden.

Bleiben wird die Erinnerung an den lieben Menschen, die große Liebe, die Hochzeit, die Geburt der Kinder, Enkel und Urenkel. Es war sicher eine schwere, aber auch glückliche Zeit mit viel Sonnenschein, durchwachsen von dunklen Wolken, welche den Lebensweg von Anfang bis zum heutigen Tag dahin begleiteten. Vieles aus dieser bewegten Zeit wird der Vergangenheit angehören. Das fröhliche Lachen der Kinder, die Geborgenheit im Alter gemeinsam mit dem Partner, sowie die fröhlichen Feste werden fehlen. Wer hat es nicht schon einmal erlebt. Man steht auf dem Bahnhof, der geliebte Mensch steigt in den Zug, man winkt ihm zu und schaut dem fahrenden Zug nach, welcher sich auf den endlos erscheinenden Gleisen in der Ferne auflöst. Wehmut schleicht sich ein, im Herzen ist Leere, man ist allein.

Abschied nehmen ist ein Teil unseres Lebens, vor dem niemand verschont bleibt. Wer das begreift, dem fällt mit Sicherheit ein: Einer bleibt immer allein.

Autor:

Sonja Heidemann aus Datteln

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